Frage von ruessel:Ich konstruiere seit einiger Zeit ein spezielles Mikrofon aus 20cm polierten Edelstahl, damit kann man recht leicht ordentliche Stereo Aufnahmen von Konzerten machen. Wie gesagt das Teil ist noch in der Erprobung.
Ich habe den Prototypen über Weihnachten verliehen und ein Filmer hat heute dieses Oboe Demo hochgeladen:
das Mikro steht hinter dem Dirigenten (die schwarze Kugel, neben dem rechten Bein)
ich finde es klingt schon sehr gut...... Die Tonaufnahme wurde nicht weiter klanglich bearbeitet - nur normalisiert auf 100%.
Antwort von Pianist:
Ja, das klingt schon ziemlich gut. Ich nehme an, dass Du den Eigenbau machst, weil Dir die 6.000 EUR für das Schoeps KFM 6 zu viel sind?
Allerdings birgt das natürlich das Risiko, nennenswerte Störgeräusche aus dem Publikum mit aufzunehmen, wie hier auch zu hören (z.B. Fotograf).
Der Raum scheint eine sehr kurze Nachhallzeit zu haben. Ich finde die Aufnahme fast ein wenig zu trocken, dabei ist es sonst eher so, dass die Leute mit einem Kugelflächen- oder Grenzflächenmikrofonen zu viel Raumhall einfangen.
Die Aufnahme würde vielleicht noch schöner werden, wenn das Mikrofon etwas höher und etwas weiter weg aufgestellt worden wäre. Das aber natürlich nur bei Aufnahmen ohne Publikum.
Jedenfalls: Wenn man keinen großen Mikrofonierungsaufwand treiben kann oder möchte, ist das eine recht annehmbare Alternative.
Matthias
Antwort von ruessel:
Die Aufnahme würde vielleicht noch schöner werden, wenn das Mikrofon etwas höher und etwas weiter weg aufgestellt worden wäre.
Höher finde ich auch (Ohrhöhe)... weiter weg bin ich mir nicht sicher, leidet evtl. die Stereobasis darunter.
ich habe damit selber auch Klassikaufnahmen gemacht, direkt in Kopfhöhe neben dem Dirigenten - der Tontechniker des Veranstalters wollte das Ergebnis nicht glauben, "Das klingt ja wie fertig abgemischt" waren seine Worte ;-)
Schoeps KFM 6
Die benutzen eine andere Oberfläche. Meine sehr harte und extrem glatte Stahloberfläche hat im Klang noch weiter Vorzüge..... am Anfang hatte ich Kunststoff für die Kugel benutzt - der Klang war völlig unbefriedigend.
Ich würde gerne mal Hartholz austesten, aber das drehen einer Kugel in dieser Größe mit polieren kostet als Einzelstück um die 800 Euro.....
Antwort von Pianist:
Du wirst Dich ja vermutlich schon mit den verschiedenen Stereo-Aufnahmeverfahren (Klein-AB, Groß-AB, ORTF, NOS, Decca-Tree, XY, Jecklinscheibe usw.) beschäftigt haben.
Kennst Du die Seite von Eberhard Sengpiel? Ihn könntest Du auch mal anmailen und fragen, was er von Deiner Lösung hält und ob er noch Tipps für Dich hat. Er ist zwar wie ich der Meinung, dass reine Hauptmikrofonverfahren (ohne Stützmikrofone) bei größeren Orchestern nicht ausreichend sind, aber ich finde schon, dass es gut ist, wenn sich jemand interessante Lösungen für Situationen überlegt, wo man eben keine 30 Mikrofone, kein Riesenmischpult und kein unbegrenztes Budget zur Verfügung hat.
Eberhard hat auf seinen Seiten auch eine Simulation, wo Du mit verschiedenen Verfahren und Aufstellungen experimentieren kannst. Da wirst Du feststellen, dass Deine Sorge wegen der Stereobasis bei etwas größerem Abstand unbegründet ist. Im Gegenteil: Zu nah dran macht auch Probleme, weil die vorderen Instrumente zu laut und die hinteren zu leise sind.
Im Prinzip hilft da nur ausprobieren. Und es gibt ja Orchester, die da gerne mitmachen, wenn sie dafür eine schöne Aufnahme kriegen.
Matthias
Antwort von handiro:
Ja das klingt gut, vor allem dafür, dass es da unten steht. Ich würde es auch weiter weg und höher aufhängen. Was für Kapseln benutzt Du?
Antwort von ruessel:
Ich nehme an, dass Du den Eigenbau machst, weil Dir die 6.000 EUR für das Schoeps KFM 6 zu viel sind?
Naja, inzwischen hat das Projekt auch schon einen kleinen vierstelligen Betrag gekostet (einzelstück), habe mindestens 4 Kugeln schon bei der Entwicklung geschrottet. Die Membranposition ist im Klang sehr kritisch - fast so als wenn man sich ein Objektiv selber baut...
Das Kugel-Mikrofon kann ich nicht verkaufen (hoher Aufwand), eher wochenweise vermieten. Das nächste wird evtl. noch aktiv auf -15 Grad gekühlt (zumindest die Signalelektronik).
Du wirst Dich ja vermutlich schon mit den verschiedenen Stereo-Aufnahmeverfahren (Klein-AB, Groß-AB, ORTF, NOS, Decca-Tree, XY, Jecklinscheibe usw.) beschäftigt haben.
Ja und ich finde da sind ein paar Konstruktionen dabei, die sich besonders für Filmer eignen.
Kennst Du die Seite von Eberhard Sengpiel?
Ja, die Seiten habe ich vor Jahren schon studiert.... waren sehr informativ, oder sind sogar die Informativsten Seiten über Mikrofonie.
Ich habe einen Gedanklichen Austausch mit einem ehemaligen Mitarbeiter einer sehr bekannten Mikrofonfirma. Er war direkt in der Entwicklungsabteilung einige Jahrzehnte beschäftigt und kennt noch viele weitere Konstruktionen die es dort nicht bis zur Marktreife geschafft haben (zu kleiner Markt für diese Konstruktionen). Er hilft mir auch bei einigen Berechnungen......Da ist noch einiges zu testen ;-)
Da wirst Du feststellen, dass Deine Sorge wegen der Stereobasis bei etwas größerem Abstand unbegründet ist. Im Gegenteil: Zu nah dran macht auch Probleme, weil die vorderen Instrumente zu laut und die hinteren zu leise sind.
Man sagt bei Kugelmikrofone einen idealen Stereowinkel von ca. 90 Grad (vorn-hinten, oben-unten) zu, bei meiner Kugel finde ich, dass sogar 120 Grad drin sind. Aber selbst bei 180 Grad ist die Aufnahme nicht völlig versaut, nur die Instrumente kleben dann bei Lautsprecherwiedergabe total im linken bzw. rechten Tonkanal und sind etwas lauter, schriller Ton konnte ich nicht in der Praxis feststellen.
Was für Kapseln benutzt Du?
Es sind gepaart ausgemessene Kapseln aus Russland. Sie zeichnen sich durch eine sehr dünne Goldfolie aus, sie schwingen sehr agil... und haben idealer weise einen kleinen Tonbuckel, der die Frequenzerhöhung der Kugel im kritischen Bereich schön ausgleicht. Ich benötige deshalb auch keine Tonfilter intern die wieder andere Probleme erzeugen können (z.B. Phasenverschiebung etc.). Es ist nur ein wenig rauscharme Elektronik verbaut für die 48V Phantomspannung und für den symmetrischen XLR Stereoausgang.
Antwort von ruessel:
Weitere Demo Kugelmikrofon, habe heute die Links dazu bekommen.
Konzert für Klarinette und Orchester KV 622 Allegro:
Konzert für Klarinette und Orchester KV 622 Adagio:
Antwort von arfilm:
Wolfgang: Supergeil :)
Antwort von Pianist:
Alles, was ich dort höre, und auch hören möchte, klingt wirklich sehr gut. Aber leider höre ich eben auch vieles, was ich nicht hören möchte, zum Beispiel das Husten im Publikum. Das ist der große Nachteil bei diesem Aufnahmeverfahren. Und ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn da mal ein Dirigent am Pult steht, der zu sehr ausgeprägten Eigengeräuschen neigt.
Folglich muss jeder Auftraggeber selbst entscheiden, ob er solche Nachteile akzeptiert, und dafür eine ziemlich gute Aufnahme zu einem deutlich niedrigeren Preis bekommt als mit einem herkömmlichen Verfahren aus Haupt- und Stützmikrofonen.
Matthias
Antwort von ruessel:
Aber leider höre ich eben auch vieles, was ich nicht hören möchte, zum Beispiel das Husten im Publikum.
das ist richtig. wer das nicht möchte, müsste die Kugel mitten in das Orchester stellen, es gibt ja kein vorne und hinten.
Es ist aber sehr erstaunlich, das so eine Konstruktion zum filmen vieles erleichtert, wie oft habe ich vom Mischpult brummen oder Pegelsprünge per XLR bekommen. Kugel hinstellen, XLR Kabel in die Kamera - fertig!
Auch ein Vorteil der Kugel gegen gerichtete Mikrofone: der Frequenzgang geht fast bis auf 10 Hz herunter, bei Niere meist nur bis 50Hz - das kann bei Klassik schon einen hörbaren Unterschied machen (Orgelkonzert geht bis zu 16Hz herunter, das sind die ganz großen Pfeifen).
Antwort von carstenkurz:
Weitere Demo Kugelmikrofon, habe heute die Links dazu bekommen.
Konzert für Klarinette und Orchester KV 622 Allegro:
Konzert für Klarinette und Orchester KV 622 Adagio:
So absurd kann Wahrnehmung sein - der erste Eindruck bei mir ist: Playback - da hat jemand eine professionelle Tonaufnahme eines Profiorchesters unter Videoaufnahmen eines Hobbyorchesters gelegt.
Wirklich beeindruckend. Dass zusätzlich Publikumsgeräusche drauf sind, lässt sich aber mit anderen Mikrofonierungstechniken auch nicht wirklich vermeiden. Wirklich cleane Aufnahmen gelingen auch den Profis nur ohne Publikum.
- Carsten
Antwort von ruessel:
Jetzt habe ich da Monate an dem Teil gefeilt, nun muss ich feststellen, das meine selektierten Bauteile teilweise nicht mehr lieferbar sind. Ich habe noch genau einen Satz hier liegen, sollten eigentlich Ersatzteile sein.
Antwort von freezer:
Das klingt wirklich sehr gut Wolfgang. :-)
Blöd, dass das mit den Teilen so schlecht gelaufen ist.
Eine Frage:
Wenn ich das System richtig verstehe, nutzt Du die Kugel als Resonanzkörper für zwei Mikrofone, welche im Inneren versetzt zueinander aufzeichnen. Könntest Du dann nicht einen Teil des freien Raums hinter den Mikrofonen für eine akustische Dämpfung nutzen, um so (hoch & mittelfrequente) Geräusche aus dem Publikumsbereich etwas zu dämpfen?
Und wie wäre es, wenn Du Deinen Prototyp bei zB Rode vorstellst und in Kooperation fertigen lässt?
Antwort von ruessel:
nutzt Du die Kugel als Resonanzkörper für zwei Mikrofone
Als TRENNkörper........
Könntest Du dann nicht einen Teil des freien Raums hinter den Mikrofonen für eine akustische Dämpfung nutzen, um so (hoch & mittelfrequente) Geräusche aus dem Publikumsbereich etwas zu dämpfen?
Könnte man machen, würde auf der Bühne aber seltsam ausschauen - mit einer 2 qm großen Isolierwand ;-)
Ich denke das Kugelmikrofon ist für viele Einsätze ideal, für einige nicht brauchbar.
Gestern in der Kneipe mit dem Kugelmikrofon (Ton von der Tonspur Canon XHA1): http://www.fxcinema.de/temp/kneipe.mp3
Und wie wäre es, wenn Du Deinen Prototyp bei zB Rode vorstellst und in Kooperation fertigen lässt?
Lass mich doch einmal etwas exklusives besitzen... ;-)