nahmo hat geschrieben:Halte die Frage, ob sowas mit einer Flycam (auch mit 10 Jahren Übung) überhaupt realistisch ist, für berechtigt.
Yeah, es gibt gewissermaßen offene Geheimnisse oder auch geheimgehaltene Binsenweisheiten, wie die, dass ein Mann, der neun Meter weit springt, eine andere Zahnpasta benutzt als ich. Ich würde aber einerseits nicht so weit gehen, zu behaupten, dass dies der einzige Unterschied wäre, und andererseits lassen mich die neun Meter völlig kalt, ich beneide ihn höchstens in dem Moment, wenn ich mal wieder bei einer Verfolgungsjagd nicht so leicht zum nächsten Wolkenkratzerdach springen kann. Und wenn ich mir die Kreiselfahrt um Heinz Rudolf Kunze (Mitte der verlinkten Demo) ansehe, (für deren emotionale Sogwirkung Hitchcock, Brian dePalma und Fassbinder ihre Budgets sprengten), will ich gerne glauben, dass das verwendete Rig etwas mehr bietet als eine Glidecam HD-1000. Trotzdem würde Udo Knarz, mit demselben Rig angetan, bei dieser Fahrt zuerst kotzen und dann rücklings von der Bühne kippen: Diese Weitwinkel sind sehr extrem, die Säle für solche Shows wirken "in echt" enttäuschend popelig. Garrett Brown, Erfinder der Steadicam, schildert im Zusatzmaterial zur Bluray und Special Edition von
Shining drei der wesentlichen Prinzipien (Im Feature
Shining im Überblick, bei ca 11 Minuten, über die tatsächliche Größe des Heckenlabyrinths, im Audiokommentar zu den Fahrten durch die Hotelflure):
1. Mithilfe von Weitwinkeln verschieben sich am stärksten Fluchtlinien im Raum. Jede Kamerabewegung ist vom Effekt her eine Bewegung im Raum.
2. Eine mit Weitwinkel bewegte Kamera darf niemals "tilten" (sich nach vorne oder hinten neigen, hinauf- oder hinabblicken): Sofort würden sich die vertikalen Linien krümmen, ein No-Go. Kamera blickt also immer stur geradeaus.
3. Überdies wird ein Verschieben des "Horizonts", auch eines hypothetischen, nicht verziehen. Faustregel ist, dass die optische Achse eines weitwinkligen, sich bewegenden Bildes auf keinen Fall über Brusthöhe liegen darf. Je nach Stärke des WW und Dimensionen des Raumes lässt sich z.B. nur in einer Höhe durch einen Türrahmen gehen, ohne dass dieser sich merklich verzerrt.