Mein durchaus unpersönliches "Problem" mit dem von mir kritisierten Textteil "Motivation und Relevanz" ist, dass er ohne Mühe, wie alkali schrieb, als aufgeblasenes Geschwätz entlarvt werden kann. Dass eine Art von, sagen wir, Selbstentfremdung stattfindet, leugne ich nicht. Ich sehe die Gesellschaft (meinetwegen unsere des 21. Jahrhunderts, aber in 1911 war das nicht besser, nur anders) als einen der Hauptfaktoren für diese Sache. Die Seele des Einzelnen - und hinter der ist Mephisto her - geht durch Vergesellschaftung verloren. Weswegen irgendein soziologischer Ansatz - "gesellschaftliche Relevanz" - selbst Teil jedes Problems ist, das er behandelt.
UntitledMovieProject hat geschrieben:Ein besonders spannender Ansatzpunkt dabei war für uns die Trennung zwischen Körper und Geist in der Selbstwahrnehmung und der Versuch körperliche Begrenzungen zu überwinden und das Subjekt nur noch in einem medialen Sinne zu verstehen. Das dadurch schwindende Körpergefühl bei betroffenen Personen ist ein spannender Aspekt in Zeiten der digitalen Kommunikation und des post-schriftlichen Technobildes.
Und gerade
weil ich diesen Ansatzpunkt selbst spannend finde, achte ich darauf, wie darüber gesprochen und geschrieben wird. Ich bin mitten in diesem Spannungsverhältnis und kämpfe leidenschaftlich darum, mein Leben zu erhalten (Körpergefühl und überhaupt echte Gefühle, zwischenmenschliche Bedeutung wertschätzen, Fremdeinwirkung bekämpfen). Wenn
das jetzt aufgeblasen klingt, geschenkt. Zumindest hat es mit Nihilismus nichts zu tun.
Das Treatment ist m.E. besser als die Intentionsaussage. Es ist eine mit sehr suggestiblen Mitteln arbeitende und dabei trotzdem surreale Filmerzählung. Filme, die auf hochgestochenen Essays basieren, sind immer schlecht. Gute Filme handeln von Emotionen und nicht ihrer Bewertung. Wenn sie etwas erklären, überwiegt die Faszination für das Medium, sonst wird es langweiliger Kappes. Medienschelte im Medium Film ist zum Scheitern verdammt.
Damit ihr jetzt nicht weiterhin eingeschnappt seid, hier ein Schmankerl. Ich erinnerte mich in diesem Zusammenhang einer anderen Motivations- und Relevanzbeschreibung, und ich habe es mal rasch ergoogelt:
"Kann dieser Film der Tatsachenberichte dazu beitragen, wie eine mahnend und warnend erhobene Hand auf die unbekannte, lauernde Gefahr hinzuweisen, auf die chronische Gefahr, die im ständigen Vorhandensein krankhaft veranlagter oder kriminell belasteter Menschen als gewissermaßen latenter Brandherd unseres Daseins,- besonders aber das Dasein der Hilflosesten unter uns, der Kinder, - bedroht, und kann der Film ferner dazu beitragen, vielleicht sogar dieser Gefahr vorzubeugen, so hat er damit seine beste Aufgabe erfüllt und aus der Quintessenz der ihm zusammengetragenen Tatsachen die logischste Folgerung gezogen"
Der von seinem Regisseur, der sich später vor Scham wand ob dieses Bullshits, so beschriebene Film ist
M - eine Stadt sucht einen Mörder, auch heute noch ein sehr geiler Thriller. Er hat filmische Metaphern darin nicht
benutzt, er hat sie erfunden. Pures Kino.
Tatsächlich wird in
Faust, - so ungefähr die Bibel eines Germanisten, - euer Thema
auch behandelt. Sprache, Dramaturgie und "Intention" überlagern sich in diesem Werk in so unendlich vielen Ebenen, dass man nie damit aufhören kann, es weiter zu analysieren und interpretieren. Allein das Füllhorn an
hierin erfundenen Metaphern ist beeindruckend. Die Frage
Wer oder was ist Mephisto? führt einen auf philosophische Welt- und Kosmosreisen, nach denen Fragen der "gesellschaftlichen Relevanz" klingen, als stammten sie aus einem Monty Python-Sketch ...
Ich hoffe aufrichtig, dass sich
euer Mephisto dem würdig erweist. Viel Erfolg!