Frage von ruessel:Habe gerade Hintergründe zum deutschen Film (1957) "Das Wirtshaus im Spessart" gelesen und bin etwas von der verwendeten Kamera irritiert. Sie sieht eher nach einer elektronischen TV Kamera dieser Tage aus......
Format 35mm 1:1,66 auf Agfacolor
Frage: Kennt jemand diese Kamera auf dem Foto (Produktionsfirma Georg Witt Film, München)? Ist es eine gewöhnliche ARRI in einen speziellen Blimb?
Antwort von Frank Glencairn:
Wenn jetzt noch das Foto dabei wäre....
Edit: War wohl zu schnell.
Ja, das is ein Blimp, aber nicht die typische Arri Ausführung.
Sieht aus wie ne kleine Version der alten VistaVision Blimps.
Antwort von ruessel:
Kameramann war der damals berühmte Richard Angst, vielleicht bekomme ich noch über seinen Namen die Kamera raus....
Hier auf dem Foto sieht es nicht nach einen einfachen Blimb aus.....
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Antwort von carstenkurz:
Bloß weil es eine deutsche Produktion ist, ist es noch lange keine ARRI. Die 35mm ARRIs waren lange garnicht so verbreitet wie man vielleicht denkt.
Was man da sieht, ist eine der damals in Europa am meisten verwendeten Kameras - eine französische Debrie Super Parvo (Color).
http://p2.la-img.com/364/37971/16149299_1_l.jpg
- Carsten
Antwort von ruessel:
Was man da sieht, ist eine der damals in Europa am meisten verwendeten Kameras - eine französische Debrie Super Parvo.
Super!!!! Danke für die Info.
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Super-Parvo-Color-Kamera, um 1950
André Debrie, Paris. Geräuschgedämpfte Atelier-Kamera für 35mm-Film in zwei Kassetten à 300 m Filmlänge (vorhanden). Antrieb durch eingebauten Debrie-Synchronmotor für 24 B/s, 380 Volt. Starkstromschalter und Stecker an der Kamera. Objektiv: Cooke Panchro 1:2/28 mm. Suchersystem: Rotierender Reflexspiegel auf dem Umlaufsektor. Das Mattscheibenbild kann über die Fernrohrlupe an der Kamerarückseite betrachtet werden. In der Kamera Schrittschaltwerk mit zwei Zug- und Sperrgreifern. Sektorenblende auch im Lauf verstellbar. Die Kamera steht auf einem lenkbaren Atelierstativ (Vinten). Schwenk- und Neigekopf der Firma Askania Bambergwerk Berlin. Elektrische Funktionen nicht geprüft. - An der Kamera Generalvertreterschild "Linke, Bad-Godesberg". Kamerabeschriftung: "Fink-Film". Mit dieser Kamera hat bei der Hamburger Produktionsfirma Fink-Film der berühmte Kameramann Klaus von Rautenfeld gearbeitet. Neunzig Prozent der europäischen Tonfilme wurden seit 1932 mit Super-Parvo-Kameras von Debrie aufgenommen. Der ab 1950 verstärkte Einsatz von Farbfilmen nötigte die Firma André Debrie zum Bau einer Spiegelreflexkamera, die unter dem Namen "Super Parvo Color" angeboten wurde. Ein neues größeres Gehäuse mit besserer Schalldämpfung berücksichtigte auch die inzwischen höheren Empfindlichkeiten der Studiomikrophone. Alle großen Filmgesellschaften Europas arbeiteten bis ca. 1970 mit Super-Parvo-Color-Kameras, unter anderem die CCC Film Berlin, Bavaria München, Studio Hamburg, Wien-Film, DEFA-Spielfilmstudio Babelsberg. Viele erfolgreiche Produktionen wie die "Sissi"-Trilogie mit Romy Schneider oder "Der Hauptmann von Köpenick" mit Heinz Rühmann wurden mit Super-Parvo-Color-Kameras photographiert. Ein Kameratyp mit filmgeschichtlichem Hintergrund.
Quelle: http://www.liveauctioneers.com/item/161 ... era-c-1950
Antwort von handiro:
http://cinematographes.free.fr/debrie-s ... otice.html
Antwort von ruessel:
http://www.vanalphenav.nl/VAAV/Parvo_Debrie.html
Parvo Debrie model L
Auf der Seite ist unten rechts ein kleines Video eingebettet, das zeigt eine Montage der Kamera.
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Leni Riefenstahl mit Parvo Debrie camera.
Antwort von ennui:
Den "Schwenk- und Neigekopf der Firma Askania Bambergwerk Berlin" würde ich ja gerne mal testen.
Antwort von ruessel:
Ich denke da eher an die "Verantwortung" des Kameramannes! Bei dieser Kamera lagen beide Spulen nebeneinander, mit einer Schlaufe wurde dieser Abstand überbrückt - was wenn während des drehens hier etwas mechanisch abrutscht oder schief durchläuft? Hören konnte man es wohl kaum, die Kamera sieht sehr gut schalldämmend aus.
Sicher wurden die Rollen sofort entwickelt, aber einen ganzen Drehtag zu verlieren, besonders bei teuren Darstellern oder Massenszenen - ich könnte mit dieser Verantwortung gar nicht richtig schlafen. Oder waren die 35mm Kameras damals absolut perfekt?
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Antwort von medikus:
sozusagen amtlich:
soweit uns bekannt, wurde der Film "Das Wirtshaus im Spessart" mit einer
Kamera des Herstellers "Debrie", einer "Debrie Super Parvo Color", im
Format 35mm aufgenommen.
Mit freundlichen Grüßen
--
Leiter Filmarchiv
Deutsches Filminstitut - DIF e.V. /
Deutsches Filmmuseum
Antwort von Peter Hollbach:
Ich bin über Google mit der Suche nach der Debrie Superparvo auf diese Forumsseite gestoßen. Ich möchte zu dieser Kamera eine wichtige
Richtigstellung beitragen.
Die Kamera lief nicht mit 3x380V sondern mit dreiphasig 220 bzw. 230 Volt. Es gab in den hamburger Atelierhallen bei Realfilm (später Studio Hamburg) dazu "normale" Drehstrom-Steckdosen mit 3x380V für Arbeitsgeräte und solche, mechanisch gleiche, für 3x220V, Quelle fataler Irrtümer, so dass ich einmal eine Kamera vor der Vernichtung rettete, die nach einer Mittagspause an der falschen Steckdose angeschlossen war.
Übrigens zur Filmführung, in meiner Ausbildungszeit und später als Kamera-Assistent hatte ich nie, weder bei anderen Kamera-Assistenten noch bei mir, Probleme mit dem Filmeinlegen erlebt, allerdings war zum Filmeinlegen bei den parallel zu einander stehenden 3000m-Kassetten große Sorgfalt beim Schleifenbilden erforderlich. Hinderlich war, dass die Filmrollen anders als üblich gewickelt sein mussten (Typ Schicht außen).
Mit freundlichen Grüßen
Peter Hollbach
Antwort von ruessel:
Schön das man hier noch kompetente Antworten bekommt. Danke!