Aktuelles DSLR Cinema. Crafting the Film Look with Large Sensor Video Cameras

DSLR Cinema. Crafting the Film Look with Large Sensor Video Cameras

Über die Arbeit mit filmenden Fotoapparaten gibt es viel zu sagen und zu fragen, und folglich auch das ein oder andere Buch. Wir haben uns mal eines herausgepickt, um zu sehen, was dort so geboten wird. Und stellen fest: der Fokus liegt auf dem wow-Faktor dieser Kameras, während die Schärfentiefe auf der Informationsebene eher gering ausfällt...

// 14:29 Mo, 24. Jun 2013von
BildKurt Lancaster

DSLR Cinema. Crafting the Film Look with Large Sensor Video Cameras


Verlag: Focal Press


brochiert - 294 Seiten


Sprache: Englisch


Erschienen: Januar 2013 -- 2. Ausgabe


ISBN: 9780240823737


Preis: 30,50 Euro




Bei diesem Buch sticht zunächst das Cover ins Auge, denn dies schmückt ein Still aus Vincent Laforets "Reverie". Das sieht ziemlich cheesy aus, ist aber in doppelter Hinsicht passend, war es doch jener an einem kurzem Wochenende zusammengehauener Clip, der den Hype ums DSLR-Filmmaking einläutete. Er zeigte zwar an sich keine Bilder, die man nicht schon vorher gesehen hätte, haute einen auch nicht direkt filmisch um -- war ja auch eher ein Showcase in hastig übergeworfenem Filmgewand --, doch die Tatsache, daß diese so filmisch wirkenden Bilder aus einer FOTOkamera kamen, die sich darüberhinaus mit etwas Mühe jeder leisten konnte, versetzte die Videowelt zu recht in Aufruhr.



Aus unserer Sicht bieten Video-DSLRs dabei im Grunde nichts Neues, außer in einer entscheidenden Hinsicht: das Schöne ist deutlich günstiger und einfacher zu haben als zuvor. Man bekommt viel Gestaltungsfreiheit (zB. gestaffelte Schärfe) und Lichtstärke, sodaß mit weniger Budget beeindruckende, visuelle Ergebnisse erzielt werden können. So zu tun jedoch, als würde hier der Film neu erfunden, ist ein wenig übertrieben.



Ein bißchen anders sieht es jedoch gern die eingefleischte HDSLR-Szene, aus dessen Umfeld auch der Autor stammt, und damit wären wir beim zweiten Grund, weshalb das Traumpaar aus Reverie ganz gut aufs Cover passt. "DSLR Cinema" liest sich ein bißchen wie die Bibel einer überzeugten Filmer-Gemeinde und besteht zu einem Drittel aus Case Studies, "Master DSLR Shooters at work". Dort werden entsprechende Filmprojekte und deren Macher vorgestellt, zum Teil durchaus auch lehrreich, teils jedoch mit nur mäßigem Informationsgehalt, sondern gefühlt mehr mit dem Fokus zu zeigen, was man alles Tolles mit einer DSLR machen kann.



Während wir eigentlich erwartet hätten, daß in dem Buch erstmal darauf eingegangen wird, was die Besonderheiten sind, wenn man mit Fotoapparaten Filme drehen will, welches die Vor- und Nachteile sind und wie man letztere umgeht, konzentriert sich das Buch meistenteils darauf zu vermitteln, wie man aus seiner DSLR Bewegtbilder rausholt, die irgendwie nach Kino aussehen, und vermeidet dabei möglichst jegliche Seitenblicke -- außer die von oben herab auf den tatsächlich ja nicht gerade augenschmeichelnden Videolook. Das Buch atmet Distinktionsgewinn -- "think like a cinematographer, not like a videographer".



Nach einem kurzen Abriß der "HDSLR Cinema Revolution", in dem die wichtigsten und eigentlich allseits bekannten Stationen referiert werden, folgen 7 Kapitel, in denen es ums Filmen mit der DSLR geht, bzw. ums Filmen allgemein mit einer DSLR im speziellen. Denn zunächst geht es um Bildkomposition, das Auflösen einer Szene (bzw. was im englischen Blocking genannt wird, denn es geht nur um die Plazierung der Kamera und der Schauspieler) sowie Kamerabewegungen, danach um die Ausleuchtung, bevor es dann einigermaßen DSLR-spezifisch wird in den Kapiteln Belichtung, Bildprofile und Audio. Sie stellen sozusagen das Herzstück des Buchs dar, aber kratzen eigentlich auch nur an der Oberfläche -- wenig wird tatsächlich erklärt, vieles nur angeschnitten, gerne mit einem Zitat eines Gurus wie Shane Hurlbut, Philip Bloom oä. Im Bildprofile-Kapitel sucht man nicht nur eine Erklärung einer Gamma-Kurve vergebens, sondern sogar den Begriff, was eine 8-bit Limitierung oder ein Farbraum sein könnte, bleibt unerwähnt.



Danach folgen ein paar Postproduktionstipps sowie ein Kapitel über Storyentwicklung bevor es in die Case Studies geht; abgerundet wird das ganze mit einigen exemplarischen Zusammenstellungen von Zubehör, die wie wir finden leider nicht den dringend benötigten Durchblick im Zubehör-Dschungel bieten. Wir fragen uns ein bißchen, wer eigentlich genau die Zielgruppe des Buchs sein soll, denn wer seit Jahren bereits Video dreht (oder Film), findet in vielen Kapiteln kaum neues. Wer allerdings völlig neu im Bewegtbildbereich ist, dem sollten wiederum die hier gebotenen Informationen nicht ausreichen, weil manche Grundlagen fehlen (wie etwa Einstellungsgrößen) oder nicht ganz umfassend und verständlich vermittelt werden (aus dem Lichtkapitel zB. wird ein Einsteiger aufgrund des zusammengewürfelten Bildmaterials vermutlich nicht wirklich schlau).



Laut Autor sollen all jene angesprochen werden, die ab jetzt "cinematisch" drehen wollen, wobei der Untertitel "Crafting the film look with large sensor cameras" impliziert, daß auch andere Kameras mit großen Sensoren, wie etwa die Canon C300 oder Sony FS100 (beide ja schon länger verfügbar) zur Sprache kommen. Das tun sie auch -- allerdings nur in einem Satz, der lautet, daß sie teuer sind, während sich jedermann das Drehen mit DSLRs leisten könne... Der Gerechtigkeit halber soll aber in diesem Zusammenhang erwähnt werden, daß die erste Ausgabe in 2010 erschien, als es tatsächlich noch keine Alternativen gab, und diese zweite Ausgabe wurde nicht grundlegend überarbeitet sondern nur ergänzt. Hinzugekommen sind ein paar neue Software-Workflow Beispiele, Infos zum Technicolor Picture style, neue Case Study Beispiele und die Zubehör-Tipps wurden aktualisiert.



Einige der Nachteile der DSLRs in Punkto Filmerei, bespielsweise was die Ergonomie betrifft, werden übrigens doch noch angesprochen: auf Seite 249 im Zubehörkapitel (denn zum Glück gibt es ja käufliche Abhilfe!), während Auflösungsprobleme (in 2010 definitiv noch ein Thema) lediglich im Appendix Erwähnung finden. Eine weitgehend unkritische Einstellung zum gewählten Tool zieht sich durch das gesamte Buch. Banding ist natürlich kein Problem (sondern wenn überhaupt sichtbar Teil des Looks), Aliasing ist auch kein Problem (wenn man manche Motive vermeidet), Rolling Shutter sieht man nur nur bei schnellen Schwenks (und wann macht man die schon), und Auflösungsschwächen sehen eh nur Pixelpeeper in Testbildern. Im Index taucht kein einziger potentieller Problempunkt auf, dafür 21 Einträge zu Philip Bloom.






Fazit: Wer die einschlägigen Blogs im Netz verfolgt (hat), bekommt eine Zusammenfassung und Übersicht aber wenig neues; wer den DSLR-Hype verpaßt hat, kann sich hier seine Portion Begeisterung zum Einstieg abholen. Wer fundiertes Hintergrundwissen sucht oder eine Abneigung gegen Gurus haben sollte, greife zu einem anderen Buch.


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