Netflix hat es geschafft -- was vor gut zwanzig Jahren mit dem Versand von DVDs über das Internet begann, hat sich zu einem Streaming-Giganten, gar zur weltweiten Anlaufstelle für Film&Serien-Junkies entwickelt; etwa 15% der gesamt verbrauchten Internet-Bandbreite soll allein auf Netflix-Streams zurückgehen. Derzeit abonnieren knapp 140 Millionen in ca. 190 Ländern den Dienst, aber auch wer nicht aktiv mitschaut, kennt Netflix.
Klare Netflix Botschaft: We´re open for business
Das Flatrate-Streamen ist jedoch nur die eine Seite von Netflix. Seit 2011 wird auch eigener Content produziert oder exklusiv eingekauft -- teilweise sehr erfolgreich. So waren die Serien "Orange Is the New Black" und "House of Cards" solche "Netflix Originals", und aktuell hatten sie sogar mit Alfonso Cuaróns "Roma" einen Anwärter auf den Oscar für den besten Film in Rennen. Als erster Streaming-Service ist Netflix seit kurzem Mitglied der Motion Picture Association of America (MPAA).
Dabei gibt sich der neue, große Player der Filmindustrie ganz als Rebell, der eine stagnierende Branche umkrempeln möchte, und an allen Ecken versucht, althergebrachte Abläufe zu hinterfragen und Regeln umzuschreiben, sowohl bei der Distribution als auch bei der Produktion. Und da das Unternehmen global agiert wie kaum ein zweites auf diesem Gebiet, öffnen sich plötzlich ungeahnte Chancen auch für kleinere Filmemacher, und zwar weltweit.

Es ist also kein Wunder, wenn eine der bestbesuchten Berlinale Talents Veranstaltungen sich um die Frage drehte, was Netflix aufstrebenden Filmern und Produzenten bieten kann Sweet Streams: What´s Next on Netflix for Filmmakers -- vor einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal hielt der Gesandte eine Art Audienz. Tendo Nagenda, seit vier Monaten Vice President of Original Film, also der Filmsparte, schien gekommen zu sein, um eine simple und verlockende Botschaft an die Filmer-Community zu senden. Sie lautet wortwörtlich: We´re open for business. Netflix habe, so Nagenda, einen großen Appetit, Filme zu machen, und sei auch bereit, Risiken einzugehen, was man von den klassischen Filmstudios nicht mehr behaupten könne.
Tatsächlich sei Netflix aus seiner Sicht derzeit eine Plattform für Experimente, auch wenn sich während der Veranstaltung schnell herauskristallisiert, welche Art Projekte für sie besonders interessant sind. Spannend sind beispielsweise Genre-Mixes, also Filme und Serien, die nicht in eine der üblichen Schubladen passen (man könnte wohl auch sagen, die ein möglichst breites Publium abdecken). Themen, die das Publikum anregen, ein bißchen brisant sind oder auch kontrovers, werden gern gesehen, und auch eine eigene, klar erkennbare Erzählhaltung oder "distinct point of view" sei von Vorteil. Perfekt sei natürlich eine originelle Idee, die gleichzeitig zeitlos ist, unterhaltsam und/oder "award-worthy" umgesetzt -- na, wenn´s denn sonst nichts ist...

Einige klassische Filmausschnitte illustrieren seine Vorstellung davon, welche Art Filme er gerne realisieren würde. Zunächst der erste Indiana Jones Film, "Raiders of the lost Arc" -- unterhaltsame Action, sehr erfolgreich. Dann "Matrix", eine Wahl, die wohl für sich spricht. Das dritte Beispiel, "The Network" aus dem Jahre 1976, habe als Satire rund um einen fiktionalen TV-Sender zwar ein sehr spezielles Thema, aber dies sei sehr hochwertig umgesetzt. Spike Lees "Do the Right Thing" wurde zu seiner Zeit kontrovers aufgenommen und verweist außerdem auf einen weiteren, wichtigen Punkt, der mit Netflix globalem Reach zu tun hat: der Film spielt auf einer Straße in Brooklyn, fand aber weltweit ein großes Publikum.