Facebook contra YouTube: der große Video-Klau

// 13:41 Mo, 30. Nov 2015von

Seit es die Möglichkeit gibt, Videos direkt auf Facebook hochzuladen, ist Facebook innerhalb relativ kurzer Zeit zu einem der größten Videoportale herangewachsen und macht inzwischen in Sachen Anzahl von abgespielten Videos YouTube Konkurrenz. Unter der Haube allerdings schaut es anders aus: Schätzungen zufolge stammen rund drei Viertel aller Facebook Videos von YouTube, d.h. sie wurden erst dort von ihrem Schöpfer veröffentlicht, daraufhin von jemand anderem runtergeladen und bei Facebook wieder unter dem eigenem Namen hochgestellt. Mit anderen Worten handelt es sich dabei um Content-Klau.


Wessen Video auf YouTube erfolgreich ist, profitiert davon durch die generierte Aufmerksamkeit und kann so Geld verdienen - gerade bei größeren Viewzahlen ab mehreren 100.000 Views kann der Verdienst ganz erheblich sein. Das auch wirklich der Schöpfer eines Videos von dessen Erfolg profitiert und nicht jemand, der es kopiert und in seinem Kanal wiederveröffentlicht, garantiert YouTubes Content-ID System. Leider aber besitzt Facebooks Videosystem keinen entsprechend ausgefeilten Content-Check: laufend werden neue Fälle bekannt, daß Facebook-User Videos von YouTube runterladen und auf Facebook unter ihrem Namen veröffentlichen - zwar gewinnen sie dadurch nur Views und Follower und kein Geld, da Facebook noch keine Möglichkeit zur Monetarisierung von Videos z.B. durch eingebettete Werbung geschaffen hat, aber den ursprünglichen Filmemachern entgehen dadurch teilweise erhebliche Summen sowie natürlich die Aufmerksamkeit für ihren Kanal. Auf YouTube dagegen kann der Autor per entscheiden, ob ein kopiertes Video gesperrt oder (für ihn) monetarisiert wird.



Facebook hat kein der YouTube Content-ID entsprechendes automatisiertes System implementiert, bzw. das verwendete "Audible Magic" System läßt sich leicht austricksen. Urheberrechtsverletzungen müssen umständlich manuell eingereicht werden und werden erst nach einigen Tagen (in denen die Videos bereits 99.99% der Views bekommen haben, die sie bekommen können) geahndet. Vor allem Facebook profitiert durch diesen Klau enorm: einerseits kann Facebook durch die umdeklarierten YouTube-Videos seine eigenen Video-Viewzahlen enorm steigern, andererseits steigt Facebooks Attraktivität als VideoPortal für alle Kopisten: Ein YouTube Video kann so zu X (auch gekürzten oder umgeschnittenen) Versionen auf Facebook werden, ohne den Urheber an der generierten Aufmerksamkeit teilhaben lassen zu müssen oder ihn auch nur zu erwähnen. Einer Studie von Anfang 2015 zufolge sind 72.5% der 1000 erfolgreichsten Facebook-Videos (die rund 17 Milliarden Views repräsentieren) gestohlene Wieder-Uploads bereits veröffentlichter Videos.



Wobei Facebooks Angaben zur Zahl der abgespielten Videos nebenbei bemerkt mit Vorsicht zu genießen sind, denn das Portal verwendet eine sehr eigene Methode, um Videos als "angeschaut" zu zählen: im Gegensatz zu YouTube, wo dies erst ab 30 Sekunden Laufzeit gilt, zählt Facebook ein Video schon nach 3 Sekunden als "gesehen", was aufgrund von Facebooks Autoplayfunktion auf beinahe jedes Videos zutrifft, welches in einem Beitragsfeed eingebettet ist und beim Durchscrollen ganz en passant (wenn auch ohne Ton) wiedergegeben wird. Aber das ist ein eigenes Thema.



Wer Content von anderen unter seinem Namen auf Facebook hochlädt, muß übrigens - anders als bei YouTube - keine Konsequenzen wie etwa eine Sperrung seines Accounts befürchten. Auch begünstigt Facebook wie es scheint das direkte Hochladen von Videos im Gegensatz zum Einbetteten von Originalclips, indem sie anderen Usern in deren Feeds deutlich öfter angezeigt werden. Der Vorteil für Facebook: die User bleiben so länger innerhalb von Facebook und es kann ihnen mehr Werbung gezeigt werden, als wenn User zu einem Video auf YouTube wechseln.



Für Filmemacher, die YouTube als Einnahmequelle oder Publicity-Werkzeug benutzen, ist das fatal und untergräbt die Chancen, die das Internet bietet, um auf alternativen Wegen Geld mit Videos zu verdienen. Auf YouTube veröffentlichende "Creators" wehren sich nun z.B. mit dem unten gezeigten Video von "Kurzgesagt" aus München gegen Facebooks dreisten Klau und rufen User auf, kopierte Videos den Erschaffern zu melden, damit diese sie bei Facebook sperren lassen können.



Dass ein milliardenschweres Unternehmen wie Facebook keinerlei Maßnahmen zum Schutz der im System hoch geladenen Videos implementiert, läßt sich wohl nur damit erklären, dass die Vorteile (viele attraktive, kostenlose Inhalte und damit Views) für Facebook gewaltig sind und die negativen Auswirkungen - momentan nur schlechte Publicity, aber keinerlei Gerichtsverfahren - demgegenüber gering scheinen.(Danke an Benutzername)







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