Nachdem das Billligpreissegment bisher von Magix und Pinnacle dominiert wurde, will Adobe nun endlich auch ein Stück vom Kuchen abhaben. Schon die letzte Version des Programms brachte erstaunlich viele Funktionen von Premiere Pro unter einer leicht vereinfachten Oberfläche unter. Allerdings störten seinerzeit so manchen Anwender zwei Kritikpunkte besonders: Es gab keine Untersützung für hochauflösende Videos sowie keine Voice-Over-Funktion. Um es vorwegzunehmen: Beides ist in der neuen Version integriert, allerdings schlummern unter der Oberfläche sogar etwas mehr Möglichkeiten. Man muss sie nur zu wecken verstehen...
Die Installation
Für diesen Test erhielten wir die finale Version von Premiere Elements 3.0 im Kombipack mit Photoshop Elements 5.0. Ausgeliefert wird das ganze auf zwei DVDs, die sich innerhalb von 30 Minuten installieren ließen. Als Kopierschutz dient „nur“ eine Seriennummer. Eine Aktivierung mit heimlicher Einnistung im Masterboot-Sektor der Festplatte scheint glücklicherweise nicht stattzufinden. Nervig ist allemal die ungefragte Installation des Adobe Foto Downloaders. Dieses Programm läuft nach dem Rechnerstart im Hintergrund und versucht permanent, alles was nur nach Fotos riecht von jedem Gerät herunter zu kopieren, das über den USB-Port an den Rechner angedockt wird. Das Programm lässt sich zwar in der Startleiste deaktivieren, jedoch nicht separat deinstallieren. Nur mit Handarbeit in den Startdateien kann man den Prozess ein für allemal abwürgen. Nicht ganz die feine Art und sicherlich nicht jedermanns Sache.
HDV et altera
Wie bereits erwähnt und auch schon überall zu lesen, unterstützt Premiere Elements ab sofort auch HDV. Dieser Schritt war dringend nötig, denn die Konkurrenz bietet HDV bereits seit geraumer Zeit und hochauflösende Camcorder sind nun mal mittlerweile Mainstream unter Videoamateuren. Die Projekteinstellungen sprechen hierbei eine klare Sprache: Dort finden sich in den Vorlagen nur die Settings für den (H)DV-Schnitt. Kein DVCPROHD und andere Profi-Formate. Die professionelle 10 Bit Verarbeitung des großen Bruders fehlt erwartungsgemäß ebenfalls.
In der Praxis verarbeitete Premiere HDV-Videos und VOB-Dateien von einem DVD-Camcorder ohne Probleme. Bei DVD-und DV-Cams werden sogar die einzelnen Streams aufgespaltet, was die Verwaltung noch einmal deutlich bequemer macht. Mit den AVCHD-Daten der brandneuen Sony SR1E konnte das Programm allerdings nichts anfangen. Hier wird man wohl auf ein Update im nächsten Jahr warten müssen. Oder kann man vielleicht doch selbst Hand anlegen?
Selbst ist der Cutter
Auf den ersten Blick lässt sich an den mitgelieferten Adobe-Presets nichts ändern. Einstellungen wie die Auflösung oder das Pixel-Seitenverhältnis sind in den Vorlagen ausgegeraut und somit unveränderbar. Und das wiederum bedeutet auch, dass die interne Verarbeitung mit mehr als 1440 Pixeln Hotizontalauflösung offensichtlich nicht möglich ist. Wer jedoch in den Settings-Ordner blickt, findet dort die Presets als pure XML-Files. Und diese lassen sich natürlich mit jedem Editor an die eigenen Bedürfnisse anpassen.

Um hier jedoch andere Werte einzustellen, muss man den Grundaufbau von Premiere erst einmal verstanden haben. Wir werden hierzu demnächst einen eigenen Artikel präsentieren, nur ein paar Grundlagen schon vorneweg: Über die Presets steuert man, mit welcher Engine die importierten Files abgespielt werden. Die benutze Engine (von Adobe auch Compiler genannt) wird als Plugin eingebunden. Der aktuelle (mitgelieferte) Compiler für den HDV-Schnitt ist eine MPEG2-Engine von Mainconcept. Und diese Engine scheint nach unseren bisherigen Erkenntnissen nicht auf eine Auflösung von 1440 x 1080 Pixel beschränkt zu sein. In der Folge gelang es uns mit Premiere Elements auch Videos mit 1920 x 1080 bei 50i oder 25p mit einer I-Frame-Only-Einstellung zu bearbeiten. Wenn Interesse besteht, werden wir auf slashCAM in Zukunft entsprechende Presets zur Verfügung stellen. Wir prüfen gerade noch, ob sich auf diese Weise nicht noch andere Engines in Premiere Elements einbinden lassen. Ein Fazit sei jedoch schon einmal vorweg genommen: Wer hochauflösende Projekte mit 1920 Pixeln bearbeiten will, muss nicht zwangsweise zur großen Version greifen. Und auch der Einsatz einer separaten H.264-Engine für AVCHD-Camcorder ist nicht undenkbar. MainConcept selbst hat mit dem MPEGPro-Plugin zumindest schon eine entsprechende Technologie in der Schublade... Auch Adobe selbst dürfte nichts gegen eine entsprechende Modifikation haben. Zumindest wird an keiner Stelle eine willentliche Begrenzung des Programms auf 1440 horizontale Pixel erwähnt.
Doch all dies ist sowieso nur für Anwender mit professionellen Ambitionen interessant. Anfängern dürfte die eingeschränkte Vorlagenauswahl zwischen DV und HDV sicherlich eher helfen, sofort loslegen zu können. Leider lassen sich viele Details in den Projekt-Einstellungen während eines Projektes nicht mehr verändern. Und selbst wer ein neues Projekt in einem anderen Format erstellen will, muss die entsprechenden Parameter erst einmal finden. Denn jedes neu erstellte Projekt übernimmt automatisch die Vorgaben von seinem Vorgänger-Projekt. Die Lösung: Erst einmal ein neues Projekt auswählen, dann auf Abbrechen klicken (!!), anschließend den Setup-Button im aufscheinenden Dialog auswählen und einen neuen Projekt-Standard festlegen. Für alte Hasen kein Problem, aber gerade Anfänger dürften hier leicht ins Stolpern geraten.
Bedienung
Ansonsten ist die Oberfläche ziemlich logisch angeordnet und man findet beinahe jede Funktion dort, wo man Sie erwartet. Sogar Profi-Features wie eine Keyframe-Verwaltung mit Interpolation und Bezier-Kurven sind vorhanden. Es gibt zwar kein eigenes Trim-Fenster, jedoch übernimmt jetzt das Monitorfenster einfache Trim-Funktionen: Hier lassen sich nun auch Clips zuschneiden und trennen. Wenn sich Clips in der Timeline überlappen bekommt man im Monitor sogar Ein- und Ausstiegspunkt gleichzeitig als Miniatur gezeigt. Auch der Titeler arbeitet nun direkt im Monitor-Fenster, was zusätzlichen Platz auf dem Desktop spart.

Die Tastenbelegung erinnert stark an professionelle Programme. So ist sogar JKL-Editing möglich. Wer noch weiter gehen will, kann sich die Tastaturkürzel sogar individuell anpassen.
Wir waren auf jeden Fall von den Bedienungsmöglichkeiten und dem Funktionsumfang ziemlich überwältigt. Einen vergleichbaren Umfang an professionellen Einstellmöglichkeiten gibt es schlichtweg in dieser Preisklasse nicht.

Da das Programm jedoch in erster Linie für Einsteiger und Gelegenheitscutter gedacht ist, lässt sich statt einer Timeline-Ansicht, jetzt auch eine neue Storyboard-Ansicht einblenden. Bei dieser Arbeitsweise zieht man einfach einzelne Clips hintereinander. Die Länge der Clips spielt dabei keine Rolle.
Effekt-Reichtum
Die mitgelieferten Effekte sind ebenfalls durchwegs von tadelloser Qualität. Kein Wunder, schließlich sind sie allesamt aus Premiere Pro 2.0 entnommen. Aus diesem Grund bieten sie im Audio- wie auch im Videobereich professionelle Einstellungsmöglichkeiten, die man bei anderen Programmen dieser Preisklasse schmerzlich vermisst. Man kann einzelne Effekte nun direkt auf den Monitor ziehen, damit der aktive Clip diese zugewiesen bekommt. Gegenüber Premiere Pro 2.0 fehlen zwar ein paar Effekte, wie die Mehrweg-Farbkorrektur, jedoch lassen sich viele Schnittaufgaben auch ohne diese Filter bewältigen. Zumal deren richtiger Einsatz auch erst einmal gelernt sein will. Außerdem lassen sich über die offene Schnittstelle auch Plugins von Fremdanbietern einbinden. Vielleicht gibt es ja in naher Zukunft eine professionelle Farbkorrektur für ein paar Euro nachzukaufen...
DVD-Authoring
Das integrierte DVD-Authoring glänzt vor allem mit vielen Vorlagen und einfacher Bedienung. Dass man hier keine komplette Authoring-Suite erwarten darf ist klar. Immerhin sind bewegte Videohintergründe und Buttons mit animierter Szenen-Vorschau möglich. Für kleine Projekte und die schnelle Ausgabe einer DVD sind die gebotenen Möglichkeiten völlig in Ordnung. Die Vorlagen sind übrigens reine Photoshop-Dateien mit speziell benannten Ebenen. Wer das Photoshop-Elements-Paket dazu erwirbt, kann hier besonders bequem die Vorlagen nach eigenen Vorstellungen verändern.
Gegenüber anderen (günstigen) Bildverarbeitungs-Programmen bringt Photoshop-Elements 5.0 übrigens einen entscheidenden Vorteil mit: Es kann Bilder mit nichtquadratischen Pixeln bei der Bearbeitung seitenkorrekt anzeigen und bearbeiten. Für Videotitel und DVD-Menüs ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Hierfür muss mal allerdings immer ein leeres Template aus Premiere Elements als Vorlage wählen. Neu erstellen kann Photoshop Elements solche Dateien nicht.
Sonstiges
Im Capture-Modul befindet sich eine neue Zeitraffer Funktion, die beim Grabben nur jedes n-te Bild aufzeichnet. Wer von vorneherein weiß, dass er diesen Effekt benötigt, kann damit viel Festplattenplatz sparen. Auf der anderen Seite nimmt man sich dadurch die Flexibilität einer späteren Bearbeitung, da man sich hiermit auf eine bestimmte Geschwindigkeit festgelegt hat.
Besonders gelungen ist die lang ersehnte Voice-Over-Funktion. Über eine separate Austeuerungsanzeige hat man den eigenen Sprachpegel immer im Auge. Ein vollständiges Mischpult fehlt dagegen ebenso wie die Unterstützung von Surround-Sound. Hier ist die Konkurrenz schon einen Schritt weiter und bietet teilweise professionelle Raum-Mix- und Dolby-5.1 Exportmöglichkeiten.

Performance und Stabilität
Während des Testzeitraums stürzte Premiere Elements 3 kein einziges mal ab. Allerdings liegt die Performance weiterhin hinter den Produkten von Pinnacle und Canopus. Selbst auf einem P4 Extreme Edition (1 GB Ram, 3,2 GHz mit 2 + 2 virtuellen Prozessorkernen) war bereits bei einer m2t-HDV-Videospur mit Farbkorrektur eine gewisse Trägheit zu spüren. Ein schneller Rechner ist daher für Premiere Elements 3.0 bei der HDV-Bearbeitung Pflicht. Der Fairness halber muss gesagt werden, dass Premiere Elements noch im RGBA-Farbraum arbeitet. Theoretisch könnte auch eine YUV-Engine in das Programm eingebunden werden. Canopus hatte ja etwas ähnliches früher für Adobe Premiere angeboten. Momentan sieht es jedoch mit Drittanbietern eher düster aus, aber wer weiß...
Fazit
Adobe hat eine Menge Funktionen in das kleine Premiere gepackt. Dabei ist es nahezu unglaublich, wie wenig sich Elements von der Pro-Version noch unterscheidet. Im großen Paket gibt es zwar noch die Untersützung für professionelle Videoformate, eine sekundäre 3-Weg-Farbkorrektur oder einen echten Trimm-Modus. Doch wer auf solche Funktionen verzichten kann, bekommt mit dem neuen Premiere Elements 3.0 dank nativer HDV-Unterstützung eine ziemlich runde Schnittapplikation mit Keyframes, Voice-Over und sehr gut einstellbaren Audio- und Videoeffekten. Der Workflow wurde dabei gegenüber der Pro-Version an den kritischen Stellen etwas entschärft, aber ohne verspielt zu wirken. Da kann die Konkurrenz gerade mal noch mit Surround-Sound und teilweise besserer Performance glänzen, in allen anderen Bereich ist Premiere Elements momentan fürs Geld kaum zu schlagen.



















