pillepalle hat geschrieben: ↑Di 05 Jan, 2021 01:19
@ iasi
Du siehst das aber auch immer nur aus der Sicht des Hobbyfilmers, der mit Kameras ohne solides Bajonett und wackeligen Bastellösungen meist noch als Soloshooter arbeitet. Im Moment gibt es noch genug gute Gründe nicht mit internen Fokusmotoren zu arbeiten. Präziser sind die AF Systeme auch nicht, die Kameralektronik kann nur schneller und wiederholbarer als ein Mensch reagieren. Das ist aber etwas anderes, als von höherer Präzision zu sprechen.
Allein schon, dass ein FF abnehmbar sein muss, bringt Toleranzen ins Spiel, die man bei einer integrierten Lösung nicht hat.
Zudem reden wir von professionellem Werkzeug, mit dem Fotografen schon seit langem arbeiten, also lass mal den "Hobbyfilmer" stecken.
Die Monster-Bajonette von Cine-Cams resultieren doch gerade aus der Größe und dem Gewicht der Cine-Objektive sowie den Kräften durch den FF.
pillepalle hat geschrieben: ↑Di 05 Jan, 2021 01:19
AF-Objektive sind völlig anders gebaut als manuelle Optiken. Zum einen, weil die AF-Motörchen nicht kräftig genug sind um größere Linsenelemente zu bewegen, zum anderen weil die Fokuswege möglichst kurz gehalten werden müssen, um schnell fokussieren zu können. Es wird schon bei der Objektiventwicklung berücksichtigt, ob das Objektiv ein AF-Objektiv, oder ein manuelles Objektiv werden soll. Zudem sind die Bewegungen in einigen hochwertigen Cinemaoptiken so komplex das mehrere Motoren in unterschiedliche Richtungen und mit unterschiedlichen Übersetzungen arbeiten müssten. Der Grund, warum es bei vielen Optiken im Fotobereich nie einen AF gab, ist der, dass die Optik damit viel zu groß und schwer werden würde. Wie im Beispiel des neuen 0,95/58 Noct von Nikon. Wenn Du wegen Deiner AF Motoren nochmal 1 Kilo Zusatzgewicht in Kauf nehmen möchtest, dann hätten sie dort vielleicht auch AF-Motoren hinein packen können. Das möchte aber niemand. Viele Cine-Optiken sind auch wegen der komplexen Mechanik viel größer und schwerer als Fotooptiken und wiegen teilweise über 10kg. Da bräuchte es einfach einen enormen Aufwand die zu motorisieren. Es gibt auch kein Einheitliches AF-System. Wenn z.B. RED einen AF von Canon benutzen würde und die Sony Venice einen Sony AF, kämen auch noch Kompatibilitätsprobleme dazu. Baut Cooke dann zukünftig seine Cine Optiken in 5 Versionen? Das löst man mit externen Motoren deutlich einfacher, kostengünstiger und zuverlässiger.
Es gibt auch AF-Objektive, die man manuell fokussieren kann. Wenn die aufwendige Mechanik jedoch wegfallen kann, da der AF so gut funktioniert, spart dies Platz und Gewicht.
Ultrasonic-Motoren sollte man zudem auch nicht mit Micro-Motoren verwechseln. Kraft und Fokusweg sind hier auch nicht stärker limitiert, als bei mechanischen Objektiven.
pillepalle hat geschrieben: ↑Di 05 Jan, 2021 01:19
Und der letzte Punkt (die Zuverlässigkeit) ist im professionellen Bereich sehr wichtig. Jede Elektronik gibt irgendwann den Geist auf und macht das ganze System empfindlicher. Deshalb haben auch moderne Optiken eine kürzere Halbwertszeit als klassische, rein mechanische Objektive. Wer möchte eine 30.0000,-€ Optik kaufen, bei der die Elektronik nach 10 Jahren den Geist aufgibt? Und womöglich aufgrund mangelnder Bauteile die Platinen nicht mehr repariert werden. Und was macht man am Set, wenn der AF dann mal doch nicht so funktioniert wie gewünscht? Bucht man dann schnell mal einen Fokuspuller mit Optik?
Warum sollte ein Ultrasonic-Motor im Innern eines Objektivs empfindlicher sein, als mechanische Bauteile, die zum Teil ungeschützt sind?
Fotografen arbeiten nun schon Jahrzehnte mit AF-Objektiven unter härtesten Bedingungen. Von Ausfällen des AF hab ich noch nichts gehört.
Ein Sigma AF 200-500mm 2.8 DG Asp APO kostet übrigens auch 20.000€ und hat dennoch einen AF.
Und auch ein Mittelformatobjektiv wie das Phase One Schneider Kreuznach LS 40-80mm f/4.0-5.6 hat einen AF-Motor. 10.000€ sind dafür auch fällig.
pillepalle hat geschrieben: ↑Di 05 Jan, 2021 01:19
Bei allen Fortschritten die der Autofokus in den letzten Jahren gemacht hat sind die Systeme noch nicht so gut, dass sie Menschen wirklich ersetzen könnten. Es gibt viele Situationen wo sie extrem nützlich sind und auch sinnvoll eingesetzt werden können, aber genau so viele wo es eben doch noch manuelle Arbeit braucht. Selbst im Fotobereich wird der AF nur dort eingesetzt, wo er wirklich gebraucht wird (da wo es schnell gehen muss). Und auch da gibt es immer die Option des manuellen Overrides, um ggf. manuell eingreifen zu können. Ist höchste Qualität gefordert, wird fast immer Manuell gearbeitet (zumal auch die besten Optiken meist rein manuelle sind). Wenn Du für Uschis Pudelparadies einen Imagefilm drehst, ist es egal wenn Du eine Szene 5 Mal wiederholen musst weil der AF nicht richtig reagiert. Uschi kennt es auch nicht anders. Mit einem bekannten Schauspieler und einer großen Crew am Set möchtest Du aber nicht so arbeiten. Jedes Werkzeug/Hilfsmittel hat einen bestimmten Einsatzzweck. Bis der AF bei szenischen Kinoproduktionen regelmäßig eingesetzt wird, dauert es noch eine ganze Weile.
VG
Zuverlässig?
Ich hab mal wieder einige Folgen von
Two and a Half Men gesehen. Recht teure Produktionen. Und doch sitzt der Fokus oft nicht. Wie z.B. bei einer Folge mit Gaststar Martin Sheen.
Zudem kann man AF-Motoren auch manuell ansteuern und muss die Kontrolle über den Fokus nicht der Kamera überlassen.
Höchste Qualität?
Es gibt nicht viele Cine-Objektive, die bei Vollformat und f1.2 die Abbildungsleistung des Canon RF 85mm 1.2 L USM DS bieten.