7River hat geschrieben: ↑So 14 Jan, 2024 06:17
iasi hat geschrieben: ↑Sa 13 Jan, 2024 20:41
Der Film war bisher übrigens ein veritabler Flop an der Kinokasse - mit gerade mal 156 Mio.$.
Womit wir wieder mal beim Zusammenhang zwischen Qualität und Erfolg wären, den Frank immer zu sehen glaubt. ;)
Das lag wohl am Thema. Gerade die weiblichen Fans von DiCaprio wird das abgeschreckt haben. Ähnlich wie bei Brad Pitt in „Der seltsame Fall des Benjamin Button“. Hinter uns saßen Damen im Kinosaal, die empört raus gingen, weil ihr schöner Star in einer falschen Rolle spielte.
Das war im Vorfeld (Trailer etc.) doch völlig unklar. DiCaprio hat insgesamt, aber auch bei Scorsese selbst, stark unterschiedliche Rollen gespielt. Mit ihm auf dem Plakat ist meist eher eine gebrochene Figur assoziiert. Man geht nicht in den Film, um ihn als "schönen Star" zu feiern, sondern als Garanten für Saft und Kraft. Das kann man ihm auch in Flower Moon nicht absprechen. Er stellt einen schlimmen Opportunisten dar, aber mit so vielen Nuancen, wie es menschenmöglich ist.
Bei einer dezidierten Streaming-Kino-Mischkalkulation wie in diesem Fall weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob Apple 156 Millionen als veritablen Flop verbuchen würde. Es wäre auch besser, von Misch-
Spekulation zu sprechen, denn bei solchen Projekten kann niemand wirklich kalkulieren, ob und wie sich das rentiert. Das Wie könnte zum Beispiel auch in der Aufwertung der eigenen Marke liegen. Dass es zum Beispiel als Prestigeprojekt schon im Vorfeld abgeschrieben wird, in etwa so, wie eine Anwaltskanzlei einen Klienten ohne eigene Mittel
pro bono vertritt.
Hat der große Scorsese verdient, dass er als Content-Creator, als besserer Youtuber, sein Gnadenbrot von Netflix und Apple bezieht? Schauen wir bei ihm mal auf die (Hannibal-Lecter-Zitat, Marc Aurel zitierend) "ersten Prinzipien". Was tut er? Was interessiert ihn an
Kino? Er mag offensichtlich Gangsterfilme, da ist er in seinem Element. Die Art und Weise, wie er Korruption dramatisiert, war immer erfolgreich, sowohl beim Box Office als auch bei Rotten Tomatoes. Ist seine Botschaft an uns nun, schaut her, wie schlimm Korruption uns alle korrumpiert?
Das würde ich bestreiten. Filme mit einer Botschaft vertrauen nie auf
unser grundlegendes Bedürfnis beim Kino: Wunscherfüllung, Lust, Abenteuer. Kein erfolgreicher Gangsterfilm war jemals erfolgreich, weil er die Gesellschaft vor der Kriminalität gewarnt hat, sondern weil wir uns darin suhlen durften. An Scarface, Der Pate, Good Fellas, Wolf of Wall Street und den Sopranos ist *nichts* erbaulich!
Der erste Film, aus dem ich mit meinem Bruder mittendrin rausging, war Der mit dem Wolf tanzt. Wir konnten den Film nicht ertragen (heute habe ich eine mildere Einstellung dazu. Ich verließ das Kino auch bei Aronofskys The Fountain und blieb nur aus Höflichkeit bei Interstellar bis zum bitteren Ende). Damals existierte der Begriff noch nicht, aber wir fanden den Film zu woke. Flower Moon, obwohl nicht woke, hat ein ähnliches Message-Problem im Marketing. Die betulichen Kritiker, die ihn als Meisterwerk loben (obwohl er eines ist: das souveräne Werk eines Meisters halt), signalisieren unterschwellig, dass es ein betulicher Film ist, der meine Lust auf Kino (s.o.) schmälert.
Und, wie gesagt, im Nachhinein muss ich gestehen, dass der Film Emotionen sehr gut
gezeigt hat, aber mich emotional kaum mitgenommen hat.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...