Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Do 05 Aug, 2021 13:36
- Auf den McDonalds Kaffebechern steht ja auch, daß der Kaffee heiß ist, nur weil sie irgendein Idiot mal deshalb verklagt, und auch noch gewonnen hat.
Das ist übrigens ein bißchen eine urbane Legende - der tatsächliche Fall war komplexer. Eine ältere Dame hatte bei einem McDonalds-Drive In einen Becher Kaffee bestellt, im AUto versehentlich über dem Schoß ausgekippt, und kriegte davon Verbrennungen dritten Grades im genitalen Bereich bzw. von 6% ihrer Hautoberfläche, war eine Woche lang im Krankenhaus, wo sie Hauttransplantationen erhielt. Auch nach der Operation war sie teilweise entstellt und musste zwei Jahre lang in medizinische Behandlung.
Ihre Klage ging ursprünglich nur um Rückerstattung der Krankenhausbehandlungskosten von 20.000 Dollar, die im Gesundheitssystem der USA ja nicht durch eine allgemeine Krankenversicherung gedeckt sind, sondern auf denen man i.d.R. als Privatperson sitzenbleibt.
Während des Prozesses kam heraus, dass es in McDonalds' internem Regelwerk eine verpflichtenden Anweisung für alle Filialen gab, dass gebrühter Kaffee auf einer Temperatur von 82-88 Grad Celsius warmgehalten werden müsse. In dem Prozess sagten Experten aus, dass 88 Grad heisser Kaffee bereits nach 3 Sekunden Hautkontakt Verbrennungen auslösen kann, die Hauttransplantationen nötig machen; bei 82 Grad heissem Kaffee entstehen derartige Verbrennungen nach 12-15 Sekunden.
Die hohen Temperaturen des McDonalds-Kaffees stellten sich dabei als Ausnahme in der Restaurant-Industrie heraus. (Üblich sind wohl 60-70 Grad, die einem mindestens 20 Sekunden Zeit geben, ausgekippten Kaffee von der Haut zu entfernen, bevor gefährliche Verbrennungen entstehen können.) McDonalds' Anwälte argumentierten damals im Prozess, dass man den Kaffee so heiss serviere, weil die typischen McDrive-Kunden Pendler sind, die lange Strecken zurücklegen und nicht wollen, dass ihr Kaffee unterwegs kalt wird.
Im Verlauf des Prozesses kam auch heraus, dass es von 1982 bis 1992 mehr als 700 aktenkundige Fälle von schweren Verbrennungen durch McDonalds-Kaffee gab. McDonalds wurde letztlich wegen Fahrlässigkeit ("comparative negligence") zu einer der Millionen-Strafen verurteilt, wie sie bei Verbraucher- bzw. Schadenersatzprozessen in den USA auf der Grundlage gefährlicher bzw. unsicherer Industrieprodukte üblich sind, wobei die Geldstrafe von 2,86 Millionen (von der die Klägerin 640.000 erhielt) noch Peanuts ist, wenn man sich mal die Strafen bei ähnlichen Verfahren in den USA (gegen Auto- und Pharmahersteller, Deutsche Bank, Bayer/Monsanto etc.) ansieht. McDonalds hatte im Prozess übrigens einen von der Klägerin angebotenen Vergleich über 90.000 Dollar abgelehnt...