Chaos Action Kino: Sinnloses Cutten

Actionszenen in früheren Filmen waren so geschnitten, dass man die Aktionen verfolgen und verstehen konnte, jeder Schnitt hatte seinen Sinn - Actionszenen in modernen Filmen dagegen sind absichtlich chaotisch, schnell geschnitten, bestehen aus ständigen Close-Ups, benutzen eine Wackel-Kamera und liefern ständige Bilder aus verschiedensten, wilden Perspektiven. Diese These vertritt Matthias Stork, ein deutscher Filmemacher und Autor des Press Play Blogs auf dem Filmportal Indiewire, in seinem 2-teiligen Videoessay Chaos Cinema.


Moderne Actionszenen sind ganz ohne den Anspruch, die Action für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen, oder das Gezeigte in eine erzählerische Struktur zu verpacken. Ziel ist die sensorische Überladung des Zuschauers, das Beeindrucken durch neue, direkt einschlagende und auf den Zuschauer eindringende Bilder, welche keinen weiteren Gedanken erlauben, und dem Zuschauer verweigern, sich den Handlungsraum zu rekonstruieren und sich darin zu orientieren. Zusammengehalten werden solche Szenen nur durch die konsequente, prägnante Soundkulisse die inmitten der chaotischen Bilder den Eindruck von Kontinuität vermittelt.







Stork sieht diese Art des Editings auch in Dialogszenen neuerer Filme, die hin- und herschneiden ohne einen Eindruck von der Änderung des Gesichtsausdrucks oder der Körpersprache der Redenden zu vermitteln - und ebenso sieht er diesen Stil in Musicalfilmen, die nicht mehr anschaulich die Performance von Menschen im Raum in längeren Einstellungen zeigen. Sehr kritisch sieht er diese Entwicklung, weil diese Art von Kino nach seiner Meinung nichts erzählen, sondern den Zuschauer nur überwältigen, sprach- und gedankenlos machen will. In eine adrenalingeschwängerte, hirnlose Trance versetzen will, aus der er erst nach Filmende wieder auftaucht. Es wird nicht mehr erzählt, sondern geballert (mit Bildern und Sound).






Stork belegt seine These anhand von Filmausschnitten aus klassischen und neuen (nach 2000) gedrehten (Action-)Filmen wie etwa Die Hard, Hard Boiled, Black Hawk Down, Bad Boys 2, Quantum of Solace, Ronin, Transformers, Moulin Rouge, Chicago, Indiana Jones und The Great Train Robbery.



Doch was ist der Grund für diese Entwicklung? Welche Rolle spielt der Übergang zur digitalen Technik der Filmaufnahme und Schnitts? Die Verführung durch die Möglickeiten von CGI-Effekten, die die unmöglichsten Shots ermöglichen? Was begründet den scheinbaren Zwang zu Cut und Chaos? Stork sieht die Ursachen in dem Einfluss von Musikvideos, dem kommerziellen Erfolg von TV, immer kleiner werdenden Aufmerksamkeitsspannen, den unendlichen Möglichkeiten von CGI und einem Glauben, dass mehr immer auch besser ist.







Sein Essay führt zu vielen interessanten Fragen: Hat sich eine völlig neue ästhetische Tradition etabliert, quasi via Gewöhnung? Kann jemand, der mit diesem Stil des hyper-kinetic Editing aufwächst, noch etwas mit klassisch geschnittenen Action-Szenen anfangen bzw. fühlen? Ersetzt dieses Editing das Mitfiebern mit Charakteren, mit denen man sich identifiziert durch Überwältigung? Entspricht die visuell vermittelte Erfahrung dieses Stil mehr der erlebten Realität solcher Szenen?


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