Die folgende Reaktion verstehe bitte als konstruktiv, als beiläufige Gedanken, die dich eher motivieren als demotivieren sollen. Als von einem Leidgenossen kommend, der ebenfalls mit Form und Inhalt von Filmideen ringt.
Skeptiker hat geschrieben:Gut (könnte sich so abgespielt haben).
Ja. Folgt der Filmschul-Maxime, dass Kurzfilme als Arbeitstitel mit "Neulich" anfangen können sollten, dass sie Begebenheiten sind, Anekdoten, herausgegriffene Situationen. Witze sind i.d.R. Kurzfilme. Reißerische Kurzreportagen á la Bildzeitung sind gute Kurzfilm-Prompts. Wichtiger als die Handlungsstruktur, als das eine Steigerung verlangende "Was passiert als Nächstes" ist gewissermaßen das interessante Intro, das nicht unbedingt ein Outro braucht, um zu funktionieren. Aber ein gutes Worldbuilding. Mann beißt Hund ist eine Kurzgeschichte, Hund beißt Mann bekanntlich nicht.
Und da ist ein kleines Problem. Könnte sich so abgespielt haben. Sicher (die militärisch-historischen Details, die ich mangels genauerer Kenntnis nicht überprüfen kann, dahingestellt) könnte sich das so abgespielt haben. Aber was ist daran erzählenswert? Ist Müller, der Sympath, unsere Identifikationsfigur? Wäre es nicht - im Sinne des Interesse-Weckens am Stoff - besser, er wäre der unsympathischste der Gruppe?
Ich fühlte mich ein bisschen an Brian DePalmas "Die Verdammten des Krieges" erinnert. Angeblich "nach einer wahren Begebenheit". Hier ist der Held, Michael J. Fox, kein Antiheld: er versucht die Vergewaltigung zu verhindern und sogar anschließend, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Dennoch, oder gerade deswegen, lautete die Kritik, dass der gesamte Film nur suggeriere, dass es Gerechte im Krieg gäbe und dass so der Mensch wesentlich gut wäre.
Das scheint mir eine romantische und darum verlogene Weltsicht zu sein. Das Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, dass man lässt? Hier irrte Wilhelm Busch. Skrupel ("das Böse lassen") sind eine selbstverabreichte Medizin zur Erhaltung der Selbstgerechtigkeit. Ob's stimmt oder nicht, Kinder sagen immer "war ich nicht!" Es gibt überall vor Gericht gültige Entschuldigungen, warum man in eine Situation geraten ist. Der wirkliche Grund ist Indifferenz.
Müller ist keine so recht greifbare Figur. Man kann sich als über den "graphic content" entsetzter Zivilisierter vielleicht gut in seine Lage versetzen. Der Kurzfilm als Ganzes reihte sich dann aber ein in die Kategorie "schlimme Begebenheiten", Dinge, die man nicht sehen will und die man folgerichtig skippt.
Es gibt (aber das weißt du selbst) in deinen Beschreibungen noch zu viel "tell" und zu wenig "show", und das betrifft auch die Dialoge. Das liegt sicher daran, dass du die Wirkungsabsicht und die Botschaft in Prosa mit einfließen lässt. Auch ist die "Traumsequenz" ein dramaturgisch fragwürdiges Vehikel. Ist es nicht eher ein Rückblick? Funktioniert er als solcher, um den Zuschauer zu interessieren? Wäre "hint at" in diesem Fall nicht sogar besser als "show"?
7River hat geschrieben:Der Schriftzug “Gott mit uns” auf den Gürtelschnallen der Soldaten mutet wie bittere Ironie an.
Das ist so ein Beispiel. Wem mutet sie wie bittere Ironie an? In einem konkret geschriebenen Script stünde: Der Schriftzug "Gott mit uns" auf der Gürtelschnalle von Soldat Dingenskirchen ist für zwei Sekunden lesbar. Ob jemand das bitter-ironisch oder geradeheraus logisch findet kannst du nicht wissen.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...