Brinkmanns Zorn oder das Authentizitäts-Dings - eine Kurzkritik von rob - 7 Feb 2007 16:44:00
>Vorab erstmal: Dies ist kein Film der vornehmlich in DV oder HDV gedreht wurde - auch wenn es videoähnliche Sequenzen im Film gibt - sein experimenteller Anspruch an Form und Inhalt sollten Grund genug sein, sich mit ihm hier zu beschäftigen. Achja, hier wird übrigens auch keine Inhaltsangabe geleistet - wer sich hierfür interessiert, der findet gute Infos auf den Promo-Seiten des Films und über Gooogle. So, nachdem jetzt geklärt wurde, worum es alles nicht geht, worum geht es eigentlich ? zum ganzen Artikel
Letztens stellte 'Hagefilm' seine 11 Kurzfilme zur Diskussion, wobei ich bei meiner Kritik an einem dessen Kurzfilme auf "Brinkmanns Zorn" verwies (es ging um einen Konflikt zwischen jemanden der Tonaufnahmen macht und einem Fahrradfahrer). Bis dahin kannte ich allerdings nur die CD-Box "Wörter, Sex, Schnitt" mit eben diesen Aufnahmen von RDB und wusste nur, dass der Film gerade anläuft.
Jetzt habe ich den Film gesehen und habe am nächsten Tag meinen Beitrag editiert. Ich finde den Film nicht gut.
Mein Hauptproblem mit dem Film ist, dass Rolf Dieter Brinkmann damals mit diesem Medium - dem Tonbandgerät - vollkommen adequat umgegangen ist. Wenn es was zu sehen gab, hat er es beschrieben, wie man sich das vorzustellen hat. Ich hatte nie das Bedürfnis, jetzt das entsprechende Bild zu der jeweiligen Situation zu sehen. Als Hörer eines Tondokumentes wie diesem, stellt man ja die Bilder selber zusammen, wie das bei Hörspielen und Büchern ohne Illustrationen auch der Fall ist.
Da es sich aber um ein neuartiges Verfahren handelte, war ich trotz meiner Skepsis sehr gespannt auf die Umsetzung. Die fand ich aber alles andere als gekonnt. Zwar hatte ich bei den Einstellungen mit dem Sohn nur das Gefühl, dass vielleicht 2 Einstellungen nicht ganz passen...aber bei dem Rest hatte ich eher umgekehrt das Gefühl, dass 2 Einstellungen den Ton wirklich getroffen haben. Gerade die Küchensequenz ist wirklich, wirklich gut. Aber man hört so oft, dass das Mirkofon nah besprochen wird, und im Bild ist der Schauspieler weit davon entfernt. Am deutlichsten fällt das bei der Party auf, bei der der Maler das Mic in der Hand hat: Man hört, dass der Typ wohl nur immer ganz kurz direkt in das Mic spricht, sonst aber in jede andere Richtung...nur nicht in das Mic. Im Film hält er es fast konstant auf gleichem Abstand. Dafür, dass die Choreografie zum Ton das Hauptmerkmal des Filmes werden sollte, wurde ganz schön inkonsequent und grob gearbeitet. Vor allem, da man bei Video doch so schön unmittelbar am Set noch sehen kann, ob es passte oder nicht.
Aber auch damit hätte ich gerade eben leben können, aber gleich zu Beginn des Filmes störte mich diese äusserst geschmacklose Musikbegleitung (platter Acid, so Techno wie Anfang der 90er). Zusammen mit dem redundanten Bild schon ganz schön verspielt, das ganze. Es lenkt noch weiter von dem ab, was man hören sollte.
Furchtbar fand ich auch die Einlagen mit den Collagen (die Bildcollagen waren gut, nur nicht die Toncollagen mit den emphatischen Sprechern).
Inhaltlich fand ich, dass der Film nur sehr am Rande auf das Thema Krieg einging. Das war ja eine der Ursachen des Zornes und das kommt auf der CD-Box ganz deutlich rüber. Naja, im Gegenzug bekommt man einen Einblick in das Familienleben, was weiter zum Verständnis für seine Schriften sorgt.
Hörenswert...also besser die CD-Box. Da kann sich mancher Podcaster eine dicke Scheibe von abschneiden!!!
Teile einerseits Deine Empfindung andererseits aber auch nicht.
Also:
Die leichte Asynchronität in manchen Passagen besteht in der Tat - aber gestört hat mich die nicht, weil ich das gesamte Projekt unter experimentellem Film verbuche (by the way: schön zu sehen, wofür sich Fördergelder locker machen lassen) und der Film ja mit einer gewissen Super-8-Ästhetik spielt, die ja ebenfalls nicht gerade vor synchronem Ton strotzt - daher wie gesagt für mich eher vernachlässigbar.
Die Ton-Kollagen mit den mehreren Sprechern waren glaub ich Produktionen vom WDR, die ich im Gegensatz zu den schnellen Schnittfolgen, die wohl auch in Richtung Umsetzung von Bildkollagen gehen sollten ziemlich gut fand - also genau anders herum: Die Schnittkollagen im Film waren für mich eher bescheiden - die Tonkollagen gut, weil sie für mich die Texte besser mit Leben gefüllt haben.
Bei der Küchenszene treffen wir uns - die ist wirklich beeindruckend - und was den Erkenntnisgewinn des Filmes anbelangt liegen wir glaub ich auch recht nah: wenn am Ende nur die authentische Beschreibung von Familienszenen aus den 70ern bleibt, ist das definitiv zu wenig.
Aber wie gesagt: Das sehe ich nur im ersten Teil als der Fall an - der zweite mit verstärkter Off-Stimme ist ziemlich gut - wenn du so willst: näher am Hörspiel.
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