Drushba hat geschrieben: ↑Di 10 Jan, 2023 10:54
Dass Risiken bestehen ist klar, aber mit KIs werden wir in der Lage sein, ziemlich schnell Probleme zu lösen, für die es keine Lösung im bisherigen Bereich gibt. Medizin, Forschung, Konstruktion, Verwaltung, Wirtschaft etc. Und wenn ein Abmahnanwalt merkt, dass er durch eine KI ersetzt werden kann und die Gesetze daraufhin verbessert werden, so dass seine Tätigkeit ohnehin sinnlos wird, dann werden seine Kids eben nicht mehr Anwalt werden, sondern etwas Interessanteres lernen.)) Auch mein Steuerberater ist der Auffassung, dass er bald überflüssig sein wird. Ich mag ihn und wünsch ihm alles Gute für die Rente - aber danach bitte das persönliche Assistenz-Abo einer KI im Preisbereich von Netflix, die mir auch die Steuer macht.))
Das heutige KI-Paradigma (Maschinenlernen mit neuronalen Netzen) ist, wie ich weiter oben auch schrieb, im Prinzip ein auf im Daten-/Trainingsmaterial erkannten Korrelationen aufgebautes Remixing. Damit kann man sehr weit kommen und interessante Dinge tun, und auch - wie Du schreibst - uninteressante Aufgaben automatisieren.
Du hast aber gerade bei kreativen Anwendungen das Problem, dass die KI immer das remixt, was sie bereits kennt, auch wenn diese Remixe sehr interessant sein können. Eine KI, die z.B. vor 100 Jahren mit Bildern von damals gängigen Stühlen trainiert worden wäre, hätte niemals einen Bauhaus-Stahlrohrstuhl entwickeln können. Und hätte man sie als Objekterkennungssystem (z.B. in einem Flughafen oder Bürogebäude) eingesetzt, hätte sie den Stahlrohrstuhl als unbekanntes und daher potentiell gefährliches Objekt eingestuft.
Und Du kriegst in Erkennungssystemen oft falsche Kausalitäten, weil Machine Learning eigentlich nur Korrelationen erfasst. Eine Brandsicherungs-machine learning-KI könnte z.B. den Schluss ziehen, dass Eis-essende Kinder im Sommer Waldbrände verursachen, weil es im Überwachungskameramaterial ein Korrelation von Waldbränden und Eis-essenden Kindern gibt. Auf die Idee, dass beides - Eis essen und Waldbrände - durch Hitze verursacht wird, würde das System nicht kommen.
Wegen des Remix-Prinzips und der unüberprüfter Annahmen aus dem Daten-Trainingsmaterial gibt es auch diverse politische Probleme mit Machine Learning-KIs, die die ehemalige Microsoft-Forscherin und heutige NYU-Professorin Kate Crawford als erste untersucht hat. (Ich gehe hier nicht in die Tiefe, um hier im Forum keine ideologischen Glaubenskriege loszuschlagen.) Es gibt von ihr auch gute Vorlesungsmitschnitte auf YouTube.
Was ich von TU-Informatikern gelernt habe: Was wir heute kommerziell und umgangssprachlich "KI" nennen, ist nur ein kleiner (wenn auch sehr erfolgreicher) Teil des Forschungsgebiets Künstliche Intelligenz. Etwa so, als wenn man das Medium Bewegtbild unzurecht auf Kino-Spielfilme reduzieren würde. Die o.g. Probleme sind auch nur spezifisch für diese spezielle Art von (Machine Learning-) KI.