iasi hat geschrieben: ↑Fr 07 Mär, 2025 00:05
Ein f1.4-Objektiv belichtet ein ISO100-Negativ unabhängig von dessen Größe.
Tut es eben nicht, und da liegt Dein Missverständnis, bzw. der Teil der Gleichung, den Du ausser acht lässt.
Ein Kleinbild-f1.4-Objektiv belichtet nur ein 36x24mm-Kleinbild-Negativ, nicht ein 90x60mm-Mittelformat-Negativ. Bzw., um bei Digitalkameras zu bleiben: Ein APS-C-f1.4 Objektiv, wie z.B. das Sigma 30mm/1.4, belichtet einen APS-C-Sensor mit seinen 24x16mm, aber nicht mehr einen FF-Sensor mit 36x24mm (sondern projiziert auf ihn ein Bild mit schwarzen Rändern).
Wenn Du das f1.4-APS C-Objektiv optisch so modifizierst, dass es FF abdeckt, dann verteilt sich das austretende Licht über einen größeren Bildkreis bzw. die doppelte Fläche. Dadurch schwächt sich das Licht pro Sensor-Quadratmillimeter auf die Hälfte ab (da Du ja mit demselben austretenden Licht die doppelte Fläche beleuchten musst), und sinkt die Lichtstärke des Objektivs auf f2.0.
Daher ähnelt die Konstruktion eines f1.4-APS-C-Objektivs dem eines f2.0-FF-Objektivs, und sind beide Objektive auch ähnlich groß und schwer. [Und Firmen wie Olympus hatten es als ihr Geschäftsmodell, f1.2-MFT-Objektive mit der Konstruktionskomplexität von f2.4-FF-Objektiven nur knapp unter den Preisen von f1.2-FF-Objektiven zu verkaufen, an Kunden, die dachten, "bei MFT kriege ich f1.2-Objektive für weniger Geld und mit einem Bruchteil des Gewichts".]
Und es gilt auch das umgekehrte: Wenn Du ein f2.0-FF-Objektiv optisch so modifizierst, dass sein austretendes Licht bzw. sein Bildkreis auf APS-C verkleinert wird und damit nur noch die Hälfte der Sensorfläche ausleuchtet, verdoppelt sich das Licht pro Sensor-Quadratmillimeter und erhöht sich die Lichtstärke des Objektivs auf f1.4. Genau das macht ein Speedbooster.
Der zweite Teil der Gleichung, den Du offenbar nicht verstehst (wenn ich Deine obigen Ausführungen zu dem DPreview-Artikel lese), ist, wo Bildrauschen herkommt, und was seine Korrelation zur eingefangenen Brutto-Lichtmenge ist. Ein typisches Missverständnis ist, dass das Bildrauschen 100% vom Sensor selbst stammt und dessen Grundrauschen ist (also so wie z.B. das Brummen eines Audioverstärkers), so dass die Vergrößerung der Sensorfläche dieses Grundrauschen reduziert, weil man dann die Rauschpixel binnt/verkleinert.
Das ist aber nicht so. Das Bildrauschen kommt größtenteils von den eingefangenen Photonen, der sog. photon shot noise. (Auch hierzu hat DPreview einen Artikel, wie ich gerade feststelle:
https://www.dpreview.com/articles/81899 ... s-of-noise). Je mehr eingefangene Photonen, desto geringer das Bildrauschen, bzw. desto besser der Signal-/Rauschabstand des aufgenommenen Bilds. [Ja, das ist Shannon/Weaver...]
Es gibt genau drei Möglichkeiten, die Anzahl der eingefangenen Photonen zu erhöhen und damit das Bildrauschen zu senken:
1. Belichtungszeit - je länger die Belichtung, desto mehr Photonen landen logischerweise auf dem Sensor. [Und hier hat dann die computational photography von Smartphones ihre AI-gestützten Spezialtricks, indem sie Langzeitbelichtung ohne verwischte Bilder macht.]
2. Blendenöffnung - je größer die Blendenöffnung, desto mehr Photonen landen logischerweise auf dem Sensor.
3. Sensorgröße - je größer der Sensor, desto mehr Photonen werden eingefangen, und zwar linear-proportional zur Sensorfläche; ein FF-Sensor fängt also doppelt soviel Photonen ein wie ein APS-C-Sensor.
Du kommst also nicht daran vorbei, dass das 1"-f1.36-Kameramodul des Xiaomi bei gleicher Belichtungszeit nur ein Achtel der Photonen/Bildinformation einfängt, wie eine FF-Kamera mit einem f1.36-Objektiv. Du musst daher, bei identischer ISO beider Kameras, das Signal des Xiaomi in der Kameraelektronik 8mal stärker verstärken [weil Du nur ein Achtel der Bildinformation hast], und hast dementsprechend 8mal (bzw. drei ISO-Verdopplungsstufen) mehr Bildrauschen.
Wenn Du aber die FF-Kamera auf f4.3 abblendest und damit das eingehende LIcht auf ihren Sensor auf ein Achtel reduzierst, sind die FF-Kamera und die 1"-Kamera äquivalent, nicht nur, was das DoF betrifft, sondern die eingehende Bildinformation und den resultierenden Signal-/Rauschabstand.