Wieder zurück zum sozialistischen Machwerk mit erotischer Note und durchgeknallter Hauptfigur ;-)
Der zweiten, durchgeknallten Figur wird und wurde zu wenig Beachtung geschenkt. Denn ihre Geschichte wird auch erzählt, und zwar von Dr. Godwin Baxter (aka Willem Dafoe, für einmal
ohne 'Maske'! ... was??) selbst.
Wie wurde er der, der er nun ist, und warum?
Und was für ein Verhältnis haben Bella, die nun seinen Nachnamen trägt, und er eigentlich?
Kaum ist sie aus dem Totenreich zurück, da steht er schon an ihrer Seite und kümmert sich um sie. Scheinbar aus fast väterlichem Mitgefühl, aber vielleicht auch aus reinem Kalkül: Der Wissenschaftler ohne Skrupel möchte wissen, ob seine Operation gelungen ist und wie das Ergebnis sich entwickelt.
Als Bella dann mit Glücksritter und Ego-Casanova
Duncan auf grosse Reise geht und dabei den enttäuschten und verliebten Max McCandles wie auch ihren Retter und Neugestalter zurücklässt, ist ungewiss, ob sie jemals zurückkehren wird. Aber Dr. Baxter ist zuversichtlich. Er traut ihr etwas zu - dass sie sich behauptet und dass sie sich an ihn erinnert. Viel später, aber doch früher als erwartet, kommt der Moment der Wahrheit.
Und Bella ... (plötzlicher Schreibstau (ächz) ... aber der klärende Kinobesuch lohnt sich, und wenn's nur zur Bestätigung ist, dass dies der schrecklichste Fehlgriff war, den man sich filmisch je erlaubt hat!) ...
Nachtrag:
Film und Thema lassen mich noch nicht los, und ich stiess bei neuen Recherchen auf eine weitere Filmkritik, die genauer hinschaut als alle anderen: Sie vergleicht die gleichnamige Geschichte aus Alasdair Grays Buch von 1992 mit der jetzigen Kinogeschichte "Poor Things" und kommt zum Schluss, dass die Bucherzählung noch einen weiteren Schwenker macht, der im Kino nun fehlt: Nämlich, dass Bella ihre (vorläufige) Lebensgeschichte (= die Kinogeschichte), die im Buch durch ihren inzwischen verstorbenen Ehemann (im Kino Max McCandless, im Buch Archibald) in der Rückschau erzählt wurde, nachträglich in einem Brief korrigiert und als Erfindung abtut. Nachzulesen in dieser erhellenden Kritik (die das Filmende nicht abwertet, aber doch um diesen interessanten Punkt ergänzt):
Wer hat Angst vor Bella Baxter? Frankensteins unersättliche Tochter: Emma Stone spielt in «Poor Things» ein feministisches Monster auf Bildungsreise.
Von Florian Keller (nicht datiert)
https://www.woz.ch/wobei/24-1/poor-thin ... WGBZ4SH2SF