Der Fokus ist bei einem Weitwinkel eher noch schwieriger einzustellen. Für eine Totale steht alles auf "unendlich", und es ist auch alles scharf. Steht eine Person dagegen in der Mitte des 16:9 Frames, weiter vorne, scheint es einen künstlichen Schärfeverlauf nach außen zu geben: Das bildfüllende Vordergrundmotiv "schneidet" das längliche Bild in zwei Hälften. Der rechte und der linke Bildrand, zum Beispiel bei einem senkrecht zur Kameraachse liegenden Bordstein, bilden mit der Kamera ein hypothetisches Dreieck, dessen Schenkel im Vergleich zur Hypothenuse (Abstand Kamera > zentrales Motiv) umso länger werden, je weiter der Blickwinkel ist. Anders gesagt: Die Grenze des Schärfentiefenbereichs eines Tele ist tendenziell eher eine gerade Linie, parallel zum Horizont. Wie eine Ebene in Photoshop, die man sich ja auch zweidimensional denkt. Die eines Weitwinkel dagegen ist eher ein Halbkreis, der sich um die Kamera herum wölbt. Eine Unschärfe-Vignette ist also gar nicht zu vermeiden.
Bei einem Weitwinkel beobachtet man also nicht einen unscharfen Hintergrund, vor dem sich ein gestochen scharfes Motiv bewegt, wie es bei Tele der Fall ist. Die Unschärfe wandert als Verlauf durch das Bild. Besonders krass fällt dies auf, wenn das Objektiv in einem Raum oder in der Stadt eingesetzt wird, Frames, durch die viele gerade horizontale und vertikale Linien laufen.
Das stört uns in Filmen vor allem deswegen, weil Weitwinkel traditionell dazu verwendet wurden/werden, die Schärfentiefe zu erhöhen. Wir selbst versuchen unser Gesichtsfeld durch hunderte kleine Augenbewegungen, aus denen unser Gehirn ein Panorama zusammensetzt, zu erweitern, und wir empfinden an einer "Totale" nichts verschwommen (wie es gerade der Schreibtisch um die Tastatur ist).
Das ist die Einschränkung, die du mit einem Letus Extreme hast: Du kannst Blenden kleiner als 5.6 nicht verwenden, und diese wären nötig, um die Schärfentiefe zu erhöhen. Der Letus Ultimate soll angeblich mit jeder Blende funktionieren, da die Bewegung der Mattscheibe schneller ist. Das klingt in der Theorie ganz toll. In der Praxis merkst du, dass bereits mit 5.6 nur noch Aufnahmen bei direkter Sonne oder mit sehr viel Kunstlicht-Watt möglich sind. Blende 8 dürfte wie eine Schweißerbrille wirken, und Blende 11 wäre prima für Footage, das auf der Sonnen-Oberfläche spielt.
Ich empfehle darum, Weitwinkel vor allem in diesem Sinne einzusetzen: Totalen. Für das "Skateboard"-Weitwinkel empfiehlt sich eher der gewohnte WW-Vorsatz, ohne Adapter, und keine Sorge, das mit dem Stilbruch ist totaler Quatsch. In jedem größeren Film werden dutzende verschiedene Aufnahmemodi eingesetzt, ein jeder zur Aufgabe passend. Sie werden aneinander geschnitten, und kein Mensch meckert.
Wozu also überhaupt ein WW vor einem 35mm Adapter?
Weil geringere Schärfentiefe nicht der einzige postive Effekt ist. Stell dir ein wogendes Kornfeld in der Mittagssonne vor, Gegenlicht. Pokerspieler, die unter einer Deckenlampe über ihren Karten lauern und dabei heftig rauchen, Lowkey, harte Kontraste. Das ist beides problematisch für einen normalen Chip. Ein Adapter verleiht solchen Settings fast ohne jedes Zutun* (*ein Hohn: Bis eine solche Aufnahme richtig eingestellt ist, hast du ungefähr 20 mal soviel Zeit verwendet wie ein Schnappschussfilmer, selbst wenn der tatsächlich noch ND-Verlaufsfilter benutzt. Aber: Man sieht auch den Unterschied, ein reines Wasser muss durch einen tiefen Stein) Tiefe und Brillanz. Und da gibt es eben viele Gelegenheiten, in denen ein Weitwinkel vorteilhaft ist. Ganz nebenbei ist das die Erklärung dafür, dass man sich eine Mattebox wünscht.
Bei schlechten KB Optiken kann es bei den extrem kurzen Brennweiten zu Vignettierung in Form von dunkleren oder unscharfen Seiten kommen. Zu dem oben beschriebenen Sachverhalt kommt dann evtl. noch eine starke sphärische Verzeichnung hinzu. Ob das Objektiv Mist ist, ist durch die Totale, unendlich Einstellung schnell herausgefunden. Kommt es da zu Unschärfen, liegt´s an der Qualität des KB-Objektivs. Ein bisschen weiter einzoomen hilft, aber natürlich verschenkt man damit etwas vom WW-Scope.
Extreme WW, die außerdem lichtschwach sind (alles über 3.5, besser wäre 2.8), kann man vergessen. Mit einem neueren Original Nikon 20mm haben wir dagegen gute Erfahrungen. Wir kauften anfangs auf billig und hatten so mehrere unbrauchbare Optiken.
Mein Tip, egal welcher Objektivhersteller (*aber gut sollten sie sein): 35mm 1.4, 50mm 1.4 und ein möglichst lichtstarkes Tele.
Ein langer Beitrag zu später Stunde, ich hoffe, er ist lesbar.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...
B.DeKid hat geschrieben:Bei meiner XL1s das Standard Objektiv nutzen oder das WW ? (Um das Image des 35 mm Adapters abzufilmen)
Du hast bestimmt ein KB-Negativ oder ein altes Diarähmchen irgendwo rumfliegen. Kleb es mit Tesa an die Fensterscheibe und versuche, das bildfüllend mit deiner Cam aufzunehmen. Ich vermute, mit dem Normalobjektiv wirst du der Sache (auch Zoomen ist erlaubt) am nächsten kommen. Den Rest erledigt der Achromat (eine bessere Nahlinse) aus dem Adapter. Das klappt, keine Sorge.
In allen 35mm Adapter Threads - ist mit "Objektiv" immer das KB-Objektiv gemeint, nicht das des Camcorders. Mit "Einzoomen" ist gemeint, dass man mit dem Camcorder in die Mattscheibe zoomt. KB-Zooms finden auf Adaptern kaum Verwendung (zu lichtschwach).
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...
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