Frage von stefanhuberfilms:Hallo Zusammen,
wie ihr schon dem Titel entnehmen könnt, suchen wir den Einstieg in die TV-Doku-Branche. Vom Genre her sind wir offen für alles.
Von der Position her würde Kamera/beleuchtender Kameramann am besten passen. Falls Umwege nötig sind um diese Position zu erreichen werden diese auch gerne in Kauf genommen. Auch könnten wir uns vorstellen Dokumentationen mit kleineren Budgets komplett abzuwickeln - jedenfalls die Kamera und Schnittseite, sowie Teile der Planung.
aber wie? Es wird wohl eher nicht passieren dass morgen ServusTV oder der ZDF bei uns anruft und fragt ob wir Bock haben eine Doku für sie zu drehen.
Was sind da eure Erfahrungen? Wie fandet ihr den Einstieg?
Muss man dazu wirklich einen TV-Producer als Kollegen/Freund haben um da einsteigen zu können?
Danke im Vorhinein!
Antwort von Drushba:
Ich fürchte, Ihr zäumt das Pferd von hinten auf. Wenn ein dokumentarischer Beitrag für einen Sendeplatz entwickelt werden soll, dann gibt es zunächst mal Recherchen und dramaturgisch ausgearbeitete Konzeptpapiere. Das ist der benötigte Hauptskill und nicht die Kamera. Aber auch wenn man das journalistische bzw. redaktionelle Handwerk beherrscht und selbst versucht Themen vorzuschlagen, sind neun von zehn mühsam erarbeitete Exposés für die Tonne, verbranntes Geld, denn Sender haben meist eine andere interne Roadmap, wo das Herzensthema nicht reinpasst und zudem massenhaft Vorschläge von Externen auf dem Tisch. Darunter sind auch garantiert ein oder zwei Themen, welche denen ähneln, die man selbst einreicht.
Ein TV-Producer weiß meist besser, was gerade gewünscht wird, denn sein Job ist es, das Gras wachsen zu hören und Kontakte zu pflegen. Redakteure halten meist Kontakt zu einer handvoll Producern und lassen diese wissen, was sie sich wünschen. So ein Producer kann daher viel Frust sparen und ist sein Geld wert. Wenn der Sender dann am recherchierten und dramaturgisch aufbereiteten Thema irgendwann Interesse zeigt, folgt ein Exposé oder Buch auf eigene Kosten, welches im Glücksfall abgenommen wird, dann erst folgt der Auftrag selbst.
Wenn es zum Dreh kommt, wird auf der Grundlage des vereinbarten Budgets ein EB-Team geheuert oder ein vom Sender präferierter Kameramann angesprochen, seltener macht man die Kamera selbst (wobei natürlich auch dies vorkommen kann).
Alternative: Einen narrativ und visuell ansprechenden Dokfilm über ein Thema drehen, welches einem selbst am Herzen liegt (aber auch hier sollte man zumindest ein paar einschlägige Development-Kurse besucht haben, um nicht komplett im Nebel zu stochern). Dann den Film auf Festivals einreichen und sich dadurch einen Namen machen. Hier verdient man meist kein Geld, aber es macht deutlich mehr Spass;-)
Antwort von Pianist:
wie ihr schon dem Titel entnehmen könnt, suchen wir den Einstieg in die TV-Doku-Branche. Vom Genre her sind wir offen für alles. Von der Position her würde Kamera/beleuchtender Kameramann am besten passen.
Ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht ganz, wer mit "wir" gemeint ist. Einerseits klingt die Anfrage so wie von einer Produktionsfirma, die komplette Filme abliefern möchte, andererseits nach zwei oder drei Kameraleuten, die Arbeit suchen.
Was sind da eure Erfahrungen? Wie fandet ihr den Einstieg?
Ach, das ist über 20 Jahre her... Und seit über zehn Jahren habe ich nichts mehr fürs Fernsehen gemacht, weil ich mit Aufträgen von Kunden außerhalb der Medienbranche vollständig ausgelastet bin. Warum also sollte ich mir sowas antun?
Matthias
Antwort von Jott:
Da hat er recht. Was ich bisher von euch gesehen habe, war visuell so gut, dass ihr außerhalb von TV besser punkten könnt.
Antwort von stefanhuberfilms:
Drushba, vorab - danke für deine informativen Antworten, das hat jetzt schon einiges für uns aufgeklärt.
Hab ich mir schon gedacht dass das einreichen von Ideen und Konzepten wahrscheinlich fürn Hugo ist...
Was haben die Redakteure mit dem Producer zu tun? das ist mir jetzt noch nicht ganz klar - Warum lassen Redakteure den Producer wissen, was sie sich wünschen?
Eben da, wo es zum Dreh kommt, da würd ich dann gern ins Spiel kommen, wie wird man Teil des Teams, das für einen Sender arbeitet?
Zur Alternative: Daran hätte ich auch schon gedacht, werd ich auf jedenfall mal im Hinterkopf behalten.
Antwort von stefanhuberfilms:
@Pianist: Sorry für die Verwirrung - ich spreche von meiner Frau und mir, da wir die meisten Jobs gemeinsam planen/drehen.
Antwort von stefanhuberfilms:
Da hat er recht. Was ich bisher von euch gesehen habe, war visuell so gut, dass ihr außerhalb von TV besser punkten könnt.
Danke Jott! Ihr würdet uns also eher raten im Bereich von Unternehmen & Co. zu bleiben? Leider kommt man dabei nicht wirklich raus aus dem eigenen Land - gerade das reizt doch auch am Doku drehen...
Antwort von Jott:
Wieso denn? Fast jeder Mittelständler ist heute ein Global Player. Im Industriebereich drehe ich jedes Jahr in zehn bis zwanzig Ländern. Je mehr Sprachen du sprichst, desto mehr Türen stehen offen.
Antwort von stefanhuberfilms:
glaub ich dir - um aber nochmal auf den Dokubereich zurückzukommen, es ist ja auch das drehen der Doku's das Spaß macht. ITV's und dazupassende Footage drehen, schöne Momente einfangen....
Antwort von didah:
Da hat er recht. Was ich bisher von euch gesehen habe, war visuell so gut, dass ihr außerhalb von TV besser punkten könnt.
Danke Jott! Ihr würdet uns also eher raten im Bereich von Unternehmen & Co. zu bleiben? Leider kommt man dabei nicht wirklich raus aus dem eigenen Land - gerade das reizt doch auch am Doku drehen...
herumkommen wollen ist natürlich was feines :) also ich kann dir aus eigener erfahrung sgen, wennst fürs fernsehn was machst (in meinem falls wars als kameramann und cutter für reportagen, mit vielen "anpassungen der realität ans script" - verkauft wirds trotzdem als doku), dann hast von dem "weg von daheim sein" nichts. so ein auslandsdreh kostet, früh aufstehn, drehn bis irgendwann in der nacht und dann sofort nach abschluss der dreharbeiten wieder ins flugzeug.
7 drehs für 4 filme in 6 tagen taiwan, 3 der filme spielten in taipeh und wir hatten nichtmal zeit, dass wir auf den taipeh 101 rauf fahrn um nen establisher zu drehn ;) eines von vielen beispielen....
selber machen! thema finden, sich durch den förderungsjungel kämpfen und hoffen, dass nach ein paar jahren blood, sweat and beers was vernünftiges rauskommt :) damit dann zu festivals, preis abräumen - die nächste förderung fürn nächsten film wird leichter durchgehn und höher ausfallen... kein leichter weg, aber wird immer wieder (auch erfolgreich) begangen...
cheers
Antwort von Bergspetzl:
am besten hilft abspänne schauen. da steht drinne wer die filme macht. jeder sender hat heute starke verflechtungen zu produktionsfirmen und im fernsehen ist 95% auftragsarbeit zu sehen. der sender koordiniert das nur noch. also am besten produktionsfirma in deiner nähe ausfindig machen, da den fuss reinbekommen, dann erfahrung sammeln übers "geschäft". der markt ist so unter druck dass du a.) she rviel leisten musst für sehr wenig geld, und b.) sehr aufpassen musst das du dir keinen ausrutscher erlaubst, da sonst ende gelände, vom ruf her. also besser nicht hals über kopf sondern langsam zusammenwachsen. bei kunden ist es nicht ganz so tragisch, die haben oft keine referenzen zum vergleich und es gibt mehr (potentielle). Mit sendern so eine sache.
die kunst bei dokus und reportagen ist eben diese sehnsüchte zu wecken, und es so erscheinen zu lassen, als würde die zeit nur so fließen und alles wäre entspannt. leider ist es genau das gegenteil, nirgends wirds so undankbar am anschlag gearbeitet wie in diesem bereich. das 101 Beispiel trifft es ganz gut: brauchen wir das unbedingt, nein, dann weg. mit der zeit wird es egal ob du hier oder da drehst, es riecht und schmeckt anders, aber davon haben wirst du wenig bis nichts...
Produktionsfirmen wie
http://www.megaherz.org/ sind programmacher, weil es heutzutage eine industrie ist. der einsame autorenfilmer ist sozusagen ausgestorben. dieses privileg gibt es nur durch reputation, und da ist der weg über festivals wahrscheinlich der realistischere (denke zudem wieviele leute, die eine kamera halten können, ständig bei sendern vorstellig werden, weil sie denken sie können jetzt auch fernsehen machen. die arbeiten gerne mit ihren bewährten partnern. zudem vorsicht mit ideen pitchen, die sind schnell umgeschrieben und werden dann von wem anders produziert.).
ganz zum reinschnuppern kannst du ja mal hier reinschauen, dass ist ja bei dir in der gegend:
http://www.tiroltv.at/jobs/ da kannst du geschichten anfangen zu suchen, mit relativ viel freiheit umsetzen und erste reele fernsehluft schnuppern. die regionalen sind oft ein guter einstieg weil man da erstmal den bodensatz kennen lernt. kaum ein servus, br oder orf wird dich von null weg nehmen, eben es sei den du bist festival dekoriert... ;)
Antwort von Zedt:
Hallo Stefan, hallo Kollegen,
also meine bescheidene Erfahrung kurz zusammengefasst: Die Dinge die von mir im Fernsehen gelaufen sind, immerhin 5 völlig frei produzierte Filme mit quasi keiner Förderung, hab ich gemacht, weil ich sie machen wollte. Dann war das Glück, dass ich dafür jeweils einen Redakteur begeistern konnte - von Geld sprechen wir an dieser Stelle besser überhaupt nicht ;-)
Aber man bekommt dann schon einen Ruf und etabliert sich und es öffnet sich dadurch die eine oder andere Tür, aber auch das darf man nicht überschätzen.
Die andere Geschichte, welche Produktionsfirmen erhalten die Produktionsaufträge. Das sind einerseits oft jahrzehntealte Kooperationen und meinem Eindruck nach meist an Leute, die vorher beim Sender waren, sich daraus selbständig gemacht haben - aber eben mit den wertvollen Kontakten zu den Sendern.
Von null auf scheint mir das nahezu unmöglich - daher wie oben schon gesagt Filme produzieren, die man am Liebsten selber sehen möchte, dann finden sich auch Festival und vielleicht ein Vertrieb und Redakteur. Kamera und Schnitt sind da eigentlich sekundär, solange das Produktionsniveau passt, Content ist King, welche Interviewpartner bekomme ich, dann wird's für den Sender interessant…meine 7 Cents :-)
Wennst mal in OÖ bist, komm' einfach vorbei in Traun :-)
Schöne Grüße,
Markus KM
Antwort von stefanhuberfilms:
Danke an alle für die vielen Kommentare! Muss ich mir alles nochmal durch den Kopf gehen lassen - klingt in der Tat alles recht undankbar, ich werd vorerst bei den Industriekunden bleiben, auch hier bietet sich hier und da an Produktionen im doku-style zu machen, wenn das Thema passt.
Bis jetzt hatte ich ja nur einmal im TV-Dokubereich zu tun, und das war als Cutter für eine Doku die dann auf Sky UK gesendet wurde - stressig wars auf jeden fall, aber wenn sich die Gelegenheit nochmal bietet würd ich Sie wieder annehmen, denk ich.
Antwort von stefanhuberfilms:
weils der Teufel so will arbeite ich jetzt bis 2016 an einer Doku als DOP! 80min Doku die im Kino released wird und dann auf DVD vertrieben wird, ausgestrahlt wird das ganze in IBK in den Regionalkinos... 20 Drehtage.
Antwort von handiro:
Na also gratuliere. Und Du wirst auch eher etwas dabei verdienen als wenn Du alles selber machst, so wie ich und andere hier oben schon gesagt haben.
Alleine die jahrelange Recherche für meinen letzten langen Dok hat mir niemand bezahlt.
Antwort von stefanhuberfilms:
ja eben, ist zwar keine high budget doc, aber mit der Masse der 20 Tage gehts dann auch wieder :) und ich muss "nur" schöne bilder machen :)
kann leider keine scrrengrabs uploaden :/