Frank Glencairn hat geschrieben: ↑So 10 Mai, 2020 08:36
Ich hab zwar mit dem Rauchen aufgehört, aber ansonsten bin ich anscheinend aus ähnlichem Holz geschnitzt wie dein Freund - liegt womöglich am Baujahr :D
Ich glaube kaum, dass es mit dem "Baujahr" zusammenhängt, sondern mit bestimmten Charaktermerkmalen. Frédo hat jahrelang für TV und die Filmbranche gedreht, er ist nicht nur sehr erfahren, sondern hat mehrfach bewiesen, dass er es kann. Und die zahlreichen Prämierungen untermauern seine Ausnahmestellung unter den Kameraleuten.
Aber Frédo ist auch ein geborener Skeptiker, der nicht alles sofort glaubt, was man ihm erzählt. Er interessiert sich mehr für Greifbares als für Sprechblasen. Er traut nicht der Politik und schon mal gar nicht Behörden. Und er misstraut zutiefst vermeintlichen "Gutmenschen".
Aber er hat was drauf - ohne Zweifel. Viele von uns haben von ihm viel lernen dürfen, ich als Ingenieur und Nicht-Kameramann zu allererst. Und man kann viel von ihm lernen, weil er jederzeit bereit ist, alles Gewesene über den Haufen zu werfen und Neues auszuprobieren. Deswegen passt er auch zu uns wie die Faust aufs Auge, weil er mit nahezu sadistischer Freude, alte Zöpfe abschneidet. Nicht zwanghaft, nein. Aber durchaus genüßlich. ;-)
Ich kenne allerdings viele unflexible und ängstliche Spießer in dem Alter, die kaum über ihren eigenen Tellerrand blicken möchten. Die Michel-will-nicht-Fraktion. Weil Michel meint, alles zu wissen und zu können. Diese Art Kamera-OPs haben faktisch mit dem Leben abgeschlossen und wollen die Urne mit der kalten Asche krampfhaft festhalten. Frédo hat es allerdings gern warm und er hat wohl verstanden, dass Wärme nur von einem lodernden feuer kommen kann. Die kalte Asche ist - bei allem Respekt vor der Vergangenheit - nicht mehr als Folklore.
Ich glaube, das hat nichts mit Alter zu tun, sondern mit einer gewissen, angeborenen Bereitschaft zu Ungehorsam und Skepsis zu tun. Ohne in Negativismus zu verfallen. Man rennt halt nicht dem Mainstream hinterher, man ist keine uninspirierte Copycat, sondern hat eigene Ideen und Vorstellungen. Die man auch - handwerklich sauber - umsetzt.
Frédo hat seinen US-Kollegen - traditionell Bokeh-Fetischisten - Respekt beigebracht. Narrative funktionieren visuell nur im Kontext, und wenn der Betrachter keinen Kontext sieht...dann muss das in Folgeszenen erklärt werden. Meist unnötig, findet Frédo, ein Freund der narrativen Zielstrebigkeit und Knappheit.
Ein spezieller Charakter...Gibt es auch unter Jüngeren, diese verfügen allerdings kaum über die Lebenserfahrung, die ein älteres Semester so hat...Was allerdings stimmt, ist die Tatsache, dass Jungdynamische heutzutage angepasster sind, aber gleichzeitig obsessiv geil auf Selbstverwirklichung - ohne Rücksicht auf Kundenwunsch oder -ziel. Sie wollen einfach ihre
eigenen Vorstellungen umsetzen. Klappt selten.