Denke, das Problem ist eher grundsätzlich. Wir leben in einer Welt der Controller, denen eine Dimension "Qualität" oder "Kreativität" vollkommen fremd ist.wolfgang hat geschrieben:Thema ist hier doch immer die Bezahlung für die Tätigkeit in diesen verschiedenen Bereichen. Mag ja sein, dass die großen Produktionen da besser organisiert sind - auch gewerkschaftlich.
Das ist ja das Problem! Ein Controller hat Ahnung von Zahlen. Nicht vom Markt. Sonst wäre er ja Marktforscher ;-)wolfgang hat geschrieben: Einfach, weil man die Kohle vom Markt nicht bekommt.
Der Controller hätte für sich wohl kaum was dagegen, wenn das der Markt zahlen würde...
Früher gab es auch nicht solche überzogenen Millionengagen für die Hauptdarsteller. Vielleicht sollte mal der liebe Götz George das auch beklagen und beispielsweise auf 10.000 Euro Gage verzichten zugunsten einer Glastürszene. Das ist in etwa seine Tagesgage --> http://www.focus.de/kultur/medien/ferns ... 74866.htmlblowup hat geschrieben:Erinnere mich an das Interview mit George/Schimanski vor ein paar Tagen auf SPON, der sich auch bitter über die heutigen Zeiten beklagt hat. "Früher hatten wir 26 Drehtage...heute gibts nur 23 Tage"; "Früher haben wir gesagt, Schimi springt dann durch die Glastür...heute heißt es, das kostet 10.000 Euro, das streichen wir mal..."
Ich erinnere mich noch, wie ich vor einiger Zeit einem Fernsehteam vom ZDF zugeschaut habe, die in einem Freizeitpark in einer Show ein paar Szenen gefilmt haben. Da war dann also ein mehr als 10-köpfiges Team vor Ort. 3 Kameraleute mit Assistenten, welche gearbeitet haben und mehr als 8 Leute habe ich ständig draußen rumstehen sehen ... rauchen oder mit dem Handy telefonieren. Bis heute erschließt sich mir nicht, was für einen Job diese Personen hatten.blowup hat geschrieben:Kleines Gedankenspiel: Man nehme einen James Bond Film. Und dann überlege man sich, wo man da hätte sparen können. Ich glaube, jeder könnte da ein paar Millionen einsparen. Und oft würde man da gar nichts bemerken. Und sicher könnte man noch mehr einsparen. Aber wann hört der Film auf, ein James Bond Film zu sein? Das lässt sich eben nicht festlegen.
Axel hat geschrieben:In diesem Thread geht es nicht um Kino. Es geht maaaximal um TV-Produktion und in der Regel um Internet.
Es sind unterschiedliche Vertriebskanäle jetzt. Der auf der letzten Seite erwähnte Wind der Veränderung wird die Dünen so wandern lassen, dass in zehn Jahren (vielleicht fünfzehn) ein neuer Film gleichzeitig überall zu sehen sein wird. Unausweichlich. Phase 1. Phase 2 wird sein, dass nur noch sehr wenige Menschen sich ins Kino bemühen, denn wozu dann noch? Phase 3 wird sein, dass Broadcaster verschwinden. Live-"TV" wird sich auf News und Sport beschränken, der Rest ist VOD. Kein Mensch kann heute sagen, was das für die Medienproduktion bedeutet.Frank Glencairn hat geschrieben:Hier geht es um Filme. Das sind nur unterschiedliche Vertriebskanäle in (für gewöhnlich) absteigender Reihenfolge, was den durchschnittlichen Erfolg (wenn man ihn in Geld messen möchte) betrifft.
Axel hat geschrieben:Die Heldenreise im Fernsehen? Wo? RTLs Helden? Bitte ein aktuelles Beispiel, das würde reichen. Die Heldenreise im Internet? Auch bitte mal ein Beispiel.
Serien und Sparten. Das wird bleiben und ausgebaut werden. Es ist dann irgendwann kein Trauerspiel mehr, sondern eine große Chance. Denn jeder kann gezielt das sehen, was ihn interessiert, zu jeder Zeit. Sei es Justin Bieber oder ETTR mit Raw-Kameras oder ein Spin-off des Hobbits. Es ist nur die Frage, wie es finanziert wird.Frank Glencairn hat geschrieben:Im Netz noch eher als im TV.
TV ist momentan ein einziges Trauerspiel auf allen Ebenen, was deutsche Produktionen betrifft.
Schon geschehen. Die Mythen demontieren sich permanent selbst. Skyfall war der Skyfall für Bond. Die narrativen Strukturen lösen sich auf, im Kino überall nur noch Dramaturgie mit der Brechstange.blowup hat geschrieben:Aber wann hört der Film auf, ein James Bond Film zu sein?
... den wir hoffentlich nicht gehen werden!Alf_300 hat geschrieben:Gagen ?
Der Navy CIS Chef (Mark Harmon) kriegt pro Folge inzwischen 500.000 US$ - Da ist in Deutschlsnd noch ein lsnfer Weg hin ;-)
Wahrscheinlich gar nicht! Mangels Masse. Es wird allzu häufig die soziale Funktion von Medienereignissen vergessen. Es geht ja nicht nur darum, dass man etwas schaut, was einem gefällt, sondern auch darum, dass man etwas schaut, über das man mit anderen spricht, weil die es auch gesehen haben. Durch die Fragmentierung des Marktes und des Angebots sind natürlich die großen TV-Straßenfeger der Vergangenheit verschwunden. Als nächstes ist die große Samstagabend-Show dran.Axel hat geschrieben: Serien und Sparten. Das wird bleiben und ausgebaut werden. Es ist dann irgendwann kein Trauerspiel mehr, sondern eine große Chance. Denn jeder kann gezielt das sehen, was ihn interessiert, zu jeder Zeit. Sei es Justin Bieber oder ETTR mit Raw-Kameras oder ein Spin-off des Hobbits. Es ist nur die Frage, wie es finanziert wird.
Das ist nicht seine Funktion. Aber du verkennst Ursache und Wirkung: wenn es der Markt nicht hergibt, und man gibt das Geld aus, wird man halt Verluste machen. Und die will/kann sich halt auch keiner leisten - irgendwer zahlt ja die Rechnung.blowup hat geschrieben:Das ist ja das Problem! Ein Controller hat Ahnung von Zahlen. Nicht vom Markt. Sonst wäre er ja Marktforscher ;-)wolfgang hat geschrieben: Einfach, weil man die Kohle vom Markt nicht bekommt.
Der Controller hätte für sich wohl kaum was dagegen, wenn das der Markt zahlen würde...
Warum denn nötigerweise? Eine neue Folge einer Serie oder Miniserie wird von sehr vielen fast gleichzeitig gesehen werden. Serien haben einen großen Vorteil, nämlich dass sie per definitionem offen sind, der Cliffhanger gehört zum Erzählkonzept. Und es wurde auch hier schon oft festgestellt, dass Serien heute qualitativ Kinofilmen überlegen sind. Reichlich pauschal, stimmt. Aber logisch. In den 100-Millionen Hollywoodfilm müssen eben Hand und Fuß und die ganze alte Heldenreise-Chose, die außer für Märchen noch nie Gültigkeit hatte und außerdem jedes originelle Erzählen schon im Ansatz abwürgt. Tatort ist in Einzelfällen wahrscheinlich noch die beste deutsche TV-Fiktion, weil zeitgenössische Themen prinzipiell tabulos, ergebnisoffen und spannend erzählt werden können. Zumindest theoretisch, das Format ließe es zu.blowup hat geschrieben:Es wird allzu häufig die soziale Funktion von Medienereignissen vergessen. Es geht ja nicht nur darum, dass man etwas schaut, was einem gefällt, sondern auch darum, dass man etwas schaut, über das man mit anderen spricht, weil die es auch gesehen haben. Durch die Fragmentierung des Marktes und des Angebots sind natürlich die großen TV-Straßenfeger der Vergangenheit verschwunden.
Ich kann aber meine Tränen zurückhalten.blowup hat geschrieben:Als nächstes ist die große Samstagabend-Show dran.
Fragmentierung klingt so negativ. Pluralität, Inklusion (hatten wir vor kurzem einen Thread), das sind die positiven Effekte, die man erhoffen darf. Mal im Ernst, was kommt denn beim Öffentlichkeitstauglichkeitsfilter des deutschen Fernsehens hinten raus? Lanz, Katzenberger, Will. Na schönen Dank.blowup hat geschrieben:Mit zunehmender Fragmentierung werden solche Ereignisse und die Budgets dafür verschwinden.
'N bisschen absolut, meinste nicht?Axel hat geschrieben:… dass the future of storytelling eine radikale Abkehr von den bisherigen, hermetischen und aristotelischen Erzählformen bedeutet. Offen, fraktal und fragmentarisch, immer kurz und oft episodisch,…
Damit meinte ich, Zitat aus Wiki:k_munic hat geschrieben:'N bisschen absolut, meinste nicht?
24, Lost, Homeland, Breaking Bad, House of Cards …
Was ist daran bitte 'offen', fragmentarisch, kurz (LOL!!), bzw nicht aristotelisch???
Abgeschlossen bedeutet, es darf keine ineffektiven Nebenstränge geben. Das Ende bestimmt den gesamten Verlauf.Laut Aristoteles soll ein Theaterstück eine abgeschlossene Haupthandlung aufweisen, die einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende hat.
Das meine ich ja gerade.k_munic hat geschrieben:Bsp House of Cards: Wurde von alten Männern erdacht&gemacht, war sofort auf allen Vertriebswegen verfügbar, … und ist anspruchsvoll UND erfolgreich.-
War bestimmt auch nicht völlig passend. Was ich meinte, sind kleine, zusammenhanglose Erzählbrocken, die vom großen Kuchenblech aller Filme, die wir je gesehen haben, runtergefallen sind und mit denen heute Geschichten dichter erzählt werden können. So sind moderne Zuschauer in der Lage, eine Ausgangssituation (der "Anfang" bei Aristoteles) so schnell zu erfassen, dass man auf einen proportional gewichteten "1. Akt" (gab's auch im Kino) verzichten könnte. Das sehen wir überall: In der Werbung, in guten Kurzfilmen und in der Art, wie wir uns selbst unsere Geschichten erzählen. Nur fast kaum im Kino. Dort herrscht vor allem im Mainstream (aber ehrlich gesagt auch im Arthouse) die immergleiche klassische Erzählung vor. Nun habe ich leider House Of Cards noch nicht gesehen, ich schätze aber, auf zwei Stunden komprimiert würde das Ganze nicht gut funktionieren, vor allem nicht, wenn irgendwelche Bedenkenträger mit ihrer Checkliste auftauchen, welche Elemente wann in einem erfolgreichen Film vorkommen müssen.k_munic hat geschrieben:Bei Verwendung des Wörtchens 'fraktal' außerhalb der Mathematik seh' ich plötzlich einen bärtigen Sprecher mit Nerd-Brille und beanie ... :)))
Ich bin völlig mit Dir d'accord, aber nochmals: Es geht hier nicht um Kreativität im normalsprachlichen Sinne, sondern um "Kreativberufe" im fachsprachlichen Sinne von "Kreativwirtschaft" bzw. "creative industries". Dass die "kreativ" heissen, finde ich genauso fragwürdig wie Du. Aber es handelt sich nun einmal um einen stehenden Fachbegriff wie z.B. auch "Metallindustrie", "Transportgewerbe" etc.ChillClip hat geschrieben: Ich wüsste jedenfalls nicht, was "kreativer" ist: einen Programmcode zu entwerfen und trickreich aufzubauen oder Motion Graphics zusammenzustückeln.