Nachdem ich auf der Arbeit immer wieder gerne mitlese, was die "kleinen" so machen, muss ich mich jetzt mal anmelden um hier eine weitere Perspektive zu liefern.
Vorab muss ich anmerken: Die Firma für die ich seit den 1980ern arbeite gibts jetzt paar Jahrzehnte, und im Kameraverleigpark befinden sich 35mm Film, 35mm Sensor (red vor allem), 2/3 Sensor (Sony HDCAM, also die grossen bandgestützen) und seit Erscheinen auch die VDSLRs (vor allem Canon 5Ds).
Dazu kommt viel an Optik, darunter auch einige Zoomoptiken in der >50.000 euro Preisklasse.
Postproduktionseitig sieht es ähnlich aus - also viele der teuren Schwergewichte (wie smoke, schon seit Irix-zeiten, nicht mit so modernen sachen wie Linux eingestartet ;)), HDCAM Mazen, Klasse1 Röhrenmonitore, DCI Masteringsuite, snell & wilcox Alchemist normwandler usw.
Das -zur Einleitung- ist eine *gewöhnliche* Ausstattung für zig Firmen - und die grösseren sind noch erheblich umfassender ausgestattet.
Und die Blackmagic Kamera ist SEHR revolutionär - und auch für solche Kunden wie uns und aufwärts spannend..
a)
Anders als die VDSLRS -und auch die ganzen 5-20.000 € camcorder) bietet sie seitens des Farbmodells genug Güte auch für Top-endjobs.
Das Hauptkriterium, chromasubsampling, ist hier endlich sauber gelöst. 4:2:0, 3:1:1, 4:2:2 - geht alles, geht für vieles. ABER - Es hat massive Nachteile in hochwertigen Postproduktion. Vom Chromakey, über Farbkorrektur, Tracking, Rotoscoping - alles geht mit den schlechteren Samplings. Aber es kostet eben mehr Zeit in der Post, und wenn man Pech hat auch einiges an Güte.
b)
4K (und überhalb) ist so gut wie kein Thema in der Distribution.
4K ist *klasse*, und wir arbeiten seit den ersten 3 Kameras mit den REDs wie zuvor mit 4K Filmscans. Genug Reserven auch für kritische Master. Aber 2K Systeme wie die Arri Alexa sind für standardjobs wirklich gut genug, auch für die Kinoleinwand, tatsächlich sind 2K der Grossteil aller Kinomaster (3D sowieso alle), auch wenn man 4K dreht. 4K ist klasse bei Werbung (man kann Stills ziehen, da sind 2K zuwenig), komplexer Post (3Dtrack + setreplace), Reperatur (ala denoise, roto usw) - aber das menschliche Auge der Kunden, ungeübt, ist im Kino abgesehen von den ersten Reihen NICHT in der Lage 2K von 4K zu trennen - und selbst da ist der Unterschied nur in statischen Einstellungen mit geeignetem Material ohne Tiefenunschärfen, Bewegungsunschärfen, perfektem Fokus des Pullers usw *leicht* sichtbar. Also sind die 2.5 genau als Sweetspot gut gewählt. Natürlich dreht man lieber 4K wenn man kann, und dreht sicher 4K wenn man muss. Aber 2K reichen für >90% der Arbeit. Jedoch 1080P in 4:2:0 oder 3:1:1 nicht - da muss man mitdenken. Und somit gibt es jetzt erstmalig eine Kamera, die sowohl für berufliche Anwender wie uns (wo geld nicht diiiieee Rolle spielt) aber auch privatkunden als spannend ist.
c)
12bit sind WICHTIG.
Das kann man garnicht unterschätzen. CinemaDNG + 12 bit RAW sind ein *heftiger* Fortschritt. Endlich bewegt sich das Consumerlager auf ein vernünftiges Niveau. Anders als 4K sind 12bit Farbtiefe für JEDE Art der Korrektur IMMER sinnvoll. Als Faustregel: 8bit Quellen (wie Canon 5d usw) werden im Grading schnell hart und posterisieren. 10bit ist schon dramatisch besser, geht bei spezilelen Lichtverhältnissen (Nacht, Unterwasser usw) an die Grenzen - nicht vergessen, wenn nur 50% Helligkeit im Bild sind - sind 10bit auch nur 5 bit, und 12bit wie seit Jahren bei red (und davor bei scannern üblich) sind auch da noch weich und gleichmässig einstellbar.
d)
Vollausstattung.
Das kann man garnicht oft genug sagen - bei den grossen Kamerasystemen ala red sind gerne 5-15.000 euro an Zubehör nötig um loslegen zu können. Da hat blackmagic ganze Arbeit geleistet. Die Kamera -inkl. Akku & Lader- kann man out of the box einsetzen. Nur als Vergleich, die Akku/Laderkombis unserer Sonys & Reds kosten alleine je um die 5.000 euro.
e)
Flexibler Workflow, nicht propietär, für alle Anwendungen.
Wer wie wir mit Arriraw und redraws anfängen arbeiten musste weiss wie *SCHLECHT* die propietären Workflows anfangs liefen. RICHTIG komplex. Bei BM kann man topgüte (CinemaDNG) die auch sofort mit schnittsystemen ala Adobe CS nutzen, wenn man weniger potente, non-rgb Systeme ala Avid MC einsetz eben DNX - und wenn man mit seinen eingestellten alten Softwares aufm mac arbeiten will oder muss eben prores. klasse. Und letzteres ist wichtig, es sind bei weiten noch nicht alle FCP-Cutter auf die heutigen professionellen Schnittsysteme umgestiegen. Viele alte Schnitträume, die oft auch noch in der Abschreibung sind, nutzen auch heute noch FCP classic. Klar wird das immer weniger werden, aber so hat man eben eine Lösung hier und jetzt für das heute. Bei ARRI und RED war das ein ganz schöner Wachstumsprozess, weil die eben versuch(t)en ihre propietären Aufsätze zu geld zu machen. RED bspw ist eigentlich nur JPEG2000raw, aber um die Kontrolle & den cash mitzunehmen eben encryptet.
f)
HD-SDI out, sym/asym/mic/line in.
Allet wat man braucht - ohne Zusatzmodule. Was für ein Stress HDMI im profiumfeld sein kann (leg mal 30 meter kabel schnell über die strasse, HUCH DAS KABEL IST RAUSGERUTSCHT usw), wie übel Ton ohne saubere Leitung sein kann (.... hast du telephoniert? ich hab das so ein rattern?) haben wir dank Canon jetzt ein paar Jahre geniessen dürfen ;) In der Praxis hat das oft dazu geführt, das man den Ton getrennt aufzeichnet - und damit viel Geld & Zeit vernichtet.
Die Liste ist länger.
Aber das das jetzt endlich alles auch im Consumer-Preissegment angekommen ist - WOW. Klasse.
Zur Kritik.
Kein 35mm bzw 16mm Sensor.
Ja, schade. (ehrlich gesagt, bei weitwinkel will man so oder so lieber 4K für die Post). Allerdings ist das kein echter Beinbruch sind doch genug ab 10mm Linsen für Canon verfügbar, und 12/14/16 sind so oder so die ausnahme. Trotzdem eng.
Kein PL-Mount.
Das ist *wirklich* dumm. Somit bleibt ne Menge des besten Glas nicht direkt einsetzbar. Sollten sie unbedingt als Option anbieten.
Thunderbolt.
Ja, das ist ECHT schlecht. USB3 hätte es sein müssen, TB ist kaum verbreitet und hat auch keine Chance mehr sich gegen USB3 durchzusetzen. ABER, und das ist ein wichtiges aber, marketingseitig macht es sinn. Während im hochwertigen Studiobereich eh 10Gbe und/oder Infiniband und/oder 3G und USB3 sowieso liegen, hat der Prosumer oft nur ein Notebook, und wenn er Prosumer/semipro/knapp bei Kasse ist - ist das meistens ein macbook, und da ist eben nix mit USB3 oder mit pech auch keine Erweiterbarkeit gegeben. Wenn man hingegen ein typisches windows high-end Notebook am Set hat kauft man eben einfach für 100-140 euro TB hinzu. Im Link mal eine TB erweiterungskarte fürs Set.
http://www.heise.de/preisvergleich/680665
HFS Fileformat
Wie oben - man darf die macuser nicht vergessen. Für die grossen Windows/Linuxsysteme wie eben volles smoke, Avid DS, piranha, flame oder eben Adobe CS usw sollte man windowseitig zum Austausch generell so oder so macdrive o.ä. aufm System haben, dann ist hfs easy.
Was mir an Fragen bleibt:
- Zuwenig Toneingänge und schade das man wohl nicht HD-SDI in hat.
- Schafft BM es mal ohne Verspätung zu liefern? ;)
- Wann kommt die 35mm PL Variante ;)
FAZIT:
Ein heftiger Sprung nach vorne. Auch wenn wir schon besser ausgestattet sind werden wir definitv kaufen. Von low-budget bis vrashcam, für produktionen die genug licht haben, für *lass mal schnell einen testdreh machen*, um mitarbeiter & azubis auszubilden, für Kunden die KEINEN digital kompetenten Kameramann haben, sprich noch nicht von film auf digital umgelernt haben (die stehen mit einer RED oder HDCAM erstmal im wald) - aber auch OHNE kostengründe. Dokumentation, alles wo man wenig Schärfentiefe will. Sport. Wenn sie 800ISO rauscharm schafft: Unterwasser. Aller Arten von Spezialfotographie (Heli, grip am Auto usw). Und endlich mal ne Kamera die auch privat mal gerne mitnehme. War die 5D auch schon, aber während die tolle Phtos macht war die Videofunktion ja schon nspruchsvoll in der Handhabe und Post.
Klasse, weiter so BM. Tolle Ergänzung des Werkzeugkastens.