Zum Auftakt unserer Praxistests mit dem neuen Mac Pro schauen wir uns die Hardware und das Design sowie seine Leistung unter After Effects an. Anhand unseres frei downloadbaren After Effects Rendertest können alle Interessierten ihre eigene Hardware zum Vergleich heranziehen und so zu einer ersten, eigenen Einschätzung der AE-Performance des neuen Mac Pros kommen.
Vergleichbar mit dem ersten Release von Final Cut Pro X hat der neue Mac Pro das Potential die Gemüter stark zu bewegen. Je nach professionellem Hintergrund reichen die Einschätzungen im Netz von „mangelnder Erweiterungsfähigkeit“ bis hin zur „Traummaschine für 4K Videoschnitt“. Wir wollen im Folgenden den neuen Mac Pro mit möglichst vielen Anwendungsszenarien und damit auch Videoapplikationen konfrontieren, um so ein möglichst facettenreiches Bild zu erhalten.
Bevor wir unsere After Effects, Final Cut Pro X, Premiere Pro CC und Davinci Resolve Ergebnisse vorstellen, wollen wir kurz noch ein Paar Eindrücke vom neuen Formfaktor des neuen Mac Pro weiterreichen. Die technischen Daten unseres Mac Pro Testgeräts sowie erste Benchmarks gab es im vorangegangenen Teil zu lesen.
Hardware / Design
Apple ist mit seiner Designkompetenz und klugen Produktstrategie bei den Mobil Devices (iPhone, iPad, Macbook Air etc.) in den letzten Jahren zu beeindruckender Größe gewachsen. Das Prädikat „wertvollste Marke der Welt“ geht fast ausschließlich auf die sehr erfolgreichen Produktentwicklungen im Consumer Mobilbereich zurück. Der neue Mac Pro scheint ebenfalls diesem neuen Selbstverständnis von Apple zu entspringen, bricht er schließlich mit vielen Konventionen, die bislang für den professionellen Desktop Bereich galten.

Überdeutlich wird dies beim Auspacken des neuen Mac Pros, dessen Karton auch eine gute verpackte, wertige Flasche Wein enthalten könnte. Der neue Mac Pro ist radikal in seiner miniaturisierten Bauform. Beim ersten in die Hand nehmen merkt man, dass man hier etwas völlig anderes, neues in der Hand hält, was klein, rund und für seine geringen Maße beachtlich schwer ist. Apple hat es zur Meisterschaft gebracht, genau diese Verblüffung für sein Produktportfolio zu kultivieren. Der neue Mac Pro macht hierin keine Ausnahme. Dieser Innovations-Status hat seinen Preis und dieser spiegelt sich im gesamten Apple-Portfolio wieder. Wer diese Apple-eigene Verbindung von Design und perfekt auf das Apple-Universum abgestimmter Funktionalität schätzt, wird den für Apple Geräte geforderten Premiumpreis bereitwillig zahlen - wer auf diese spezielle Design/Funktions Mischung verzichten kann und die stärker individualisierbare, im Zweifelsfall auch günstigere Lösung, für sich sucht, wird woanders eher fündig werden.
In seiner radikalen Form sendet der neue Mac Pro jedenfalls ein ziemlich eindeutiges Signal an alle, die mit traditionellen Bauformen im videoafinen Desktop-Bereich unterwegs sind: Hier kommt etwas miniaturisiertes, leises, komplett anderes und es schert sich wenig um alte Anforderungsprofile. Wir werden sehen, für wen dieser neue Mac Pro Sinn machen könnte und für wen eher nicht … doch erstmal zurück zum Gehäuse.
Auf den zweiten Blick erkennt man beim Gehäusedesign des neuen Mac Pro Aspekte, die vom Vorgänger Mac Pro bekannt sind. So lässt sich der neue Mac Pro sehr gut an seine umlaufenden oberen Vertiefung tragen. Es ist quasi ein umlaufender eingearbeiteter Griff, der ja ebenfalls ein Erkennungszeichen des alten Gehäuses gewesen war - auch wenn dieses deutlich schwerer und scharfkantiger ausgefallen war.
Zum anderen lässt sich das Gehäuse des neuen Mac Pros extrem leicht öffnen und bietet schnellen Zugang zu allen (zumindest theoretisch) austauschbaren Komponenten (RAM, SSDs, GPUs und CPU). Ein kleiner Schiebeschalter an der Seite des Gehäuses muss hierfür zur Seite geschoben werden und der Aluminium Zylinder des Mac Pros lässt sich einfach nach oben abnehmen.

In der miniaturisierten Bauform sehen wir einen ersten Fingerzeig in Richtung eines weiteren, möglichen Einsatzgebiets des neues Mac Pros und dies dürfte im mobilen Einsatz liegen. Der neue Mac Pro lässt sich in einem kleinen Day-Pack Rucksack transportieren und wer vor Ort mehr Mac-basierte Rechenleistung benötigt als derzeit im Laptop-Bereich verfügbar der findet hier eine hochtransportable Option.
Ein weiteres Merkmal was beim ersten Betrieb des neuen Mac Pro sofort ins Auge (bzw. Ohr) fällt ist sein extrem leiser Betrieb. Das Lüftungskonzept mit dem zentralen Luftschacht (das uns ein wenig an den Apple Cube erinnert) sorgt in Verbindung mit dem sehr leisen Lüfter dafür, dass man sich sehr anstrengen muss, um den neun Mac Pro überhaupt zu hören: Also sehr klein und sehr leise.
Im Nonstop-Rendertest-Betrieb in unseren Büro-Räumen war ebenfalls die Wärmeentwicklung des neuen 12-Core Mac Pros bemerkenswert. Die äußere Gehäusehülle scheint integraler Bestandteil des Wärmeabfuhr Konzepts zu sein. Wer den Mac Pro konstant unter Maximum-Last fährt, kann sich über eine kleine Tischheizung freuen. In unseren winterkühlen Büroräumen vor allem morgens eine äußerst willkommene Wärmequelle - im Sommer hingegen sind wir uns nicht so sicher, ob wir die gleiche Nähe zum Mac Pro pflegen wollen. Doch dies gilt wie gesagt nur, wenn man ihn konstant am Limit betreibt.
Das Thema schnelles I/O am Mac Pro wird ausschließlich via Thunderbolt 2.0 abgehandelt und hierfür steht mit 6 Anschlüssen eine beachtliche Zahl an Thunderbolt 2 Ports zur Verfügung. Auf der CES hatte LaCie am neuen Mac Pro mit seiner Little Big Disk Transferraten von 1.375 MB/s demonstriert, was somit die theoretische Bandbreite von Thunderbolt 2.0 komplett ausnutzt und nebenbei bemerkt schnellere Transferraten bietet als die interne SSD, die wir mit ca. 950 MB/s Transferrate gemessen hatten.

Wer ausschließlich 4K ProRes Original-Footage beispielsweise von der Blackmagic Design 4K Production Cam zu bearbeiten hat, erhält mit der Thunderbolt 2.0 Anbindung mehr als ausreichende Bandbreite zur Verfügung und sollte selbst für komplexe Multicam-Anwendungen mit vielen Angles locker Reserven haben. Auch RAW Output der gleichen Kamera mit (derzeit noch geschätzten 200 MB/s - also mit leichter Komprimierung) sollte zumindest rein rechnerisch für 6 parallele Streams ausreichen - mit Overhead und etwas Spielraum für Effekte nehmen wir hier für die Praxis 3-4 parallele Streams an.
Soll 4K uncompressed Raw beispielsweise für Farbkorrekturen oder Master-Playouts als Single User System genutzt werden, reichen auch hierfür bei einfachen Operationen die Thunderbolt 2.0 Transferraten aus. Wer hingegen im SAN mit mehreren Nutzern mit 4K Raw Gradings für 90-Minüter unterwegs ist, der wird nur mit an PCIe angeschlossenem InfiniBand glücklich werden und für den dürfte der neue Mac Pro qua fehlender PCIe-Erweiterungsfähigkeit von vorne herein nicht in Frage kommen.
Wichtig bei der Nutzung von Thunderbolt für schnelle Datenübertragung ist im Hinterkopf zu haben, dass sich die 6 Thunderbolt Anschlüsse und der HDMI-Anschluss insgesamt 3 Busse teilen. Wer also optimale Datenraten erzielen möchte, sollte nicht den gleichen Bus verwenden, an dem ein Thunderbolt oder HDMI Display dranhängt (s. hierzu auch weiter unten die Grafik)

Und mit PCIe und damit auch GPUs sind wir beim wichtigen Thema Zukunftsfähigkeit des neuen Mac Pros angekommen. Leider hält sich Apple in Sachen GPU-Upgradefähigkeit recht bedeckt. Durch die auf proprietären Platinen verbauten AMD GPUs muss derzeit ein großes Fragezeichen hinter die GPU-Upgradefähigkeit gesetzt werden. Dies ist in Zeiten, in denen immer mehr Performance auf die GPU ausgelagert wird, ein schwer nachvollziehbarer Schritt. Hier hätten wir ein Bekenntnis von Apple oder eines GPU-Herstellers zur Upgradefähigkeit sehr geschätzt, zumal aktuelle Grafikkarten wie beispielsweise die AMD R290er Serie auf höhere Performancewerte hindeuten als die im Mac Pro verbauten D700 Chipsätze - so hingegen ist das Thema GPU-Austausch eine Wackelpartie. Hinter vorgehaltener Hand wird zwar gemunkelt, dass Apple für die GPU-Zukunftsfähigkeit sorgen werde - aber sich hier auf Gerüchte zu verlassen, halten wir für problematisch.
Was uns hingegen gut gefällt, und was bereits auch bei den Vorgänger Mac Pros mit Xeon Prozessoren der Fall gewesen war, ist die Möglichkeit, den Prozessor des Mac Pro zu tauschen. Dieser ist gesockelt und nicht gelötet. OWC hat bereits einen Prozessortausch erfolgreich demonstriert.

Ebenfalls neu integriert in den Mac Pro wurde ein HDMI 1.4 Port. Damit ist das Sichten von 4K Material via Final Cut Pro X an einem externen Display mit bis zu 30p möglich. An unserem HD Eizo hatten wir keine Probleme von 4K auf HD automatisch herunterskaliertes Material während der Arbeit mit Final Cut Pro X zu betrachten. Wer hingegen 50 oder 60p 4K Material nach außen leiten möchte, muss auf Thunderbolt 2.0 bzw. Display Port setzen. Mit Display Port / Thunderbolt ausgestattete 4K fähige Displays gibt es derzeit von LG (31MU95), Sharp (PN-K321), Asus (PQ321Q) u.a. Am Mac Pro lassen sich hierüber bis zu drei 4K Displays parallel betreiben, wobei zwei via Mini DisplayPort und eines via HDMI angeschlossen sein kann.
Unterm Strich muss man Apple Respekt zollen für die Miniaturisierungsleistung, die Apple mit dem neuen Mac Pro vollbracht hat. Der neue Mac Pro ist eine beeindruckende Ingenieursleistung und kaum ein anderes System dürfte derzeit soviel Performance auf solch kleinem Raum bei entsprechend minimaler Geräuschentwicklung bieten. Wer hingegen auf der Suche nach der maximalen Kosten-Leistungseffizienz und voller Ausbaufähigkeit ist, dürfte woanders glücklicher werden.
Doch welche Performance stellt der neue Mac Pro nun tatsächlich zur Verfügung?