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Nosferatu



Hinweise auf interessante Clips im Netz sowie Filme im Fernsehen und Kino (inkl. Dokus übers Filmemachen)
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Axel
Beiträge: 17074

Nosferatu

Beitrag von Axel »

War heute mit einem Kollegen drin. Hatte nicht allzu viel erwartet, und diese Erwartung wurde nicht enttäuscht. Nicht direkt langweilig, eher gepflegt unterhaltsam. Einige unfreiwillig komische Klischees. Manches leicht unterdurchschnittlich, manches stellenweise leicht überdurchschnittlich, im Ganzen recht erwartbar. Gebe ja gerne vorgeblich Tiefgründiges zum Besten, aber hier scheint nicht viel unter Oberfläche zu lauern. Keine originale und keine originelle Story, kein raffinierter Schnitt. Ausstattung und Kamera wie erwartet gediegen, every frame a painting. Wer je eine fiktive deutsche Stadt des 19. Jahrhunderts atmosphärisch erleben wollte, kam wohl auf seine Kosten. Sounddesign und Musik, äh, angemessen. Depp spielt Skarsgard and die Wand. Orlock mit seinem drolligen slavischen Akzent und seinem Bismarck-Schneuz erinnerte mich irgendwie an Cholerik
Bild
aus Asterix bei den Goten.
Technisch gesehen ein Film, der nach OLED schreit. Soviel Nachtschwärze im Bild, die leider eine Standard-Kinoleinwand wie einen 2005er LED-TV wirken lässt.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



Axel
Beiträge: 17074

Re: Nosferatu

Beitrag von Axel »

Wolfgang Schmitt vom Filmanalyse-Kanal hebt hervor, dass die Unentschlossenheit zwischen technischem Purismus und CGI die Ästhetik eines B-Movie bewirkt. Das Fast-Schwarz-Weiß-Grading habe ihn oft denken lassen, ja doch, ich hab‘s kapiert. Edel, edel, aber warum lässt du nicht die Farbe gleich ganz weg? Außerdem, dass Siegfried Kracauer beim Murnau-Nosferatu im Nachhinein die Vorahnung der sich anbahnenden Tyrannei belegen wollte. Da ich vorgestern den Murnau (und den Herzog) nochmal komplett angeschaut hatte, war mir aufgefallen, dass die Bürger von Wisborg nicht sehr vorteilhaft wegkommen. Sie sind dümmliche Spießer, die zum Beispiel eine regelrechte Hexenjagd auf Herrn Knock (f.k.a. Renfield) anzetteln. Sie sind in all ihrer aufgeklärten Modernität schnell bereit, einen Sündenbock zu finden. Ratten, wie wir heute durch die epidemologische Forschung wissen, übertrugen nicht die Pest. Hätte man alle Ratten von der Demeter (Namen bei Murnau habe ich vergessen, irgendwas mit E) gleich im Hafen an der Einreise gehindert, wäre die Krankheit genauso schnell verbreitet worden. Irrationale Ängste, Aberglaube, böswillige Dummheit, das (und nicht „entweihte Erde“) ist der Nährboden für den Meister.

In 2025 scheinen wir uns wieder in einer Art Weimarer Republik zu befinden. Das spiegelt sich in Eggers‘ Nosferatu nicht. Seine tumben Deutschen sind kontemporäre Amis in farblich gedeckten Kostümen.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



7River
Beiträge: 4709

Re: Nosferatu

Beitrag von 7River »

Axel hat geschrieben: So 05 Jan, 2025 22:59 … und diese Erwartung wurde nicht enttäuscht. Nicht direkt langweilig, eher gepflegt unterhaltsam.
Kann dem nur zustimmen. Der Kinobesuch war es aber wert. Atmosphäre, Kostüme, Bilder…

Als Vampierfilm hat mir aber „Die letzte Fahrt der Demeter“ um einiges besser gefallen, muss ich sagen. Der ist ja Ende 2023 erschienen.
„Wissen Sie, Ryback, aussehen tut's köstlich. Aber riechen tut's wie Schweinefraß. Ich hab' Ihren Scheiß lang genug geduldet. Nur weil der Captain die Art liebt, wie Sie kochen. Aber dieses eine Mal ist er nicht hier und wird Ihnen nicht helfen können.“



Axel
Beiträge: 17074

Re: Nosferatu

Beitrag von Axel »

7River hat geschrieben: Do 16 Jan, 2025 11:26 Als Vampierfilm hat mir aber „Die letzte Fahrt der Demeter“ um einiges besser gefallen, muss ich sagen. Der ist ja Ende 2023 erschienen.
Dito. Ähnlich erging es mir mit dem Billig-Ableger „Aliens vs Predators“ im Vergleich zu Scotts „Prometheus“. Zu angestrengtes Pressen in der Bedeutungsschwangerschaft bei letzterem, (wenn auch sonst nichts dann zumindest) eine gute Show bei ersterem.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



Funless
Beiträge: 5957

Re: Nosferatu

Beitrag von Funless »

Ich habe ihn mir (jetzt endlich mal) gestern angeschaut und ich finde den Film echt gut.
Insbesondere weil das, was hier (und woanders) dem Film am meisten angekreidet wird (künstlich wirkende Bilder, bis in die letzte und kleinste Bewegung durchgeplante Chorographie), IMHO die größte Stärke des Films ist und Eggers somit seinem (Mainstream abseitigen und dennoch nicht im Arthouse verortetem) filmisch erzählerischen Stil vollkommen treu bleibt.

Wie auch schon in seinen vorherigen Filmen (sei es "The VVitch", "The Lighthouse", "The Northman") geht es Eggers beim Production Design seiner Filme IMHO nicht darum ein historisch absolut korrektes Abbild der jeweiligen Epochen, in denen seine Filme spielen, zu erschaffen (auch wenn sie beim ersten Blick genau diesen Anschein erwecken), sondern um ein (im wahrsten Sinne des Wortes) Bühnenbild, äquivalent der Bühne eines Theaters, auf der dann die Darsteller den Hauptanteil des Films tragen, während der Sound, das Production Design sowie die Kamera Arbeit für die sog. "Pace" des Films zuständig sind.

Und mich erinnert genau dieser filmerische Stil von Eggers sehr an Kubricks Filme (genauer, "2001", "Shining", "Full Metal Jacket"), die aus meiner Sicht den gleichen Stil der Inszenierung haben.

Wie gesagt, mir hat der Film sehr gefallen und tatsächlich wirkt er (bei mir jedenfalls) auch Stunden später immer noch nach.
Funless has spoken!
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"The enemy of art is the absence of limitations."
(Orson Welles)
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No Cenobites were harmed during filming.



Jörg
Beiträge: 10877

Re: Nosferatu

Beitrag von Jörg »

dann muss ich wohl ins Kino...



Funless
Beiträge: 5957

Re: Nosferatu

Beitrag von Funless »

Jörg hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 09:55 dann muss ich wohl ins Kino...
Ich befürchte den wirst du im Kino nicht mehr finden, ich habe ihn mir im "Heimkino" angeschaut.
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Axel
Beiträge: 17074

Re: Nosferatu

Beitrag von Axel »

Jörg hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 09:55 dann muss ich wohl ins Kino...
Musst wohl inzwischen streamen, was mE kein Problem ist, wenn du einen guten TV hast (besseres Schwarz) und z.B. spatial audio Kopfhörer. Kommt Kino nicht ansatzweise ran.

@Funless

Hätte ich den Film ohne Vorwissen gesehen und ohne Erwartungshaltung („Nosferatu ist ein Meisterwerk“ - „der beste Film des Jahrzehnts“) wäre ich sicher nicht so (mäßig) enttäuscht gewesen. Diese Bürde sollte einem Film nicht auferlegt werden. Bei meinem Kino-Kumpel-Schulfreund, dessen Ehrgeiz es ist, mich mit unerwarteten Funden zu überraschen, sehe ich dauernd aus der Zeit gefallene Meisterwerke - zuletzt Bertoluccis Der Konformist (der Film, der Coppola alles daran setzen ließ, dessen DoP, Vittorio Storaro, für Apocalypse Now zu gewinnen) und Roegs Walkabout, einen Film, der unser inflationär gebrauchtes „cinematisch“ verhöhnt (abzüglich allerdings der häufigen 70-er-Jahre Zooms). Zeitgenössische Filmkritiken liegen meist daneben.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



7River
Beiträge: 4709

Re: Nosferatu

Beitrag von 7River »

Funless hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 10:02 Ich befürchte den wirst du im Kino nicht mehr finden, ich habe ihn mir im "Heimkino" angeschaut.
Den hier schon…

„Wissen Sie, Ryback, aussehen tut's köstlich. Aber riechen tut's wie Schweinefraß. Ich hab' Ihren Scheiß lang genug geduldet. Nur weil der Captain die Art liebt, wie Sie kochen. Aber dieses eine Mal ist er nicht hier und wird Ihnen nicht helfen können.“



Funless
Beiträge: 5957

Re: Nosferatu

Beitrag von Funless »

Axel hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 10:21 @Funless

Hätte ich den Film ohne Vorwissen gesehen und ohne Erwartungshaltung („Nosferatu ist ein Meisterwerk“ - „der beste Film des Jahrzehnts“) wäre ich sicher nicht so (mäßig) enttäuscht gewesen. Diese Bürde sollte einem Film nicht auferlegt werden.
Mir persönlich gefällt Eggers Stil der Inszenierung seiner Filme grundsätzlich sehr, weil er mir zusagt, bzw. mich "abholt". Und wäre ich ein Filmemacher, würde ich meine Filme mit Sicherheit ähnlich inszenieren wie er. Somit wäre ich f. m. T. tatsächlich enttäuscht gewesen wenn "Nosferatu" ein völlig anderer Film gewesen wäre, als ich es von Eggers bisherigen Filmen gewohnt bin. "So I've got, what I've expected".

"Nosferatu" als Meisterwerk würde ich allerdings nicht bezeichnen, zumindest nicht in dem Sinne, wie bei einem Film ein "Meisterwerk" im Allgemeinen definiert wird. Und ich bin da auch bei dir, dass einem Film (egal welcher) solch eine Bürde gar nicht erst auferlegt werden sollte und erst recht nicht im Vorfeld, zumal IMHO (wenn man die Vergangenheit betrachtet) die wahren Meisterwerke sich erst im Nachlauf von Jahren in die Wahrnehmung als sog. "Meisterwerk" manifestieren (so wie bspw. ein jahrelang gereifter Wein). Da gibt es ja in der Filmgeschichte einen Haufen Beispiele hierfür.

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7River hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 11:36
Funless hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 10:02 Ich befürchte den wirst du im Kino nicht mehr finden, ich habe ihn mir im "Heimkino" angeschaut.
Den hier schon…

Ähhh ... aber das ist doch ein völlig anderer Film.
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7River
Beiträge: 4709

Re: Nosferatu

Beitrag von 7River »

Funless hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 12:04
Ähhh ... aber das ist doch ein völlig anderer Film.
Ja, stimmt natürlich. Da hast Du recht. Der scheint mir aber auch ziemlich gut zu sein. Der Kinostart ist ja jetzt im Oktober.
„Wissen Sie, Ryback, aussehen tut's köstlich. Aber riechen tut's wie Schweinefraß. Ich hab' Ihren Scheiß lang genug geduldet. Nur weil der Captain die Art liebt, wie Sie kochen. Aber dieses eine Mal ist er nicht hier und wird Ihnen nicht helfen können.“



Axel
Beiträge: 17074

Re: Nosferatu

Beitrag von Axel »

Funless hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 12:04 Mir persönlich gefällt Eggers Stil der Inszenierung seiner Filme grundsätzlich sehr, weil er mir zusagt, bzw. mich "abholt".

Stimmt schon.
Funless hat geschrieben: Fr 10 Okt, 2025 12:04
zumal IMHO (wenn man die Vergangenheit betrachtet) die wahren Meisterwerke sich erst im Nachlauf von Jahren in die Wahrnehmung als sog. "Meisterwerk" manifestieren (so wie bspw. ein jahrelang gereifter Wein). Da gibt es ja in der Filmgeschichte einen Haufen Beispiele hierfür.
Northman mochte ich spontan beim ersten Sehen (Kino), zuhause nicht mehr so. Nicht so einfach, die Parallele zu Boormans Excalibur zu sehen, der für mich persönlich ein sehenswerter Film ist wegen seines eigenwilligen Stils. Den ich übrigens früher (auf VHS gesehen) doof fand. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, aber Geschmackskriterien verblassen im Laufe der Zeit. Manche Filme wirken nach, ohne dass man es mitbekommt, und wenn man sie nach Jahren wieder sieht, merkt man, dass sich die eigene Perspektive verändert hat.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



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