Frage von Chiara:Hallo Community!
Ich würde gerne wissen, wie ein Sprechkommentator in einem Dokumentarfilm sprechen sollte.
Gibt es bestimmte Regeln?
Soll er eher neutral sein? Wie ist es mit den Emotionen bei einem Sprecher im Dokumentarfilm?
Darf ich euch einen kurzen Audio anhängen?
Was würdet ihr anders machen, damit es einigermaßen professionell klingt?
Vielen Dank für eure Hilfe...,
Chiara
Antwort von Pianist:
Solche Filme kannst Du Dir doch jeden Tag im Fernsehen anschauen und dann schnell erkennen, wie man sowas spricht. Positiver Unterton, leichtes Lächeln in die Stimme, aber nicht zu stark betonen. Je weniger Du betonst, um so glaubwürdiger klingt es. Aber natürlich auch nicht vollkommen emotionslos.
Lass gerne mal was hören. Bedenke aber, dass auch der technische Vorgang der Sprachaufnahme sehr anspruchsvoll ist: Du brauchst einen guten Raum, ein gutes Mikrofon und eine gute Nachbearbeitung mittels Voiceprozessor. Vor allem etwas Kompression und strenges Limiting. Es ist ein Irrglaube, dass man sowas alles nachträglich auf digitaler Ebene vernünftig machen kann.
Aber vielleicht möchtest Du ja ohnehin in ein richtiges Studio gehen, dann war der vorherige Absatz überflüssig. Du hast ja als Sprecherin gefragt.
Matthias
Antwort von Chiara:
Vielen lieben Dank für Deine schnelle Antwort.
Und wie bewertest du die Auidodatei, die ich zuvor angehängt habe?
Antwort von Pianist:
Da ist nichts, bitte noch mal prüfen.
Matthias
Antwort von Chiara:
Irgendwie funktioniert es bei mir nicht, den Anhang zu schicken. Könnte ich sie dir an Deine Emailadresse senden?
Antwort von Chiara:
Doch jetzt müsste die Datei dabei sein... Vielen lieben Dank fürs Anhören.
Antwort von ennui:
@Pianist
Gutes Mikro und schallgedämpften Raum verstehe ich ja. Aber was soll das für ein "Voiceprocessing" sein und warum sollte das nicht digital nachträglich möglich sein, wenn die vorherige Aufnahme stimmt? Und warum grundsätzlich immer Limiter/Kompressor, geht es da nicht um eine bestimmte Klangästhetik/maximale "Loudness"? "Der dröhnende Sprecher", bekannt aus Radio und TV-Werbung. Ich glaub, gerade bei vielen älteren Dokus haben die nicht noch hinterher groß am Klang des Sprechers rumprozessiert, sondern einfach nur gut gesprochen und aufgenommen (Abstand zum Mikro) und ausgesteuert. Klingt dann vielleicht etwas "dünner", dafür aber auch natürlicher und weniger nervig. Ist doch die Frage, wo man da hinwill.
Antwort von Pianist:
Technisch ist diese Aufnahme sehr gut. Der Sprecher verfügt auch über die nötigen Fähigkeiten. Allerdings musst Du ihm vorher sagen, dass das keine Lesung für MDR Figaro ist. Du musst ihn dazu bringen, das Ganze mit einer sehr viel größeren Portion Selbstverständlichkeit und Bestimmtheit vorzutragen.
Er neigt auch dazu, die letzte Silbe eines wichtigen Wortes zu hauchen, also zum Beispiel das "-kei" bei Slowakei. Da muss mehr Energie beim Sprechen rein, aber nun bitte auch keinen Werbespot draus machen...
Jetzt noch mal zum Prozessing: Der Sprecher muss sich optimal in die Mischung einfügen, und dazu muss er schon ein wenig bearbeitet werden. Also ganz ohne Kompressor geht es schon lange nicht mehr. Wenn man dort eine kurze Attack- und eine längere Releasezeit einstellt, und die Kompression nicht zu stark macht, dann klingt es immer noch natürlich. Und ein Peak-Limiter muss sein, weil es einzelne Laute gibt, die extrem viel Energie mitbringen, bei mir ist das zum Beispiel das "U" in "U-Bahn".
Allerdings gebe ich zu, dass der Limiter in Zeiten der EBU R 128 nicht mehr so extrem wichtig ist wie früher bei der Aussteuerung nach Spitzenwert, wo schon eine einzelne durchgerutschte Amplitude alles zunichte gemacht hat.
Matthias
Antwort von Chiara:
Vielen Dank für die guten Ratschläge! Nur eines verstehe ich leider zu wenig. Da ich nämlich nicht aus Deutschland komme, weiss ich nicht, was "MDR Figaro" ist....
Antwort von Chiara:
Wie liest sich also eine Lesung für MDR Figaro?
Antwort von Pianist:
Figaro ist das Kulturradio des Mitteldeutschen Rundfunks. Zweimal pro Tag gibt es dort eine Lesung, und da ist der Sprechduktus oftmals so ähnlich.
Und genau das passt höchstwahrscheinlich nicht zu einer Fernseh-Doku. Aber ich bin mir sicher, dass Du Deinen Sprecher in die richtige Richtung trimmen kannst.
Das ist übrigens genau der Grund, warum ich nicht mit Sprechern zusammenarbeite, die unbedingt im eigenen Studio aufnehmen wollen. Sprecher müssen bei mir erscheinen, weil ich sie nur bei mir vor Ort richtig führen kann. Und nicht per Telefon oder dergleichen.
Matthias
Antwort von dienstag_01:
MDR Figaro - da googlst du mal ;)
Der Sprecher muss MIR was erzählen wollen. Und ich bin nicht doof. Und ihr berichtet sicher auch nicht vom 8. Weltwunder, so das ich aus dem Staunen gar nicht mehr rauskomme (rauskommen soll)
Antwort von Chiara:
Danke Mathias!
Bei mir geht es leider nur auf Distanz, da ich nicht in Deutschland lebe und auch nicht über viele Finanzen verfüge....
Antwort von Pianist:
Dann brauchst Du einen Sprecher, der so gepolt ist, dass er von Natur aus genau so spricht, wie Du es brauchst. Vermutlich musst Du dann eher einen anderen Sprecher nehmen.
Oder Du bittest ihn, noch mal einen zweiten Versuch aufzunehmen. Er ist vermutlich Theaterschauspieler und macht sonst nichts fürs Fernsehen, oder?
Matthias
Antwort von Chiara:
Stimmt.
Antwort von Chiara:
Stimmt, er arbeitet nicht für das Fewrnsehen, aber hat Erfahrnungen im Theater. Ich werde ihm eine Email mit Deinen Ratschlägen schreiben. Noch einmal vielen Dank und hab' einen schönen Tag!
Antwort von domain:
Das ist übrigens genau der Grund, warum ich nicht mit Sprechern zusammenarbeite, die unbedingt im eigenen Studio aufnehmen wollen. Sprecher müssen bei mir erscheinen, weil ich sie nur bei mir vor Ort richtig führen kann.
Chiara, du musst danach trachten, Pianist selbst als Sprecher zu engagieren. Für meine Ohren spricht er reinstes Hochdeutsch ohne Berliner Slang.
Für uns Österreicher ohne Burgtheatersprechausbildung so gut wie gar nicht zu erreichen.
Selbst Udo Jürgens schaffte Zeit seines Lebens nicht das stimmhafte „S“, klang bei ihm immer wie ein scharfes „ß“ u.a.m.
Rosen klangen bei ihm immer wie die Rossen im Stall ;-)
Antwort von Chiara:
Sehr lieb von Dir! Danke für den Tipp. Vielelicht komme ich einmal auf ihn zu. Woher kennst Du denn seine Stimme?
Antwort von domain:
Hier spricht er selber:
Antwort von Chiara:
Danke, die Stimme ist sehr angenehm!
Antwort von Pianist:
Chiara, du musst danach trachten, Pianist selbst als Sprecher zu engagieren. Für meine Ohren spricht er reinstes Hochdeutsch ohne Berliner Slang.
Dankeschön! :-)
Ich spreche meine Filme ja auch zu 95 Prozent selbst, weil das gut zu meinen Themen passt und meine Auftraggeber das auch so mögen, wie ich das mache. Aber hin und wieder gewinnt ein Film auch sehr, wenn man ihn von Leuten wie Norbert Langer oder Till Hagen sprechen lässt.
Wen ich zum Beispiel auch super finde, ist Ralph Wagner, wenn er "Verrückt nach Meer" spricht.
Matthias
Antwort von srone:
habe vor kurzem, beste erfahrungen mit einem theaterschauspieler machen dürfen, welcher für eine medizinische anwendung (anleitung) gesprochen hat, simpel und klar, da wäre jeder werbesprecher to much gewesen. der inhalt ist was zählt, wie in der kunst (mein eigentliches business, so auch in der werbung).
jedoch ist auch die konsistenz des raumes und der mischung (voiceprocessing) eine art stilmittel, welche eine aussage trifft.
lg
srone
Antwort von soan:
Hier spricht er selber:
Klar ok, nicht das ich es besser könnte. Aber der ARD - NDR Sprachtrainer würde heftigst meckern wegen der langgezogenen Wortübergänge und dem leichten Sing-Sang / Auf-und-Ab... :-)
Antwort von Pianist:
Naja, es sind ja keine Nachrichten... :-)
Matthias
Antwort von match:
Wen ich zum Beispiel auch super finde, ist Ralph Wagner, wenn er "Verrückt nach Meer" spricht.
Ja, Ralph Wagner ist absolut Top! Hatten wir hier im Einsatz:
www.vimeo.com/124753563
und es hat auch "aus der Ferne" super geklappt. - Ein paar Wünsche hab ich vorab per Mail geäußert und meiner Meinung ist echt alles perfekt umgesetzt!