Was kann passieren?
Ein Schnittprogramm muss immer eine Interpretation des Datenstroms vornehmen. Und es arbeitet selber auch in einem Farbraum, den es dazu auf der Programmoberfläche anzeigen muss. Kommt nun ein Datenstrom ins Programm, der als Rec709 gekennzeichnet ist und arbeitet das Schnittprogramm im RGB-Farbraum dann muss es das Signal strecken. Es streckt also die Werte vor der Anzeige (und bei der Berechnung von Effekten): Der Bereich von 16...235 wird auf einen Bereich von 0...255 aufgeblasen. Werte die in der Aufzeichnung außerhalb des Bereichs von 16...235 lagen fallen dabei gnadenlos weg. Gab es hier noch Zeichnung in den Lichtern oder Details in den Schatten, so werden diese durch die Umwandlung bei der Darstellung einfach abgeschnitten.
Umgekehrt kann in einem Programm (oft auch unter verschiedenen Punkten!) eingestellt werden, diese Umwandlung nicht vorzunehmen, weshalb man in unserem Beispiel bei einer normgerechten REC709-Aufzeichnung dann ein flaches Bild mit zu hellen Schwarz-Tönen und zu dunklen Weißtönen sehen würde.
Die großen Probleme entstehen jedoch durch das Mischen von verschiedenen Clips und Materialien (z.B. Titel oder Standbilder) und die vielen Schnittstellen in einer Wiedergabe-Kette. Denn moderne Videoschnittprogramme arbeiten oft auch schon in der Timeline mit einem Rec709-Wertebereich von 16...235. Gleichzeitig verlässt man sich bei der Wiedergabe im Vorschau-Fenster auf Routinen vom Betriebssystem die das Videosignal in ein Fester einbetten. Und diese Routinen setzen wiederum oft auf die beschleunigte Wiedergabe durch die GPU der Grafikkarte. So durchläuft ein Clip meistens von der Festplatte zur Wiedergabe im Vorschaufenster mindestens 3 Schnittstellen, die alle das Signal richtig interpretieren müssen und es auch teilweise aufblasen und dann wieder an der nächsten Schnittstelle eindampfen. Und die Schalter für die richtige Interpretation des Signals sind nicht an einer einheitlichen Stelle zu finden.
Die Monitorvorschau kann man meistens in der Grafikkarten-Treibern einstellen, jedoch muss man dort erst einmal wissen, ob das Schnittprogramm per DirectX, OpenGL oder anderen Direct Stream-Schnittstellen auf das Vorschaufenster zugreift. Mit einer dezidierten Vorschaukarte kann man zwar einen Teil dieser Probleme umgehen, jedoch muss man auch hierfür wissen in welchem Format die Timeline selbst arbeitet. Und erst wenn man dies weiß, kann man mit Gewissheit den Codec für den Export einstellen. Und das natürlich auch erst, wenn man weiß für welche Wiedergabegeräte man exportieren will. Was vielleicht dann wieder die berechtigte Frage aufwirft, in welchem Wertebereich man überhaupt bei Youtube hochladen sollte...
Wie ihr seht, lässt sich dies alles nur dann wirklich korrekt handhaben, wenn man selber versteht, was im Programm bei der Videobearbeitung vor sich geht. Und aus diesem Grund wollen wir diesem Artikel einen Praxis-Artikel folgen lassen, der einmal konkret zeigt, wie und wo der Videopegel in einem Workflow beeinflusst werden kann. Aber dafür brauchen wir noch etwas mehr Zeit...