IMHO resultieren alle Farbstiche mit BMPCC-Material daraus, dass es vergleichsweise anspruchsvoll/schwierig ist, mit der Kamera Material farboptimal aufzunehmen (wozu ein IR-Cut-Filter absolut Pflicht ist, wie früher auch bei der Leica M8 - und den ca. 95% aller OG Pocket-Besitzer nicht verwenden) und sauber nach Rec709 zu bringen - wofür man sich in den Tiefen des Color Managements von Resolve gut auskennen muss.
Mit den heutigen Resolve-Versionen geht das zwar erheblich einfacher; der Color Space Transformation-Effekt mit angeklicktem Tone Mapping + Forward OOTF macht das mittlerweile automatisch. Aber auch da weiss nicht jeder, dass man diese Optionen aktivieren muss, welches Blackmagic-Gamma und welche Blackmagic Color Science die richtige für die Kamera ist und welche Standardparameter man für Resolves CinemaDNG-Interpretation setzen (bzw. welche Parameter man im Raw-Tab einstellen) sollte.
In meinen vier Jahren mit der Kamera, als es Color Space Transform noch nicht als Schweizer Taschenmesser gab, habe ich bei jedem Dreh und jeder Lichtsituation Color Charts als Referenzbild gefilmt und die Color Chart-basierte Farbraumtransformation von Resolve genutzt.
Wenn man "korrekt" arbeitet, sind die Farben nicht anders als bei anderen Kameras, die weiten Dynamikumfang und weite Farbräume unterstützen. 8bit-Rec709-4:2:0 als Endformat hat ja sowieso nur einen winzigen Bruchteil der Farben, die in 12bit Raw und selbst in 10bit-4:2:2-Log stecken. Es wäre schon seltsam, wenn man aus dieser Übermenge nicht fast sämtliche in 8bit-Rec709 möglichen Farben (sowie üblichen Farbstiche/-stilisierungen) erzielen könnte.
Was das Bild der OG Pocket jedoch unterscheidet, lässt sich vielleicht am besten an diesem 1:1-Crop (eines der weiter oben geposteten Screengrabs) zeigen:
mpv-shot0002-crop.png
Die Kamera macht in 1080p kein Oversampling, sondern einen 1:1-Sensor-Readout. Ausserdem ist im CinemaDNG-Material (auch im Gegensatz zu BRAW) keine Rauschfilterung eingebacken; wenn man nicht in der Post mit Neat & Co. filtert, liegt daher (wie man hier sieht) eine Lage Chroma-Rauschen über dem Bild. Dreht man ausserdem in Resolves Raw-Parametern alle künstliche Nachschärfung raus, ist das Bild als Resultat dieser drei Faktoren weicher als das gewöhnliche, oversamplete, rauschgefilterte und nachgeschärfte Videobild von System- und Videokameras.
Ausserdem sieht man auch, dass der Sensor der OG Pocket keinen OLPF (Optical Low Pass Filter) hat und daher schnell Moirés bzw. Falschfarben/Regenbogen-Artefakte auftreten, hier z.B. an den Haarkanten unten links (und wenn man genau hinsieht, überall in den Locken). An dem 1080p-Sensor der Kamera treten Moirés schneller auf als an Kameras mit 4/6/8K-Sensoren, weil hier die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass das Objektiv signifikant höher auflöst als der Sensor und dadurch diese Artefakte produziert. [Bei diesem Dreh hing, wenn ich mich richtig erinnere, ein Sigma Art 30mm/1.4 an einem 0.58x Pocket Speedbooster, eine extrem lichtstarke aber auch hochauflösende Kombination, die schnell zu diesen Artefakten führt.]
In der Summe führen alle diese Faktoren - kein Oversampling, keine Rauschfilterung, keine eingebackene Nachschärfung, Moirés - zu einem impressionistischeren bzw. 'schmutzigeren'/körnigeren Bild (das noch weicher wäre, wenn man rauschfiltern oder die Moirés mit Chroma-Blur-Nodes unterdrücken würde), das man vielleicht "organischer" nennen kann.
Wirklich "cinematisch" ist IMHO übrigens nur hoher DR bzw. die Abwesenheit von ausgebrannten Spitzlichtern, mit einer weichen Gradationskurve im Bild bzw. guter Zeichnung sowohl in Schatten und Spitzlichtern. Als die OG Pocket herauskam, war sie in dieser Hinsicht beinahe allen vergleichbar teuren Video-/Hybridkameras (wie damals z.B. der GH2) haushoch überlegen. Da heute jedoch 10-12 Stops DR und 10bit-Log-Profile Standard bei den meisten heutigen Prosumer-Systemkameras sind, ist das IMHO kein Thema bzw. Differenzierungsmerkmal mehr.
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