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1 Wie würden Sie die Ästhetik Ihres Films beschreiben?
Eine Art Docu-Drama-Ästhetik.
2 Warum entschieden Sie sich, diesen Film auf DV zu drehen?
Zunächst einmal ist es unmöglich für junge chinesische
Filmemacher Förderung vom Staat zu bekommen, wenn man einen Nicht-Propaganda Film drehen möchte. Zum anderen möchte ich auch nicht viel Zeit darauf verschwenden, durch komplizierte internationale Fördersysteme
zu gehen - zumal es hier auch keine Erfolgsgarantie gibt. Ich ziehe es vor, ein Projekt mit einer groben Skizze, statt mit einem ausgearbeiteten Drehbuch zu beginnen, weil beim aktuellen Dreh und in der
Postproduktion so viel verändert werden kann, dass im Nachhinein ein komplett anderes Drehbuch entsteht. Dieses Arbeiten macht eine Förderung nicht gerade einfacher. Die geringen Kosten von DV und desssen besondere
Tugenden im Filmbereich erlaubten es mir, mein Projekt schnell zu beenden, ohne Kompromisse und finanziellen Druck
3 Was war besonders daran, auf DV zu drehen (verglichen z.B. mit
16 oder 35mm)? War es für Sie das erste Mal, oder kannten Sie das Format schon?
Ich habe 1997 als Student an der Universität von Sydney angefangen
mit einer Sony VX 1000 zu arbeiten - zur gleichen Zeit kaufte ich mir eine Pinnacle DV300 DV-Karte und habe einen PC
für nonlinearen Schnitt konfiguriert. Über die Jahre habe ich viel Wissen angesammelt, angefangen mit Premiere 4.2 in 1997 und einem 586er Computer bis zum heutigen Tag, wo ich recht vertraut im Umgang mit anderer High-End Schnitt- und Compositing Software wie digital fusion/maya fusion, combustion, commotion pro, und after effects bin auf einem sehr viel leistungsstärkeren PC.
Ich entwickle mich selbst weiter zusammen mit der weltweiten
digitalen Revolution im Filmbereich. Mit dem Erscheinen von digitalem Video und der digitalen Revolution habe ich das Gefühl, das eine neue weltweite Bewegung eingesetzt hat. Sie ist genauso bedeutend wie die
Erfindung des Films in Frankreich vor 100 Jahren. Sie wird auf jeden Fall die Normen und die Grammatik der etablierten 35mm Filmproduktion in Frage stellen. DV stellt Fragen an die Filmkritik, die Produzenten, die
Festivalleitungen und an das Publikum. Was ist DV? Können wir unsere vertrauten 35mm Standards heranziehen, um DV-Arbeiten adequat zu beurteilen? Wenn wir das tun, beschneiden wir DV und degradieren es zu einer
billigen 16 oder 35mm Alternative, anstatt seine einzigartigen Tugenden im kreativen Filmprozess zu nutzen. Dies würde DV in eine tödliche Sackgasse führen, denn ganz gleich wie gut die Filmauflösung beu DV ist, sie
hält keinen Vergleich zu 35mm stand. Aber eine geringe Auflösung ist ganz und gar nicht der Fehler von DV, Auflösung ist lediglich ein Wert von vielen bei der Beurteilung von kreativer Arbeit.
All dies vorausgesetzt, habe ich ohne zu zögern DV gewählt, um
„Shanghai Panic“ zu filmen. Ich entschloß mich DV zu meinem Werkzeug zu machen. Das Ergebnis mag riskant sein, weil der so geschaffene Film sich gegen jede 35mm-Regel stellt. Aber unter diesen Umständen, wenn man
mir 1 Mio Dollar geben würde, würde ich immer noch DV wählen, um „Shanghai Panic“ zu drehen.
Zunächst einmal wollte ich Shanghais Realität und Chinas einzigartig
geschwisterlose Großstadtgeneration potraitieren, die während Chinas dramatischster Veränderung großgezogen wurde - eine Generation, die ein Nebenprodukt von Chinas "Ein-Kind-pro-Familie-Politik" ist, eine
Generation, die mit Problemen konfrontiert ist, die frühere Generationen nicht kannten. Ich entschloß mich, mit Lainschauspielern zu arbeiten, die Teil dieser Generation sind. Wenn ich diese Schauspieler in ein
normales 35mm-Set gestellt hätte, mit dem riesigen Apparat drum herum, wären sie nervös geworden und es wäre unmöglich gewesen zu spielen. Mit DV konnte ich selbst Kameramann von "Shanghai Panic"
sein. Ich konnte die Kamera aufgrund ihrer geringen Größe ständig dabei haben - egal wo ich mich gerade mit den Schauspielern aufhielt und sie konnten sich an die Kamera gewöhnen. über die Zeit wurden wir Freunde,
sie sahen in mir einen Bruder und die Kamera wurde ein Teil meines Körpers. Beim eigentlichen Dreh, wann immer die Schauspieler mit mir sprechen wollten, sprachen sie mit der Kamera. Wann immer ich sie trösten
wollte, kam ich ihnen nahe, benutzte meine Kamera, um sie zu umarmen, mit ihnen zu weinen und Schatten auf ihren Gesichtern zu hinterlassen -
da meine Kamera für meine Person steht, fühle ich mich selbst auch als Schauspieler. Da der Produktionsprozess so persönlich ist und so sehr von den aktuellen Situation geleitet wird, weiss selbst ich manchmal nicht was die nächste Einstellung ist, wann ich die Kamera heben nd welchen Ausschnitt ich nehmen soll. Während des zwei-wöchigen Drehs bin ich die ganze Zeit "bereit", um auch die nicht geplanten Einstellungen und Geschichten mitzunehmen. Bis zum Ende wissen wir nicht, ob wir einen Film drehen, oder unsere eigenen Geschichten erzählen, denn wir haben viel geweint und es gab viel Traurigkeit um uns. Diese Art des Filmemachens ist nicht wiederholbar. Wenn ich die gleiche Crew hätte, die gleiche Geschichte, diegleiche ocation, wenn ich wieder auf DV drehen würde: es wäre eine andere Geschichte.
Auf DV zu drehen anstatt auf 35mm gibt mir die Möglichkeit an echten
Orten zu drehen und nicht in Kulissen. Weil die DV-Kamera so unauffällig ist, glauben die Leute, wir sind eine Gruppe von Hobby-Filmern - sie nehmen uns nicht ernst und sie sehen auch nicht nervös aus, sondern sind
sie selbst vor der Kamera. Die Schauspieler in echten Settings agieren zu lassen, ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern vermittelt dem Publikum einen Eindruck vom echten Shanghai, das hier gezeigt werden
sollte. Es gibt bereits zu viele gefakte Shanghai-Bilder von falschen Chinesischen Regisseuren, die genug Kohle haben, den ganzen Tag im Kaffee zu sitzen, von ihrer artistischen Eleganz schwafeln und auf ihre armen
DV-Kollegen herabblicken.
Auf DV zu drehen spart viel Geld in der Postproduktion. Ich habe
"Shanghhai Panic" auf meinem 1000 Dollar Computer geschnitten. In einem Wort: DV erlaubt es mir "Shanghai Panic" selbst zu finishen: Eine Ein-Mann-Band. Mit DV können Filmemacher das erste Mal
auf sich selbst vertrauen, um einen Film zu Ende zu bringen - wie Schriftsteller. Eine künstlerische Idee kann so weder verhindert, noch durch andere Hände zu einem Kompromiss gemildert werden.
4 Welche Kamera und Schnittsoftware haben Sie verwendet?
Sony PDF-150P
5 Welches Drehverhältnis hatte der Film?
20:1
6 Hätten Sie im nacherein vielleicht doch lieber ein anderes
Format gewählt?
Nein
7 Da Sie schon auf DV drehen - würden Sie auch andere
Distributionsmöglichkeiten als die heute etablierten in Betracht ziehen? Wenn ja, welche?
Nein, an Distribution habe ich nicht gedacht, als ich "Shanghai
Panic" gemacht habe. Wir haben noch keinen Verleih gefunden.
8 Ein gutes Wort (oder zwei) über DV:
Ökonomisch, Freiheit
9 Ein schlechtes Wort (oder zwei) über DV:
keins
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