Nur zur Anmerkung: Unsere Kurztests sind nicht dafür da, alle Programmfunktionen detailliert zu beschreiben, sondern sollen Anwendern „kurz und knapp“ eine schnelle Entscheidungshilfe bei der Auswahl von Programmen bieten. Der Schwerpunkt liegt dabei in erster Linie darauf, was die grundsätzlichen Stärken und Schwächen der Programme sind. Wer mehr über die einzelnen Programme erfahren will, findet am Ende dieses Artikels auch Links auf die entsprechenden Langtests auf unserer Seite.
Nach wie vor herrscht ein kleiner Glaubenskrieg zwischen den Anwendern von Premiere und Media Studio, welches Schnittprogramm denn nun das bessere sei. Auch Vegas Video ist in diesem Bereich ein aussichtsreicher Kandidat. Wie wir beim Zusammenstellen der Testkriterien feststellen mußten, gibt es wenige Kriterien die diese Frage objektiv beantworten können. Manche Programme stellen eine hervorragende DV-Editing Umgebung ohne Schnickschnak dar, andere Programme sind mit zahlreichen Zusatzfunktionen beladen, die für den einen Anwender nützlich sind, für den anderen dagegen schlichtweg überflüssig. Los geht´s....
Adobe Premiere 6.02
Premiere 6.02 ist in erster Linie auf den reinen DV-Schnitt und einfache Compositing-Aufgaben ausgelegt. Und in diesem Bereich spielt es auch seine größten Stärken aus. Wer sich einmal in die Bedienung des Programms eingearbeitet hat (was manchen Anfängern scheinbar durchaus schwer fällt) wird mit einer flotten und reaktiven Arbeitsweise belohnt. Seit der Version 6 besitzt das Programm auch sogenannte Filterlisten, was dem Workflow stark zugute kommt. Wendet man mehrere Effekte auf einen Clip an, so kann man dennoch auf jeden Parameter jedes Effekts mit einem Mausklick zugreifen. Wer häufig mit Effekten arbeitet, lernt diese Arbeitsweise schnell zu schätzen. Leider wird dieses Workflow-Konzept nicht konsequent durchgehalten. Alte Premiere Effekte, die sich noch zuhauf im Programm befinden müssen nach wie vor in separaten Fenstern eingestellt werden, was die Arbeit enorm bremst. Auch die meisten Schnittkartenhersteller, die Premiere um eigene Funktionen erweitern verfolgen diese Unsitte und bremsen dadurch den an sich gut konzipierten Workflow aus. Das Keyframing ist in Premiere nach wie vor rudimentär, weshalb sich mittelschwere Compositings bereits nicht ohne großen Aufwand realisieren lassen.
Wer etwas von der Materie versteht, kann fast alle relevanten Programm-Einstellungen verändern. Dadurch lassen sich beispielsweise auch Realtime-Previews in verminderter Qualität erreichen. Allerdings muß man sich hierfür durch zahlreiche Menüs quälen. Schöner wäre eine zentrale Qualitäts-Schraube direkt auf der Programm Oberfläche, da man während einer Preview doch öfters die Qualität wechselt.
Das Capturing-Modul ist ebenfalls etwas einfach ausgefallen. Eine Szenenerkennung (wie sie mittlerweile beinahe die gesamte Konkurrenz bietet) ist dem Programm fremd. Dafür arbeitet es mittlerweile mit den meisten DV-Camcordern relativ gut zusammen. In unserem Forum gibt es in diesem Zusammenhang deutlich weniger Klagen über Dropped-Frames etc. als bei Media-Studio.
Die mitgelieferten Effekte sind gut ausgewählt. Man vermißt als Editor eigentlich nichts. Alle wichtigen Effekte werden im Subpixelbereich in guter bis sehr guter Qualität gerendert. Allerdings trifft dies nicht auf alle Effekte zu, so daß man in manchen Verzerrungs-Filtern aus den alten Premiere-Versionen durchaus Pixeltreppen findet. Dafür berechnet Premiere alle Effekte relativ flott, weshalb man bei einem entsprechenden Arbeitsstil durchaus mit einer einfachen Firewire-Karte ohne große Wartezeiten arbeiten kann.
Den Audiobereich bedient das Programm ebenfalls etwas Stiefmütterlich. Ein integrierter Audio-Editor fehlt praktisch vollständig. Hat man allerdings alle Soundspuren in einem externen Editor bearbeitet, so erweist sich der integrierte Audiomixer für die meisten Projekte als durchaus ausreichend.
Das Programm arbeitet mittlerweile auch hinreichend stabil um längere Edit-Sessions zuverlässig zu erledigen. Sporadische Abstürze gibt es dennoch noch ab und zu, jedoch halten sich diese im vertretbaren Rahmen.
Media Studio Pro 6.5
Media Studio versteht sich als „All-In-One“-Produktionssystem. Ob MPEG2-Schnitt, Vektoranimation oder DVD-Authoring mit anschließendem Brennen, das Programm will jeden Anwender zufrieden stellen. Bis auf den Video Editor wirkt die zusätzliche Funktionalität jedoch immer relativ einfach gestrickt. Einsteiger kommen auf diese Weise zwar schnell zur ersten eigenen DVD oder VCD, eine professionell gestaltete DVD läßt sich hiermit jedoch kaum zusammenstellen. Überhaupt scheinen sich gerade Anfänger bei diesem Programm am besten aufgehoben zu fühlen. Obwohl man sich für jede Effektvariation durch separate Fenster klicken muß, scheint dies für viele Anwender die intuitivere Arbeitsweise zu sein. Schnell läßt sich mit diesem Workflow allerdings nicht arbeiten.
Das Capturing-Modul ist technisch auf der Höhe der Zeit. Szenenerkennung und Seamless Capturing sind für das Programm keine Fremdwörter. Dafür gibt es nach wie vor gelegentliche Beschwerden von Usern über Dropped Frames beim Im- und Export von DV-Dateien. Mit einem sorgfältig konfigurierten System lassen sich diese Probleme meist beheben, jedoch fehlt vielen Gelegenheitsanwendern hierfür das nötige Know-How. Die konkurrierenden Programme scheinen in dieser Hinsicht etwas fehlertoleranter zu sein.
In der Effektauswahl liegt Media Studio vor den anderen Konkurrenten. So finden sich alle relevanten Filter (und noch mehr) im Lieferumfang. Die mitgelieferten Zusatzmodule erlauben sogar spezielle Einsatzgebiete wie das Retuschieren von Einzelbildern oder Vektorgrafik-Bearbeitung. Allerdings unterscheidet sich die Integration der Module kaum vom Einsatz einer externen Applikation. Dennoch muß man für diese Fällen keine zusätzliche Software anschaffen. Auch Media Studio kann viele Effekte in Subpixel-Qualität rendern und liegt in der erzeugten Effektqualität auf einer Niveau-Stufe mit Premiere.
Der Audio-Bereich könnte allerdings schon etwas üppiger ausfallen. Auch für eine halbwegs professionelle Tonproduktion kommt man hier um einen externen Sound-Editor nicht herum. Wer dagegen einmal schnell vor seinem lärmenden Rechner eine Sprachspur aufsprechen will, dürfte sich über den integrierten Voice-Over freuen.
Die Stabilität des Programms liegt subjektiv noch etwas unter der Stabilität von Premiere. Zumindest verzeichneten wir einige Abstürze, die jedoch ebenfalls nicht so häufig auftraten, daß ein kreatives Arbeiten unmöglich gemacht wird. Dafür wirkt das Programm insgesamt etwas träger als die Konkurrenz. Die gelegentlichen, kurzen Denkpausen des Programms bremsen oft schnelle Editing-Schritte aus.
Vegas Video 3
Der Newcomer in der Oberliga wirkt gegenüber der Konkurrenz deutlich moderner. Der Workflow des Programms ist enorm durchdacht und stellt momentan die Referenz der aktuellen Schnittprogramme dar. Alle Funktionen sind logisch angeordnet und schnell mit der Maus erreichbar. Einziger Kritikpunkt: Statt Filterlisten werden Effekte über Unterfenster eines Clips eingestellt, was nicht ganz so elegant ist wie die Lösung von Premiere, dafür ist die Bedienung für alle Filter gleich. Außerdem lassen sich alle Effekte routen, d.h. Ein Effekt kann auch auf einen Track oder ein ganzes Projekt angewandt werden. Das Vorschau-Fenster bietet eine direkte Qualitätsstufenauswahl, wodurch sich die Vorschau beim Arbeiten schnell variieren läßt.
Das Capture-Modul beherrscht auch eine Szenenerkennung und funktionierte bei uns reibungslos. Aufgrund der noch geringen Verbreitung des Programms fehlen hierzu allerdings noch User-Erfahrungen aus unserem Forum, so daß sich über die Kompatibilität mir verschiedenen Camcordermodellennoch keine endgültige Aussage treffen läßt.
Die Effektauswahl ist im wahrsten Sinne des Wortes erlesen. Es gibt kaum bunte Bildverfremdungsfilter, dafür stehen alle essentiellen Effekte fürs Editing bereit. Die Effektqualität ist durchgehend als sehr gut zu bezeichen. Leider dauert die Berechunung der einzelnen Effekte unverhältnismäßig lang und auch die beworbene Ram-Vorschau beschleunigt den eigentlichen Arbeitsprozess nicht spürbar. Dank zahlreicher Überlagerungsfunktionen und durchaus tauglicher Keyframe-Verwaltung lassen sich auch umfangreichere Compositing-Projekte wie kleine Trailer mit Vegas Video realisieren. Nur der Titeler ist etwas unspektakulär geraten, reicht aber für durchschnittliche Anwendugsfälle dennoch aus.
Im Audio Bereich läßt Vegas Video die gesamte Konkurrenz hinter sich. Hier findet man praktisch ein komplettes Mehrspur-Tonstudio mit vielen Finessen, die ein externes Audiobearbearbeitungsprogramm in den meisten Fällen überflüssig macht. Gerade zur Nachvertonung von Projekten dürfte man in dieser Preisklasse momentan kaum eine bessere Arbeitsumgebung finden.
Die Stabilität des Programms ist sehr hoch, Abstürze stehen nur äußerst selten auf der Tagesordnung. Zusätzlich reagiert das Programm trotz der langen Renderzeiten sehr schnell auf User-Eingaben.
Fazit:
Videos schneiden kann mit mit allen Programmen. Je nach Anwendungsgebiet und Projekt hat jedes Programm seine Stärken und Schwächen. Am rundesten wirkt der Newcomer Vegas Video, jedoch sollte man auch nicht den Aufwand unterschätzen, bis man sich auf einen neuen Workflow umgestellt hat.
Vegas Video 3.0 | Adobe Premiere 6.02 | Ulead MediaStudio 6.5 | |
Hersteller | Sonic Foundry | Adobe | Ulead |
Capturing | |||
Batch-Capturing | 6 | 6 | 6 |
Automatische Szenenerkennung | 6 | 0 | 6 |
Workflow | |||
Bedienung Oberfläche | 9 | 7 | 6 |
Reaktivität | 9 | 7 | 5 |
Stabilität | 9 | 7 | 5 |
Keyframeverwaltung | 6 | 4 | 4 |
Farbkontrolle (Vektorskop o.ä.) | 5 | 1 | 8 |
Effekte | |||
Farbkorrektur | 9 | 7 | 5 |
2D-DVE | 8 | 4 | 6 |
3D-Effekte | 1 | 4 | 5 |
Keying | 7 | 5 | 4 |
Titeler | 5 | 7 | 8 |
Slow-Motion | 7 | 7 | 7 |
Überlagerungsfunktionen | 7 | 5 | 4 |
Effektqualität | 9 | 7 | 7 |
Rendergeschwindigkeit | 2 | 8 | 6 |
Audio | |||
Integration | 9 | 6 | 6 |
Effektqualität | 10 | 7 | 7 |
Voice Over | 6 | 0 | 6 |
+ Ausgefeilte Audiobearbeitung | + Schnelles Rendering | + Videozentriertes Malprogramm | |
+ Duchgehend exzellente Bildqualität | + Hohe Kompatibilität | + Leistungsfähiges vektorbasiertes Modul zur Texterstellung | |
+ Moderner, durchdachter Workflow | + Einfaches DVD/SVCD/VCD authoring | ||
+ Offenbar sehr intuitive Bedienung für Einsteiger | |||
- Langsame Renderzeiten | - Kaum Zusatzfunktionalität | - Gelegentliche Kompatibilitätsprobleme | |
ausführlicher Review | ausführlicher Review | ausführlicher Review |
Anmerkungen zu diesem Test:
Da wir in naher Zukunft für jeden Anwender eine objektive Entscheidungshilfe geben wollen, haben wir einfach einmal begonnen Features zu vergleichen die letztendlich in eine große Liste einfließen. Wir wollen damit erreichen, daß Leser, die kurz angebunden sind in einer Tabelle verschiedene Lösungen „Auf einen Blick“ vergleichen können. In einer Plus/Minus Liste finden sich anschließend Punkte, die ein Programm besonders auszeichnen oder extrem schlecht realisiert sind. Außerdem fügen wir sehr kurze Beschreibungstexte hinzu, die unsere Kurzeinschätzung des Programms wiederspiegeln. Für Interessierte findet sich nach wie vor ein längerer Test zu jedem Produkt in unserer Artikel-Abteilung.
Für unseren ersten Vergleichstest wurden noch lange nicht alle Features in die Liste aufgenommen, jedoch wollten wir einfach mal loslegen, damit es mal etwas zum diskutieren gibt. Der Schwerpunkt dieses Test liegt auf dem reinen DV-Editing.