Frage von ksr:Hallo zusammen,
mein neuer Kurzfilm "Die Richtige" ist fertig und online!
Story:
Während ihre Freundin Fiona sehr skeptisch ist, läßt sich die draufgängerische Alexis abenteuerlustig auf ein Blinddate mit einem jungen Mann ein, bei dem sie als Erkennungszeichen ein rotes T-Shirt tragen soll. Doch am Treffpunkt mit der Spiegelsäule erwartet sie eine Überraschung...
Wurde im August 2012 in Stuttgart und Tübingen mit einer Canon 600D gedreht, mit KIT-Objektiv (18-55mm/3,5-5,6f) und adaptiertem Nikkor 50mm/1,4f, Ton geangelt mit externem Zoom H2; nach eigenem Drehbuch und mit eigens komponierter Musik.
Viel Spaß!
ksr
Antwort von hannibalekta:
Hi,
Glückwünsch zum fertigen Kurzfilm! Ich hatte auch mal eine Kurzfilmidee, wo so ein Psycho mit ner Kamera eine Rolle spielt :)
Hier mal einige Kritikpunkte:
- Vorspann 1 Minute. Viel zu lang. 20 Sekunden müssen reichen für ein Webvideo. Dann wartet man auf eine erste catchy Einstellung und es kommt eine Zeitlupe aus Weiß. Ich finde, das nimmt total die Spannung. Warum startest du den Film nicht mit dem Foto von ihr, das man am Ende sieht? Der Zuschauer weiß doch noch nicht, worum es geht? Irgendetwas, das Spannung und Fragen, eine Lücke erzeugt. muss her
- der Dialog am Anfang ist völlig sinnlos. Er illustriert, dass die Schauspielerinnen keine professionellen Schauspielerinnen sind aber das ist sicher nicht der Sinn. Die detaillierte Anreise will auch keiner sehen. Kill your babies (und kill your Schärfenverlagerung)!
- Erzähl die Geschichte mit Bildern: Sie wie sie eine Zeitungsannonce sieht und ausschneidet. Vielleicht sieht man die Bedingung "rotes Kleid" in der Anzeige (besser ist es, für diese Bedingung keinen Text zu nehmen). Ein Bahnhof, ein Zug fährt ein. Sie steigt aus. Sie hat ein rotes Kleid an. Das sind 3 Einstellungen, die die gesamten ersten 7 Minuten erzählen und den Zuschauer herausfordern, seinen eigenen Kopf zu benutzen, statt deinem mittelmäßigen Dialog zuzuhören (das ist nicht böse gemeint, ich kann es auch nicht besser, es geht nur um die Erkenntnis, das der Zuschauer die Geschichte macht, aus den Bildern, und nicht der Dialog. Ich empfehle: "Die Kunst der Filmregie" von David Mamet. Ein herausragend simples Buch.) Versuche, das Minimum an Einstellungen für das Maximum an Informationen zu finden. So z.B. für die Tatsache: "Er fotografiert ganz viele Frauen ist Rot". Das wissen wir. Wir ahnen es schon beim ersten Foto. Wir wissen es, sobald wir nur 2 andere Fotos sehen. Wir brauchen keine 6 Einstellungen, um uns über die Situation, die etwaige Charakteraustattung des Typen (und leider auch das Ende des Films) im klaren zu sein, wir sind ja nicht blöd. Und wenn wir doch blöd sind und falsch mit unserer Sicherheit liegen, dann fühlen wir uns von dir als Regisseur verzaubert, weil du uns an der Nase herum geführt hast. Wenn du uns allerdings nur zeigst, was wir schon wissen, dann fühlen wir uns unterfordert und für dumm verkauft.
- es dauert 7 (!) Minuten, bis das Spannungsmoment (er mit der Kamera) kommt und dann ist der Film auch schon vorbei. Du könntest jetzt argumentieren, dass das der Wendepunkt der Story ist und nicht das erste Spannungsmoment - aber so ist es leider nicht, finde ich. Es kommt vorher keine Spannung auf.
- hier auch die Frage: was ist die "Moral von der Geschicht"? Was ist die Aussage? Die Tatsache, dass da ein Psycho sitzt, der Fotos von Tanten im roten Chemisett macht, ist jetzt noch nichts so Aufregendes. Wo ist der Kniff? Was macht er mit den Fotos, das den Zuschauer staunen lässt? Was macht er mit den Fotos, das die Protagonistin in eine Knifflige Lage bringt? Warum macht er die Fotos überhaupt? Wo und wie können die beiden aufeinander prallen?
Das sind Fragen, die ab Minute 1 beantwortet werden könnten, nach 20 Sekunden vorspann, 35 Sekunden Einleitung der "Blind-Date"-Situation (s. die 3 Einstellungen oben) und 2,5 Sekunden Einstellung vom Foto und 2,5 SekundenEinstellung vom Fotografen/Studio (um's jetzt mal plakativ zu formulieren, du kannst natürlich auch 1,5 Sekunden das Foto zeigen oder garnicht).
Antwort von ksr:
Hallo,
erstmal vielen Dank, dass Du Dich so ausführlich mit meinem Film beschäftigt hast!
Du hast sicher in einigem recht, v.a. ist der Dialog nicht optimal (ja, gute Dialoge sind einfach richtig schwierig zu schreiben, keine Frage) und der Vorspann ist zu lang.
Auch ich will den Zuschauer ganz sicher nicht unterfordern, da sind wir uns auch einig - aber gerade deshalb will ich nicht mit dem Foto anfangen, da hätte ich doch Bedenken, dass da zu viele schon bald in die richtige Richtung denken.
Ich finde, dass der Anfang auch so Spannung aufbaut, auch wenn er nicht auf einen Schlag reinhaut - aber man muss sich natürlich darauf einlassen. Mit einem Werbeclip etwa, der einen sofort in den Bann ziehen
muss, will ich aber auch gar nicht konkurrieren.
Meine Idee war, einen Film mit ganz unterschiedlichen Teilen zu machen - der Dialog passt auf eine gewisse Art ja gar nicht rein, er ist inhaltlich und formal so unspektakulär alltäglich im Vergleich zum Rest, v.a. zum Ende - und trotzdem ist es am Ende
eine Geschichte! Das fand ich u.a. reizvoll, auch wie sie sich alles Mögliche ausmalen (was es dann letztendlich nicht ist...!), aber ist natürlich Geschmackssache; etwas kürzer hätte er wahrscheinlich immer noch ausfallen dürfen (obwohl er im Schnitt auch noch gekürzt wurde... ;)
Eine Zeitungsannonce zu nehmen, wäre mir zu unpassend/altmodisch gewesen bei jungen Leuten.
Ich sehe es in der Tat so, dass das Auftauchen der Kamera der Wendepunkt ist. Und es ist im Rahmen der Premiere bei einem kleinen Filmfestival letzten Freitag auch so wahrgenommen worden.
Warum der Typ die Fotos macht? Da soll die Fantasie der Zuschauer aktiv werden... Klar, kann man streiten, ob ich es mir da zu leicht mache, aber die Musik suggeriert ja, dass wir es gar nicht unbedingt mit einem so schlimmen Psychopathen zu tun haben, der Typ könnte letztlich auch recht harmlos sein, auch wenn er zugegeben ein mehr als seltsames Hobby hat... Und in seine Welt gleiten wir am Ende langsam hinein.
Mamets "Kunst der Filmregie" hab ich übrigens gelesen! Sehr interessantes Buch, auch wenn ich nicht allem zustimmen kann.
Antwort von Angry_C:
Also ich finde, der Film passt schon "fast".
Wie schon geschrieben, der Vorspann ist etwas lang.
Der Dialog zwischen den Freundinnen ist meiner Meinung nach sinnvoll, um zumindest eine Beziehung zu der Person aufbauen zu können. Man malt sich ja aus, was alles passieren könnte. Vielleicht auch etwas kürzer gestalten.
Die Anreise ist auch etwas langatmig.
Ich hätte die Anreise immer mal unterbrochen mit Bildern, wie es überhaupt zu diesem Treffen kam. Kurze Chat-Einblendungen, kurze Visionen der Darstellerin zum Treffen (Alles schön, alles romantisch), um hinterher die Keule zu bekommen.
Als aller erstes dachte ich, der Typ vertickt die Blind Dates:-)
Antwort von ksr:
Danke!
"Verticken" ist auch ne coole Idee ;)
Ich hatte übrigens tatsächlich mal daran gedacht, ein paar Chateinblendungen, Mails o.ä. zu bringen! Also, wie bestimmte Texte, Fragmente der Kommunikation, am Monitor erscheinen. War mir dann aber letztendlich zu aufwendig, das auch noch zu schreiben und zu drehen (so, dass es auch wirklich cool aussieht), da der Film nur eine kleine Zwischenarbeit (vor nem großen Projekt nächstes Jahr) sein und dieses Jahr noch abgeschlossen werden sollte. Daher aber die Pixel-Schriftart bei den Titeln, als Reminiszenz an die vorhergegangene digitale Kommunikation!
Antwort von Auf Achse:
Die Pixelschrift fand ich sehr gut gemacht, leider ist sie ein bisserl schwer zu lesen. Das macht den Vorspann noch mühsamer und länger.
Den Dialog der Mädels fand ich auch etwas lang. Da hätten mehr verschiedene Einstellungswechsel zB Schuß - Gegenschuß, mal eine Totale usw. sicher geholfen. Die Kadrierung war teilweise sehr schlecht!
Was mir beim Dialog gefallen hat waren die Emotionen der Mädels als sie zu phantasieren beginnen was nicht alles passieren könnte. Das hat den langatmigen Dialog belebt und darüber hinweggeholfen daß sie keine Profi - Schauspielerinnen sind.
Der Ton verändert sich bei TC 4:00 und 4:15 sehr stark, das läßt sich vielleicht noch reparieren.
Die lange Unschärfe am Anfang ist mir vieeel zu lang.
Die Story an sich find ich gut, allerdings mit oben schon beschriebenen Änderungen fänd ich sie noch besser, kürzer und mehr Bildsprache. Vielleicht läßt sich manches durch mehr Bildsprache erzählen ohne den Dialog ganz zu kübeln. Vielleicht ein Kompromiß?
Die Musik ist WIRKLICH GUT und sehr passend!!!
Alles in allem erinnert mich dein Kurzfilm an alte Tatort und Derrick Folgen aus den 70ern, ich mein das nicht negativ. Da hat man sich für alles noch viel mehr Zeit gelassen. Heute sind in der selben Zeit schon 23 Morde passiert ;-)
Auf Achse
Antwort von ksr:
Danke!
Ja, bei der Toncharakteristikänderung war irgendwie die Angel nicht dicht genug dran oder der Pegel zu niedrig, weiß nicht genau - hab's aber in der Post leider nicht wirklich verbessern können.
Was gewisse Sachen aus den 70ern (auch international) angeht: Die hatte ich hierbei zwar nicht vor Augen, aber der Stil gefällt mir grundsätzlich auch gut! Vielleicht hat sich das unbewußt ausgewirkt :)
Was ich bei der Gelegenheit empfehlen kann: "The house of the devil" von Ti West. Retro-Horrorfilm, geniale Hommage an die legendären 70/80er-Streifen. Es passiert ewig nichts - trotzdem oder gerade deshalb?! - megaspannend! Funktioniert ähnlich wie "The Innkeepers", auch von Ti West. (Von V/H/S, da ist zumindest eine Episode von ihm, kann ich dageen nur abraten...)