Ein Blick auf unsere VDSLR-Bestenliste zeigt drei grundverschiedene Kameras auf den ersten drei Plätzen und dazu auch noch recht nahe beisammen: Die Sony A7S, die Panasonic GH4 und die Nikon D810. Wofür eignet sich welche DSLR, wo liegen die jeweiligen Schwächen und Stärken und welches Einsatzgebiet harmoniert am besten mit welcher Kamera?
Wir haben die letzten Monate Erfahrungen im Umgang mit den derzeitigen Top-DSLRs für Bewegtbildanwendungen machen können und wollen hier ein wenig Orientierung bieten, welche Kamera sich für welches Einsatzgebiet am besten eignet.
Panasonic GH4
Im Gegensatz zur Nikon D810 und der Sony Alpha 7S verfügt die Panasonic GH4 über keinen Fullframe-Sensor sondern über einen M43 Sensor (hier der Vergleich zu Fullframe in der Fläche). Das bedeutet zum einen weniger gestaffelte Schärfe im Raum und zum anderen einen Cropfaktor von knapp 2.
Im Vergleich zu 2/3“ Sensoren ist ein Micro-Four Third Sensor zwar immer noch ordentlich groß – dennoch bieten Fullframe-Sensoren noch einmal ein Plus an differenzierter Schärfe im Raum.
Doch möglichst hohe Schärfentiefe ist nicht immer von Vorteil. So bietet sich beispielsweise bei allen Facetten der Videoberichterstattung sei es bei Events, Messen oder anderen Zusammenhängen ein größerer Schärfebereich an, der dem Zuschauer mehr Informationen zur Verfügung stellt. Eine Schärfe, die lediglich im mm-Bereich agiert, mag bei manchen Projekten als schick empfunden werden, ist jedoch in einem Berichterstattungszusammenhang völlig fehl am Platz.
Wer trotzdem nicht das flache Videobild eines 1/3 oder 2/3 Zoll Chips haben möchte, findet in der GH4 eine Alternative, die mit ihrem M43-Sensor in einem gut handhabbarem Schärfebereich agiert.
Wer andererseits näher an einen Fullframe-Look heran will, muss in zusätzliche Ausrüstung investieren. Das Zauberwort heisst hier „Speedbooster“ und erweitert das Einsatzgebiet der GH4 unserer Meinung nach fundamental. Nicht nur erhält man mit Hilfe des Speedboosters eine deutliche Portion mehr „Film-Look“ was die Staffelung der Schärfe im Raum anbelangt: Auch lassen sich Optiken von Canon oder Nikon nutzen, womit sich das Optikrepertoire mit einem Schlag noch einmal immens erweitert. Hinzu kommen extrem hohe Lichtstärken (bsp. beim Einsatz von f1.4er Optiken = f1.0 mit Speedbooster) und darüber hinaus hält auch wieder mehr Weitwinkel in die GH4 Einzug. Mit Hilfe des Speedboosters verschiebt sich unsere Empfehlung für das Hauptseinsatzgebiet der Pansonic GH4 von den Bereichen Event, Reportage und Dokumentation hin zu Low-Budget Spielfim.
Betrachtet man alle Optionen, die sich mit der Kombination GH4 mit und ohne Speedbooster ergeben sowie die zur Verfügung stehenden Videoformate intern und extern stellt die GH4 eindeutig die flexibelste Bewegtbild-Kamera von den drei hier vorgestellten dar. Auch preislich bewegt sie sich inklusive Speedbooster nicht oberhalb von Nikon D810 oder Sony A7S.
Hinzu kommen die äußerst kompakten Maße der GH4 und eine sehr gute Ergonomie, die es u.a. auch ermöglicht, schnell zu reagieren. Wer mit der Kamera über längere Zeit arbeitet inkl. Funkstrecke oder Mikro, Stativ, Kopflicht und allem, was man sonst noch im Minimalteam zu tragen hat, wird sich über das geringe Gewicht (480 Gramm) und die sehr kompakten Maße freuen. Mit ihren fünf programmierbaren Funktionstasten (inkl. weiterer 5 Touchscreenfunktionstasten) lässt sie sich komfortabel mit Videofunktionen wie Zebraschaltung (1,2), farbigen Peaking, Histogramm, Bildstil, Fokusvergrösserung etc. schnell abrufbar belegen.
Für maximale Kontrolle bei der Arbeit mit manuellem Fokus empfehlen wir das schwenkbare Display im Schwarz/Weiß Modus zu betreiben bei aktiviertem farbigen Peaking sowie die Belegung der AF-Modus Taste mit der Ausschnittsvergrösserung. Das farbige Peaking wird in der jeweils eingestellten Farbe im vergrösserten Ausschnitt gezeigt und hebt sich sehr gut vom Schwarz/Weiß geschalteten Liveview-Display ab. Besser kann man manuelle Fokussierhilfen unserer Meinung kaum umsetzen (einzig die Aktivierung auch während der Aufnahme würden wir uns noch zusätzlich für ein kommendes Firmware-Update wünschen).
Als einzige Kamera von unseren Top-Drei DSLRs verfügt die Panasonic GH4 über interne 4K Aufzeichnung. Wer seine Bilder in HD abliefert aber in 4K aufnimmt, erhält ein extrem scharfes HD-Bild, was zum besten Bild seiner Klasse gehört. Zusätzlich lässt sich sehr einfach im Schnittprogramm nachträglich der HD-Ausschnitt ändern, falls mal wieder ein Mikro ins Bild ragt.
Und auch in der Audioabteilung ist die Panasonic GH4 gut aufgestellt. Wir haben diverse Interviews mit der G3 Funkstrecke von Sennheiser im Messeumfeld zusammen mit der Panasonic GH4 aufgenommen und waren stets mit der Audio-Qualität zufrieden. Allerdings haben wir weniger den internen Audio-Verstärker genutzt, sondern jenen der Sennheiser G3 Funkstrecke: Also den internen Verstärker-Level der Panasonic GH4 auf -12 dB belassen.
Hinzu kommt, dass H.264 Material in den letzten Jahren im Schnitt „angekommen“ ist und sich somit auch das 4K H.264 QuickTime Material der Panasonic GH4 recht problemlos in der Postproduktion verhält, sofern es sich um geradlinige Schnittprojekte ohne viel FX handelt (Ein Macbook Air 2012 mit 1.8 GHz i5 Prozessor reichte bei uns für den Schnitt von GH4 4K Material auf einer HD-Timeline völlig aus.)
Und selbst wer 10 Bit für eine anspruchsvollere Nachbearbeitung benötigt, kann via HDMI ein externer 4:2:2 10 Bit Signal aufzeichnen und das sogar in 4K, wenn es denn der externe Rekorder hergibt (bei externen 10 Bit ist allerdings keine interne Videoaufzeichnung mehr möglich).
Die GH4 ist mit diesen Aufnahmedaten und ihrer sehr guten Videofunktionalität ein echtes Kraftpaket und wer auf einen Fullframe-Sensor verzichten kann, erhält hier ein nach wie vor unglaubliches Videopaket, dass mit Hilfe eines Speedboosters sein Einsatzgebiet deutlich erweitert. Wer noch vor nicht allzu langer Zeit 10 Bit 4K für unter 1.500,- Euro prophezeit hätte, wäre als Spinner abgetan worden: Mit der Panasonic GH4 ist dies nun Realität geworden und die Grenzen der GH4 sind noch lange nicht ausgelotet …
Hier die Stärken und Schwächen der Panasonic GH4 im Vergleich zu den anderen hier vorgestellten Top-Video-DSLRs:
Panasonic GH4 PRO:
+ M43-Sensor (= speedboosterfähig)
+ internes 4K Recording (sowohl UHD als auch echtes Cine 4K)
+ externe 10 Bit 4:2:2 Ausgabe (HD und 4K)
+ viele Funktionstasten / insgesamt gute Videoergonomie
+ Peaking und Zebra
+ kompakt und leicht bei sehr guter Videoergonomie (Klappdisplay)
+ gute Objektivauswahl für das M43 Format
+ flacheres Bildprofil
+ gute Touchscreensunfktionen auch für den Videobetrieb
+ videogerechte AF-Funktion mit entsprechenden Optiken
+ 1080/50p
+ gute Batterielaufzeit bei gut dimensioniertem Akku (1860 mAh)
Panasonic GH4 CONTRA:
- M43-Sensor
- lichtschwächer als Fullframe VDSLRs
- weniger gestaffelte Schärfe als Fullframe-Sensor
- Out-Of-the-Box eher Videoanmutung - mehr Aufwand für Filmlook notwendig
Clipkanal Panasonic GH4:
°VY=hHKJ5eE7I1k