Frage von user:Hallo,
ich hoffe hier können mir (einem Einsteiger) ein paar erfahrene Profis helfen.
Für ein Dokumentationsprojekt (es geht um Tiere auf dem Bauerhof) suche ich eine "günstige" Kamera mit der ich selbst Material erzeugen kann, dass später dann von einem Nachbearbeitungsteam zu einem Dokumentarfilm finalisiert werden kann. Der Film soll dann potentiell über Sender wie ARD/ZDF ausstrahlungsfähig sein.
Ich suche also eine relativ kleine/handliche Cam so irgendwas zwischen 1.000 - 2.000 Euro, mit der ich mit wenig Aufwand immer wieder bei interessanten Gelegenheiten "draufhalten kann".
Ich habe gelesen, dass ARD unf ZDF zukünftig auf 720p gehen. Also würde sich ja anbieten, dass man nativ für dieses Format aufnimmt. Heisst das automatisch HDV - oder ist das im Endeffekt egal (also auch AVCHD oder was auch immer).
Meine Fragen also nochmal:
1. In welchem Format sollten man aufnehmen, wenn das Ergebnis dann im Fernsehen potentiell gesendet werden soll?
2. Welche günstige Cam wäre für den Zweck am untersten Ende Eure Empfehlung?
3. Hat jemand Links (Web/Bücher) die das Thema "Dokumentarfilme für das Fernsehen erstellen" unter technischen Aspekten näher betrachten.
Schon mal vielen Dank vorab
Tim
Antwort von r.p.television:
Vorweg eine nervige Frage:
Hast Du denn eine Anfrage von ARD/ZDF für eine solche Produktion? Warum sollst ausgerechnet Du das machen? Geht es um eine Langzeitbeobachtung über Tiere, für die ein Team zu teuer wäre bzw stören würde? Das wäre nämlich der einzige vernünftige Grund, warum der Sender solches Material verarbeiten würde.
Versteh mich bitte nicht falsch, aber hier wurden in letzter Zeit so viel blauäugige Vorhaben in neuen Threads geäußert, bei denen direkte Hilfestellung zum Camcorder-Kauf eher unterlassene Hilfeleistung war.
Ich erinnere gern an den Thread "Ich will eine laaaange Kamera" etc. etc.
Im generellen gibt es schon Camcorder in dem Bereich von 1000-2000 Euro, die einigermassen gute Sendequalität (relativ gesehen) bewerkstelligen. Dies aber nur in der Hand eines erfahrenen Teams mit professionellem Zusatz-Equipment wie Stativ, externe Tonaufzeichnung, Licht etc.
Wobei der Begriff "Sendefähig" in heutigen Zeiten ein sehr dehnbarer Begriff ist. Je exklusiver der Inhalt eines Videos ist, desto weniger entscheidend ist die technische Qualität. Daher solltest Du klären, wie wichtig das von Dir aufgenommene Material für eine Produktion sein wird.
Wenn Du bei der Geburt einer zweiköpfigen Kuh zugegen bist, wird auch ein Handyvideo als sendefähig betrachtet.
Ich will keine Luftschlösser abreissen, aber zur Umsicht raten.
Antwort von WoWu:
@ Tim
Ich kann mich r.p.television da nur anschliessen.
Was das technische Format betrifft, so ist derzeit keiner der Camcorder in der Lage, die Anforderungen einer technischen Abnahme bei Broadcastern zu erfüllen.
Zwar kann man das Format 720p
50 noch relativ kostengünstig erstellen, aber bei der Abtastrate 4:2:0 hapert es schon wieder, weil die meisten (techn.) Abnahmebstimmungen dieses Abtastformat ausschliessen.
Das hat auch nachvollziehbare Gründe und betrifft sowohl HD, als auch SD, weil die entstehenden Effekte Formatunabhängig sind.
Antwort von Bernd E.:
...bei der Abtastrate 4:2:0 hapert es schon wieder, weil die meisten (techn.) Abnahmebstimmungen dieses Abtastformat ausschliessen...Das...betrifft sowohl HD, als auch SD...
Wie ist das zu verstehen? Die meisten Sender produzieren selber fleißig in 4:2:0-Formaten wie DV, DVCAM, XDCAM oder XDCAM HD - es kann doch kaum sein, dass sie hinterher ihr eigenes Material nicht abnehmen?
Antwort von handiro:
das übliche....... INHALT zählt und nix mehr! wenn der INHALT stimmt senden ARD&ZDF auch ein 240x320 pixeliges-h264-handy video!!!
also: INHALT
Antwort von Axel:
3. Hat jemand Links (Web/Bücher) die das Thema "Dokumentarfilme für das Fernsehen erstellen" unter technischen Aspekten näher betrachten.
Ja, zwar auf Englisch, aber das ist wohl für die meisten kein Problem. Einem Einsteiger die technischen Voraussetzungen der Sendetauglichkeit für ein Science-Fiction Fernsehen wie HDTV zu erläutern, bringt nichts. Es mag so sein, wie WoWu immer schreibt, dann wäre das z.Zt. günstigste Setup bestimmt irgendeine JVC HDV1 Gurke mit HD-SDI out, an die man einen Andockrecorder pappt, der in einem 4:2:2 Codec aufzeichnen kann. Oder man wartet auf die Scarlet, wobei der Kamerapreis alleine die weiters damit verbundenen Kosten verschleiert. Oder 16mm. Eine ansässige Videofirma hat als
labour of love eine
Doku in diesem Format gedreht. Hat viele Preise abgesahnt, hätte aber die enormen Produktionskosten nicht wieder reinbekommen, wenn es nicht von Anfang an ein Förderprojekt gewesen wäre.
In Slashcam-Heidis Text zum o.g. Buch heißt es:
Mach Dir keine Sorgen darüber, daß Du nicht alles weißt (das wirst Du nie), warte nicht, bis Du eine bessere Kamera hast (sie ist nur ein Tool), und mach Dir vor allem keine Sorgen darüber, daß Dein Film sch***e wird -- er wird es mit Sicherheit. Hauptsache, der nächste Film wird weniger mies als der davor, dann stimmt die Richtung.
So beginnen sinnvolle Ratschläge für Einsteiger. Man kann es auf den markigen Altvordern-Spruch zusammenfassen: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Was ebenfalls behandelt wird (siehe hierzu auch den >DV Rebel), ist die Kehrseite professioneller Filmarbeit. Die Regeln im Kopf jedes beteiligten Spezialisten lassen dem kreativen Funken kaum eine Chance. Technik hui, Inspiration pfui. Dieses Kriterium fehlt bei der Beurteilung der Sendetauglichkeit auch dort, wo es eine Doku ins Fernsehen "schafft". Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Es kann nicht um ein Abwägen von Technik vs. Inhalt gehen. Selbstredend sollte die Technik so gut wie nötig sein.
Antwort von user:
Danke für Eure warnenden Hinweise.
Das Thema hab ich mal so "ungefähr" benannt, damit man weiß in welchem Umfeld (Licht, Brennweiten, Umgebungsbedingungen) eine Kamera tauglich sein soll.
Ich interessiere mich wirklich für die Technik (und will hier keinem Profi seinen Job nehmen.) Mir ist klar, dass ein Endprodukt massive Bearbeitung und zusätzliche Aufnahmen durch Profis braucht. Aber ja, es geht z.B. um Langzeitbeobachtungen und da kann ich mir nicht immer ein Kamerateam leisten !!
Ich weiß, dass solche blöden Fragen "was ist die beste Cam" schwer zu beantworten sind. Aber vielleicht wagt ja doch jemand eine Empfehlung.
Mir würden klare Aussagen zum Format (HDV, 720p50, Kompression usw.) auch schon mal weiterhelfen. Dann suche ich eben alleine in der Cam-DB weiter.
Hier im Forum habe ich einen Link gesehen auf Arte, wo die Arbeit von Videojournmalisten vorgestellt wird. Der VJ hatte auch irgendwas "kleines" in der Hand. Wie "klein" (finanziell, nicht der Größe nach !!) darf es denn sein, damit ich nicht nach einem Jahr vom Produktionsteam höre: "Nein, ihr Material können wir auf keinen Fall gebrauchen. Hätten Sie mal auf miniDV aufgenommen..." oder so ähnlich.
Also bitte: Aussage-Mutige vor ;=)
Danke
Tim
Antwort von Blackeagle123:
Hallo,
im ZDF bekommen wir immer wieder neben den Standartformaten (DigiBeta, BetaSP, DVCpro 50 & 25 etc.) Material im DV- oder DVCam-Format. Neuerdings kommen auch sehr häufig die P2-Chips in den Einsatz.
Das DV oder DVCam-Material kommt dann von unterschiedlichen Modellen, oftmals von einer Sony Z7, da die eine gute Qualität hat und handlich für die VJ's (bzw. Mediengestalter) ist.
Wenn es nicht um Videos geht, wo der Redakteur selbst über einen langen Zeitraum hinweg gefilmt hat, oder versteckt filmen musste, dann haben wir immer zusätzlich Material in Standartformaten.
Der Redakteur oder der zweite (auszubildende) Kameramann, der mit einer kleineren Kamera filmt, ist dann nur für Schnittmaterial zuständig, wie Nahaufnahmen von Mund oder Händen in einem Interview o.ä.
Ich denke aber, die Frage war gemeint, wie das Material sein muss, wenn man eine wirklich gute und sendetaugliche Qualität haben möchte. (Auch wenn diese nie gesendet werden würde.)
Und dafür wird neben den HDV-Kameras (wie Sony Z7 oder Produkte der Canon XH-Serie) auch oft eine miniDV SD Kamera benutzt, wie Panasonic NV-MX300.
Ich würde allgemein eine HDV 3CCD Kamera empfehlen, die auf miniDV aufzeichnet. Ich würde zusätzlich auf das LowLight Verhalten und die möglichst GROßE Chipgröße (für Schärfentiefe) achten.
Hier würde ich HVR-Z7 oder den "großen Bruder" HVR-S270 empfehlen.
(Apropos, mit einem miniDV-Adapter kann jeder gute Fernsehsender in seinen DVCpro Mazen auch miniDV Material wiedergeben! Eigene miniDV-Mazen kommen aber tatsächlich seltener zum Einsatz.)
Zu mehr als 90% filmen bei Projekten ausgebildete Kameramänner mit den Profi-Geräten.
Sind dir die Preise egal, dann reden wir noch mal über Profigeräte.
Viele Grüße,
Constantin
Antwort von Bernd E.:
...Hier würde ich HVR-Z7 oder den "großen Bruder" HVR-S270 empfehlen...
Angesichts des vorgegebenen Preisrahmens dürften sich Gedanken über solche Kameras erübrigen.
Antwort von r.p.television:
In dem Preisrahmen würde ich gucken eine gebrauchte HDV wie die Sony FX1 zu bekommen. Die ist nicht ganz so fummelig, einigermaßen weitwinklig und ist auch für einen Beginner noch recht einfach zu bedienen.
Zumindest kann mit dieser Kamera auch 16:9 SD aufgenommen bzw. (besser) downgescaled ausgegeben werden. Allerdings sähe es bei 720p50 schlecht aus. Ginge nur aufwendig in der Post.
Antwort von Axel:
@r.p.television. Dem Tip mit der gebrauchten FX-1 kann der Threadstarter m.E. völlig vertrauen. Mal schauen, was zu diesem Vorschlag noch für Kommentare von anderen kommen.
Allerdings sähe es bei 720p50 schlecht aus. Ginge nur aufwendig in der Post.
Naja, sooo aufwendig nun auch wieder nicht. Außerdem möchte er die Post weitergeben.
Antwort von Blackeagle123:
Hey,
also wegen der Postproduktion würde ich mir nicht so viele Gedanken machen. Einen top Computer bekommst du heute für sehr wenig Geld. Und den kannst du dir bei deinem ersten Auftrag für ARD/ ZDF sicherlich leisten.
Du kannst von heutigen HD(V)-Kameras apropos auch in SD ausgeben, wenn es mal nicht um einen Job für ZDF geht.
Das ZDF sendet derzeit sowieso nur SD-Material aus (abgesehen von ein paar Ausnahmen, wie zukünftig die Fußball-WM o.ä.) Aber alle Kameras die im ZDF Studio zum Einsatz kommen sind noch SD, nur wenige SB-Teams haben HD(V)-Kameras.
Für 1200-2000€ würde ich daher auf eine SD-Kamera setzen, die eine gute Bildqualität liefert. Eine 3-CCD & miniDV finde ich für Deinen Preisrahmen sicherlich auch am praktischsten. Ich würde dann aber von den Canon-Produkten abraten, auch wenn diese oft hoch angepriesen werden. Ich halte sehr wenig von der Lichtintensität und LowLight-Fähigkeit. (XL1, XM1 etc.)
Viele Grüße,
Constantin
Antwort von Chezus:
Man kann HD Material sehr gut down convertieren.
Wichtig ist, dass das Ausgangsmaterial gut ist und bei HD ist es nunmal (meist) besser da man viel mehr am Bild justieren kann.
Ich würd eine gute HD(V) cam kaufen und mit der arbeiten. Macht oft mehr Spaß.
Antwort von user:
Danke für Eure Rückmeldungen. Vielleicht gibt es ja noch weitere Sachkundige, die das Thema aus der Praxis kennen. Inbesondere wie es bei der ARD (und den Regionalprogrammen) ist.
"Die" Antwort scheint es wie so oft nicht zu geben. Aber zumindest scheint mein Anfangsverdacht (HDV) sich zu bestätigen.
Ein qualitativ hochwertiges Downscaling von HDV/720p50 auf SD scheint mir nachvollziehbarer/machbarer als ein Upscaling
von einer guten miniDV-SD Cam. Aber vielleicht irre ich hier ?! LCD-Fernseher können das wohl teilweise auch sehr anständig hinbekommen, wird ein Profi in der Post ja dann auch schaffen ?
Tim
Antwort von nachtspion:
Ich habe vor ca. 3 Wochen einen Beitrag bei arte gesehen, der zum Teil mit der Sanyo Xacti gemacht worden ist. Meist waren das Interviews.
Content ist King, wie hier schon bemerkt worden ist.
Das Argument mit den 4:2:0 Sampling kann ich auch nicht nachvollziehen (das es schlecht Sendetauglich ist), hat nicht die PD170 auch nur 4:2:0 und wird desöfteren als Sendetauglich angepriesen.
Das ist der einzige Wermutstropfen in diesem Forum. Ich bin mir manchmal nicht sicher ob hier wirklich so viele Profis schreiben, oder einfach nur Leute, mit hohem technischen Verständniss aber Null Bezug zur Realität.
Antwort von Blackeagle123:
Hey,
das meiste Material wird im Avid-Schnittstudio sowieso in DV 25 411 eingeladen. Nur dann nicht, wenn es um Bluescreen-keying geht, dann digitalisiere ich in DV50.
Ist ja logisch, dass man dann besser freistellen kann.
Meiner Meinung nach hat aber 4:1:1 oder 4:2:0 mit der Sendetauglichkeit wenig zu tun. Ich spreche hier von PAL-Auflösungen (also SD) - mag sein, dass sich das alles ganz anders bei HD/ HDV verhält.
Viele Grüße,
Constantin
Antwort von deti:
zum Bild http://www.dwdl.de/images/1240215222.jpg
Deti