gestern hab ich mir die DVD "Gladiator" angesehen. Dabei habe ich mir den Ton (bei der Schlacht in Germanien) einmal in Dolby Digital 5.1 angehört und einmal mit einem normalen Stereo-Kopfhörer.
Die phantastische Qualität des Sound kommt bei BEIDEN Hörweisen rüber. Die Surround-Mischung macht definitiv nicht die Kinoqualität aus - obwohl man heutzutage immer gleich 5.1 mit Kino und Standard-Stereo mit Omas Radio verbindet - völliger Unsinn. ;-)
Nun meine Frage:
Es war in Gladiator der Einsatz der einzelnen Sounds, insbesondere der sehr beeindruckende Hall etc. der den Gesamteindruck ausmachte.
Wer kann mir Tips oder Links geben, die dem eigenen Filmton diese "räumliche Tiefe" großer Hollywoodfilme geben ?
Wir arbeiten gerade an einem Spielfilm der einen solchen Ton gebrauchen könnte, daher bin ich für jeden Tip dankbar. Ich meine dabei nicht Tips zur O-Tonaufnahme sondern zum "Sounddesign" in der Nachbearbeitung.
Hallo Hartmut,
du hast natürlich Recht, dass eine GUTE ABMISCHUNG auch in Stereo und sogar manchmal in Mono gut klingt.
Hier ist das Geheimnis: Der 5.1 - Ton ist eine Abmischung in 6 Kanälen, die, was die Ton-Events betrifft, sauber getrennt sind. Dadurch ergibt sich eine Transparenz des Raums, die eine grosse Tiefe suggeriert.
Aber: Live-Ton, der parallel zur Bildaufnahme und womöglich mit nur einem Mikrofon "mit"-geschnitten wurde, enthält notwendigerweise viele auch unerwünschte Events wie unterschiedlich prägnante Stimmen der Darsteller aufgrund unterschiedlicher Entfernung zum Mikro (vielleicht wendet einer nur den Kopf aus dem Aufnahmebereich des Richtmikros), "realistische" Nebengeräusche, Reflexionen von Wänden, etc.
Ausserdem hast du nur einen Tonbrei, an dem es auch mit den raffiniertesten Filtern nicht mehr viel abzuschmecken gibt.
Regel Nr. 1: Vergiss Realismus! Frage dich: Mit welchen Klangfarben, Nuancen will ich den Raum, den man sieht, füllen, wie soll er "riechen"?
Regel Nr. 2: Trenne deine Zutaten. Versuche, Stimmen von Darstellern möglichst einzeln (per Mikro-Angel oder Ansteckmikro) und unverzerrt aufzunehmen. Die Canon XLs und die Panasonic DVX 100 erlauben es, zwei Mikrofone auf getrennte Spuren aufzeichnen zu lassen. Geht das bei dir nicht, verwende Tonbänder, DAT-Recorder oder MD-Recorder und benutze eine Filmklappe zur Synchronisation. Benutze in diesem Falle die DV-Tonspur nur als Orientierung.
Regel Nr. 3: Jage und sammle! Benutze für ein vorbeifahrendes Auto, eine gurrende Taube, Regen oder Sonnenschein nicht das öde Original, sondern saubere Konserven. Sammle Töne auf CD, durchforste auch "Sound-FX"-CD´s, werde Foley-Artist (mache deinen eigenen surrealen Regen mit Trockenerbsen, die in einer Salatschüssel kreiseln).
Regel Nr. 4: Mix it, Baby! Ein guter Longdrink besteht nicht aus 20 Zutaten. Eine Grundnote mit Anklängen von Obertönen, mit eindeutigem Geschmack. WIE klingt der Verkehr im Hintergrund? Düster? Heiter? Bedrohlich? Dumpf, als stündest du unter Drogen? Naja, jedenfalls nicht nur einfach "realistisch". Klingen Pfeile, die durch die Luft pfeifen, wirklich so? Knarrt ein gespanntes Katapult wie die Gorch Fock, bevor sie auseinanderbricht? Klingt eine Streitaxt im Brustkorb wirklich wie "damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeissen können"? Und vor allem: Würde man in einem Kampfgetöse Deutschland vs. Italien wirklich solche Details noch heraushören können?
Regel Nr. 5: Spuren sichern! Halte möglichst viele Audiospuren in deinem Schnittprogramm (oder in deinem Audio-Sequenzer) solange wie möglich getrennt. Höre sie wenn möglich einzeln zusammen mit den Bildern ab. Lass dir auch nach dem fertigen Mix die Option, an einer Spur Lautstärke, Panning, Effekte nachträglich zu ändern, indem du diese Versionen sicherst.
Regel Nr. 6: Die Wahl der Waffen. Verwende die richtigen (nicht notwendig die teuersten) Mikrofone. Delegiere den Ton bei der Aufnahme an einen Tonmann. Traue deinen Lautsprechern nicht. Benutze für die (Stereo-) Abmischung einen passenden Kopfhörer, wie in dem Beitrag "Empfehlung für Mikrofon" beschrieben.
Ich könnte noch weiterschreiben, but you got the picture!
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...
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