Sonys neue Kompakt-Knipse DSC-HX9V hat unter Videofilmern im Internet einen kleinen Hype ausgelöst. Denn neben echten FullHD-50p-Aufnahmen soll die Kamera auch einen besonders guten Bildstabilisator sowie einen passablen Autofokus beim Filmen bieten. Da wollten wir doch mal näher hinsehen...

Tatsächlich beherrscht die Kamera einen 1080p50 Modus mit vollen 28 Mbit/s-Datenrate. Vor drei Jahren war dies noch ein fast undenkbares Profi-Feature und erst seit diesem Jahr finden sich das entsprechende Format auch in Camcordern der niedrigeren Preissegmente. Selbst die AVCHD-Spezifikation für die Aufzeichnung mit 50 Vollbildern bei voller HD-Auflösung wurde gerade erst diesen Sommer 2011 verabschiedet. Da verwundert es natürlich schon ein bisschen, dass man nun dieses Format bereits in einem filmenden Fotoapparat finden kann, der im Netz unter bereits unter 300 Euro zu haben ist.
Konvergenz – Foto Video
Somit steht die Sony DSC-HX9V gleich für zwei aktuelle Phänomene: Erstens wachsen die Geräteklassen Fotoapparate und Camcorder noch schneller zusammen, als es in den letzten Jahren der Fall war. Und zweitens legen die Kamerahersteller ihre Produkentwicklungen für beide Linien zusammen, was diese schnelle Konvergenz weiter fördert. So finden sich in beiden Geräte oft identische Bildwandler und Signalprozessoren. Gerade bei letzteren sind die Entwicklungskosten enorm hoch, während die Fertigung eines einzelnen Chips enorm günstig ausfällt. Wer also einen Signalprozessor baut, der sowohl in Camcordern als auch in Fotoapparaten eingesetzt werden kann, spart signifikante Entwicklungskosten. In der Folge entscheidet dann letztlich nur noch das Marketing welche Funktionen in welcher Geräteklasse freigeschaltet werden.
Manuelle Einstellmöglichkeiten?
Im Fotomodus bietet die Kamera praktisch alles, was das Filmerherz begehrt. So kann man schnell zwischen Verschlusszeit und Blende hin- und herwechseln und beide Werte mit manuellen Parametern regeln. Der Weißabgleich ist frei bestimmbar und der manuelle Fokus bietet sogar eine vergrößerte Vorschau. Dazu lässt sich die Bildcharakteristik der Kamera in groben Schritten justieren. Das gilt sowohl für Farbsättigung und Schärfe als auch für den Kontrast. Dazu lassen sich noch diverse Farbmodi von satt bis blass auswählen.
Doch das führt uns auch gleich schon zum größten Pferdefuß der DSC-HX9V. Obwohl es offensichtlich im Fotomodus technisch möglich ist, gibt es im Videomodus praktisch keinerlei manuelle Kontrolle. Alle manuellen Einstellungen aus dem Fotomodus werden beim Druck auf die Movie-Taste verworfen. Auch beim direkten Filmen im speziellen Film-Modus steht nur ein Belichtungsausgleich (EV-Korrektur) sowie der Weißabgleich zur Verfügung. Alles andere wird von der Kamera fest voreingestellt. Einzig über die vordefinierten Szenen-Programme kann man die Bildcharakteristik etwas beeinflussen. Somit ist die DSC-HX9V nur als Automatik-Camcorder zu gebrauchen.
Optik-Korrektur
Bemerkenswert gegenüber klassischen Camcordern ist der extreme Weitwinkelbereich von 24mm. Da eine digitale Bildkorrektur eingesetzt wird, ist der Weitwinkel zudem extrem verzerrungsfrei. Zumindest bei den Messbildern im Labor. Bei realen Aufnahmen verändern z.b. Menschen die von rechts nach links durch Bild laufen (oder bei Schwenks) schon sichtbar ihre Proportionen. Der aktive Bildstabilisator arbeitet ebenfalls erstaunlich gut, besonders in Verbindung mit dem geboteten Weitwinkel. Allerdings fällt gerade in dieser Kombination auch erwähnte digitale Bildkorrekur besonders in Auge, da sich die Geometrien aller Objekte im Bild ständig ändern. Wenn man ein bisschen ins Bild hinenzoomt, nivelliert sich dieser Effekt immerhin schnell.
Der Custom Key kann nur drei Funktionen beherbergen (Weissabgleich, EV-Korrektur und ISO), wobei im Filmmodus nur die ersten beiden überhaupt benutzt werden können. Ein Histogramm steht dagegen optional beim Filmen zur Verfügung. Dies ist insofern bemerkenswert, da Sony diese Funktion bei Camcordern immer nur seinen teureren Modellen gönnt. Im Zusammenspiel mit der Belichtungskorrektur kann so immerhin seine Aufnahmen bequem belichten. Übrigens ist auch eine FullHD-Videoausgabe via HDMI während des Filmes ohne eingeblendete Menüs ist möglich. Ein Feature das man oft bei anderen Foto-Filmern schmerzlich vermisst. Dazu ist das Display bemerkenswert scharf ausgefallen.
Aus dem Messlabor
Ein Blick auf die Messkurve der Sony DSC-HX9V zeigt, dass die Kamera nicht schon scharf abbildet, wie gute AVCHD-Camcorder, aber immer noch besser als viele andere digitalen Foto-Apparate.
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Auch der direkte Blick auf das ISO-Chart zeigt, dass die Kamera die feinsten Details nicht mehr abbildet. Damit liegt sie im Bereich typischer Mittelklasse-Camcorder.
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Die Farbauflösung der Sony DSC-HX9V ist dagegen tadellos. Der Verlauf ist dabei sogar sauberer, als bei vielen Top-Consumer-Camcordern aus dem eigenen Hause.
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Die gemessene Verzeichnung geht sogar bei extremen Weitwinkel gegen null, was auf die integrierte, digitale Bildkorrektur zurückzuführen ist.
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Die Farben und auch Hauttöne sind für unseren Geschmack einen Tick zu warm, bei Einsteigern ist dieser Look jedoch sehr beliebt.
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Auch bei wenig Licht liefert die Sony DSC-HX9V ein gutes Bild, das sich hinter weitaus teureren Camcordern nicht zu verstecken bracht.
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Das eingebaute Mikrofon rauscht bemerkenswert wenig und beschneidet dazu die Höhen nur moderat. Auch hier konkurriert die Sony mit weitaus teureren Camcordern.
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Fazit
Die technische Ausstattung der Sony DSC-HX9V ist gemessen am Preis beeindruckend. Das scharfe Display und der gehörige Weitwinkel sind in dieser Preisklasse bei "normalen" Camcordern gar nicht zu bekommen. Auch die grundsätzliche Video-Bildqualität liegt noch über preisähnlichen AVCHD-Kameras. Allerdings muss man bei der DSC-HX9V auf praktisch sämtliche manuelle Kontrolle verzichten. Ein Firmware-Hack wie er bei Canon und Panasonic-Knipsen gelegentlich gelingt, könnte die Kamera zum Traum aller Kompaktfilmer werden lassen, die keinen großen Sensor wünschen. Allerdings ist dies unseres Wissens bei Sony bisher noch keinem Hacker gelungen.