So, wie
im Parallelthread versprochen, teile ich hier mal meine ZR-Konfiguration. Die hat sich aus genau zwei Monaten Nutzung der ZR, 15 fertiggestellten Kurz-(Event-) Videos sowie Mitlesen in ZR-spezifischen Facebookgruppen ergeben, wobei ich immer die Konfiguration weiterhin optimiere.
Wegen der sparsamen Bedienelemente und der sowohl Menü-, als auch Joystick-zentrischen Bedienung (da diverse Kamerafunktionen, wie z.B. Codec- und Framerate-Wechsel, ausschließlich im Menü eingestellt werden und nicht auf Knöpfe/Shortcuts gelegt werden können, und wegen des großen Monitors ein Steuerkreuz fehlt), ist IMHO das Arbeiten mit selbstdefinierten Presets bzw. User-Modes (U1, U2, U3, U4) Pflicht, neben dem [allerdings nur begrenzt möglichen] Tweaken der 4 Funktionsknöpfe (3,2,1 + Rec an der Gehäusevorderseite), des Quick-Menü sowie des "MY MENU" innerhalb des Kamera-Hauptmenüs.
MY MENU
= das frei definierbare "Favorites"-Menü innerhalb des Kamerahauptmenüs, und das einzige nutzerdefinierbare Menü der Kamera, in das sich alle Menüpunkte legen lassen.
1. Eintrag:
Der oberste Eintrag in diesem Menü ist wichtig, weil man ihn auf einen Funktionsknopf legen kann. Damit kann man Nikons Begrenzung der Funktionsknopf-Belegung auf nur relativ wenige ausgewählte Funktionen umgehen. Ich habe mit den Menüpunkt "g15 - 3D LUT" (aus dem Bleistift-Untermenü "CUSTOM SETTINGS") hierhin gelegt, weil ich mit False Color- und anderen Belichtungshilfe-LUTs drehe und nur so Umschalten zwischen LUTs möglich ist, ohne in die tiefste Tiefe des Konfigurationsmenüs zu gehen. Dazu korrespondierend ist mein Funktionsknopf 1 mit der Funktion "Access top item in MY MENU" belegt. Dadurch kommt man neben der LUT-Umschaltung mit dem Joystick relativ schnell auch in die sonstigen Einträge des MY MENU.
2. Eintrag:
"Shutter speed lock", in allen Video-Usermodes per Standard auf "ON". Ansonsten verstellt man sich durch versehentliches Drehen am hinteren Einstellrad die Verschlusszeit. Es gibt bei der ZR (und auch bei anderen Nikon-Kameras) leider keine Möglichkeit, sich die beiden Einstellräder anders zu konfigurieren - wenn man mit dem vorderen Rad die Blende einstellt, liegt auf dem hinteren automatisch die Verschlusszeit; andere Parameter wie z.B. ISO lassen sich leider nicht auf das hintere Rad legen.
3. Eintrag:
"Non-CPU lens data". Hier speichert man die Brennweiten adaptierter/vollmanueller Objektive, die mit der Kamera nicht elektronisch kommunizieren; wichtig fürs richtige Funktionieren des IBIS. In diesem Menü kann man Presets (wie z.B. 35mm, 50mm, 85mm) anlegen und später schnell abrufen/umschalten.
4. Eintrag:
"Format Memory Card" - um diese Funktion vor jedem neuen Dreh zur Hand zu haben, ohne in die Tiefe des Menüs gehen zu müssen.
5. Eintrag:
"Manage User Setting" - zum Abspeichern aktualisierter/getweakter Parameter für die U1/U2/U3/U4-Presets.
User modes
Meine Empfehlung: U1, U2, U3 für die am häufigst genutzten Videoeinstellungen, z.B.: RED RAW NE 6K Full Frame 25p auf U1, RED RAW NE 4K APS-C 120p auf U2, Nikon NRAW base quality 4K APS-C 25p auf U3, und dann U4 als flexibel-temporäre Bank, in der man die spezifischere Grundeinstellung des gerade laufenden Drehprojekts speichert.
Achtung: Nikon erlaubt keine Trennung der Belichtungsmodi bei Video vs. Foto. Wenn also U1 in der Foto-Einstellung auf Aperture Priority steht (mit Verschlussautomatik), "erbt" U1 bei der Umschaltung auf Video diese Einstellung und kann nicht unabhängig auf vollmanuelle Belichtung ("M") gesetzt werden.
Umgehung dieses Problems (wenn man die ZR auch als Fotokamera nutzt und z.B. auf U1 im Foto-Schnappschuss-Modus auf Aperture Priority gesetzt hat): RED RAW NE schaltet, im Gegensatz zu allen anderen Video-Codecs der Kamera, immer automatisch in vollmanuelle Belichtung ("M"), erlaubt also Unabhängigkeit von den Foto-Usermodes. Daher habe ich zwei RED RAW NE-Konfigurationen (einmal mit, einmal ohne APS-C-Crop) auf U1 und U2, und eine speicherplatzsparendere Nikon NRAW-Konfiguration auf U3, der ein vollmanueller ("M") Stills-Fotomodus auf U3 korrespondiert.
Wenn man auch regelmäßig in klassischen Videocodecs dreht (Empfehlung: entweder h265 direkt in Rec709, mit eingebackenen Farben, oder ProRes HQ in Nikon N-Log - wobei alle debayerten Codecs der Kamera Auflösungsschwächen haben), sollte man die sich auf einen User-Mode, wie z.B. U3, legen. Die Codec-Umschaltung geht, wie gesagt, nur über das Kameramenü (-> MENU -> VIDEO RECORDING MENU -> Video file type), und ist außerdem fehlerträchtig, weil mit dem Codecwechsel auch automatisch die Framerate, SDR/HDR-Einstellung und Codec-Qualitätseinstellung gewechselt wird, und zwar auf den zuletzt genutzten Wert beim Umschalt-Codec. So kann es passieren, dass man z.B. durch einen einfachen Codec-Wechsel von ProRes HQ nach h265 versehentlich/ungewollt von 25p Log auf 30p Rec709 umschaltet. Konsequente Verwendung der U1/U2/U3/U4-Presets empfiehlt sich auch deshalb.
Hier ein "Breakdown" meines am häufigsten genutzten Video-Modus U1:
- Codec: R3D NE, 6K Full Frame, ISO 6400 (von mir in 90% aller Fälle genutzt, Umschaltung auf die niedrigere Base-ISO 800 geht schnell und einfach über Touchscreen-Antappsen der ISO-Overlay-Anzeige unten rechts), 23.98p, Shutter 1/50, WB auf Default 4500K
- Weitere U1-Einstellungen, im "VIDEO RECORDING MENU":
Video flicker reduction: Auto
High frequencty flicker reduction: Off (kreiert zuviel Umständlichkeit bei Veränderung der Verschlusszeit)
- Fokus-Mode: AF-S. Eigentlich ist "AF-F" ("fulltime AF") die Standardeinstellung für Video, und die sollte man auch nehmen, wenn man z.B. Interviews im Studio aufzeichnet. Ich hatte aber, zumindest bei Lowlight-Aufnahmen, zuviel Aufnahmen mit versehentlich hin- und herfahrendem AF und weniger Ausschuss mit AF-S als Standardeinstellung + AF-F als optionale Umschalteinstellung. Dafür habe ich mir den Menüeintrag "Focus mode/AF-area mode" auf den vorderen "Rec-" Knopf (bzw. vierten Funktionsknopf) gelegt. Das ist IMHO sowieso sinnvoll, wenn man z.B. von 3D-Tracking-AF auf Zone-AF umschalten will. - Achtung, Falle: "AF-C" ist, im Gegensatz zu anderen Marken (Sony, Panasonic) KEIN konstanter Video-AF, sondern ein reiner Foto-AF mit Motivverfolgung.
- AF-Area Mode: 3D Tracking. In 99% aller Fälle der Modus der Wahl. Funktioniert übrigens auch bei AF-S und MF, dann natürlich nicht konstant bzw. nicht mit automatisch nachgezogenem Fokus. (Letzteres ist ein ziemliches Killer-Feature von Nikon.)
- Subject detection: Auto
- Product Review Mode: Off - WICHTIG, dieses Feature ist ab Werk so konfiguriert, dass man das Display ausklappt, die Kamera dieses Vlogger/YouTuber-Feature automatisch aktiviert!!
- MF Subject detection area: All
- Vibration Reduction: SPT (Sport) - WICHTIG: das ist in meiner Erfahrung der beste IBIS-Mode für Video-Aufnahme. Im Gegensatz zu den "Sport"-Modi anderer Hersteller croppt er
nicht ins Bild und beinhaltet
keine elektronische Stabilisierung (und funktioniert deshalb auch bei Video-Raw-Aufnahme). Der "Normal"-Modus ist für Fotografie optimiert und ab Werk eingestellt, aber für Videoaufnahmen mit bewegter Kamera schlechter!
- 32bit float audio recording: ON. Funktioniert derzeit allerdings nur mit dem internen Mikro-Eingang und Nikons eigenen Hotshoe-Mikrofonen, nicht mit TEACs XLR-Adapter.
Relevant für U1/U2/U3/U4-Presets sind außerdem noch die Einstellungen im Video-Konfigurationsmenü "g" innerhalb des "CUSTOM SETTINGS MENU" (Bleistift-Icon).
- g1:
i-Menu: WICHTIG/Falle - es gibt auch eine i-Menu-Konfiguration im Foto-Konfigurationmenü "f". Die wirkt sich aber
nicht auf den Video-Modus aus. Wenn man das Custom Setting Menu von a nach g durchläuft, ist das eine potentielle Stolperfalle.
Meine Konfiguration der 11 belegbaren Felder:
[1] Frame size/frame rate
[2] WB
[3] Choose Non-CPU Lens Number
[4] Focus Peaking
[5] AF-area moe/subj. detection
[6] AF/MF
[7] Shooting Mode Options
[8] Vibration Reduction
[9] Custom Controls
[10] ISO
[11] Headphone Volume
g2: Custom controls (= Belegung der Kamera-Funktionsknöpfe)
Fn1: Access top item in MY MENU [Erklärung s.o.]
Fn2: AF-ON
Fn3: DISP
Zoom Control: Zoom
Command Dials: M: Av | Tv [Blendensteuerung über vorderes Rad]
OK Button: RESET/Select center focus point (focus point zurück auf Bildmitte bei Eindrücken des Joysticks)
Rec Button: Rec
Rec Button front: Focus mode/AF-area mode (wie weiter oben erklärt)
Achtung: Änderungen mit "DONE" bestätigen, sonst vergisst die Kamera sie.
- g3: Customize touch controls:
Touch AF options: Touch AF (fokussieren durch Tap auf das Motiv)
- Control lock: Shuter speed lock "ON" (Erklärung siehe weiter oben)
- Limit AF-area mode selection: Geschmackssache, bei mir alles deaktiviert außer Single-point AF, Wide-area AF (L) und Subject-tracking AF
- AF-Speed: -3, mit der Option "ONLY WHEN RECORDING" (beide Einstellungen Geschmackssache)
- AF tracking sensiutive: 4 (Standardwert)
- Power/HiRes-Zoom-Einstellungen ignoriert, da irrelevant für Raw-Aufnahme
- Extended-shutter speeds (S/M): ON - WICHTIG! Das ist ein interessantes Feature von Nikon-Kameras. Es erlaubt u.a. langsamere Verschlusszeiten als die Framerate, z.B. 1/10 Shutter bei 24p (à la Christopher Doyle/Wong Kar Wai). Dieses Feature funktioniert aber nur mit Verschlusszeit, nicht mit Shutter Angle. Man sollte bei der ZR aber auch aus den folgenden Gründen Shutter Angle lieber
nicht verwenden:
- Shutter mode: Shutter speed. - Warum nicht Shutter Angle? Nicht nur wegen der 'extended shutter speeds', sondern auch, weil die ZR Bugs bei den Verschlusswinkeln hat. Z.B. wird bei 180 Grad Shutter Angle und 23.98p eine Verschlusszeit von 1/50 statt 1/48 eingestellt. Die Verschlusswinkel-Einstellung ist daher nicht vertrauenswürdig.
- View Assist: On. Die eingebaute Rec709-LUT für R3D NE/RED Log3G10 ist allerdings eher eine Katastrophe, weil sie Spitzlichter und Schatten früher clippt als der Sensor. Wenn man eine reine Vorschau-LUT braucht, sollte man die kostenlose 3rd Party-
"Pastel Neutral"-LUT verwenden, die den vom Sensor erfassten Dynamikumfang vollständig wiedergibt und nicht künstlich clippt. Noch besser finde ich die Unterbelichtungs-/Überbelichtungs-LUT für die ZR/RED RAW NE von Cinema Tools (teil des kostenpflichtigen $20-Pakets, in dem auch eine False Color-LUT enthalten ist), die ein 'normales' Bild erzeugt, aber geclippte Schatten und Highlights farbig markiert. Achtung: Bei aktiviertem View Assist/LUT und R3D NE-Aufnahme steht kein focus peaking mehr zur Verfügung. Eine Einschränkung der Kamera, hoffentlich in zukünftiger Firmware behebbar.
- 3D LUT: On. Nur in diesem Menüpunkt kann man LUTs auswählen/umschalten, von der Speicherkarte importieren etc. Neben den Belichtungs-LUTs von Cinema Tools habe ich momentan die folgenden kostenlosen bzw. Open Source-LUTs installiert: Pastel Neutral (s.o.),
False Color von Kasukanra (siehe Posting weiter oben),
EL Zone False Colors für die Nikon ZR, implementiert die False Color-Codierung von Ed Lachman.
- Zebra Pattern: Man kann drei Zebras konfigurieren - für Schatten, Mitteltöne und Spitzlichter - aber nur eines der drei verwenden (bzw. die drei Zebras werden nicht zugleich angezeigt). Die Zebras messen leider nur die Display-Helligkeit und funktionieren daher nicht wirklich gut für Raw/Log, es sei denn, man dreht 'graue Suppe' ohne View Assist und tweakt die Zebra-Empfindlichkeit so, dass sie beim höchsten Helligkeitswert anspringen. Trotzdem sind sie unzuverlässig. Im Zweifelsfall nur ein Mittelgrau- oder Hautton-Mittelwertzebra konfigurieren, was bei den meisten LUTs ungefähr bei Wert 115 liegt.
- Grid Type: Geschmacks-/Szenariosache, bei mir 4:3
- Brightness information display: hier lässt sich zwischen Waveform Monitor (WFM) und Histogram (HIST) umschalten. Beide sind klein, fitzelig, und decken bei RED RAW NE nicht den vollen Wertebereich ab. Habe trotzdem WFM aktiviert.
- Custom Monitor Shooting display: Geschmackssache, habe eine Konfiguration mit WFM und eine ohne, und den Rest deaktiviert
- Red frame indicator: ON - WICHTIG, empfehlenswert, da der Auslöseknopf der ZR nicht besonders empfindlich ist und deshalb oft nicht auslöst, wenn man denkt, ihn ausgelöst zu haben.
Ebenfalls wichtig bzw. eine potentielle Stolperfalle: Die allgemeine Umschaltung des Sensorcrops von FF auf APS-C (bzw. in Nikons Jargon: FX auf DX) wirkt sich
nicht auf Video aus. Der Sensorcrop für Video lässt sich
nur in dem Menüpunkt "Frame size/frame rate" einstellen.
Alle o.g. Parameter werden in den U1/U2...-Modes abgespeichert. Wichtig: Im Untermenü von "Manage User Settings" die Option "Keep changes" deaktivieren, da sonst alle temporären Konfigurationsänderungen, die man bei der Kamerabedienung macht, automatisch gespeichert werden, was beim nächsten Einschalten der Kamera zu bösen Überraschungen führen kann. Meine Empfehlung, wie schon geschrieben: U4 als temporären Modus nutzen und dessen Konfiguration im laufenden Betrieb regelmäßig sichern.
Fürs Speichern der gesamten Kamerakonfiguration: Kameramenü -> SETUP MENU -> Save/Load menu settings -> Save menu settings. Die komplette Kamerakonfiguration wird da in eine Datei auf die Speicherkarte geschrieben. (Allerdings auch wieder gelöscht, sobald man die Karte formatiert. Daher die datei am besten direkt nach dem Sichern auf einen Computer oder ein Mobiltelefon kopieren.)
Netzwerk-/Wireless-Einstellungen lasse ich hier komplett links liegen, da sie nur für Stills-Fotografie relevant sind. Nikon hat derzeit keine wirklich brauchbaren Remote-Apps für Videoaufnahme.