dienstag_01 hat geschrieben: ↑Mo 19 Jun, 2023 14:59
macaw hat geschrieben: ↑Mo 19 Jun, 2023 14:22
Ich finde es seltsam, Film als Argument für Disziplin zu benutzen, die beim Dreh mit digitalen Kameras angeblich fehlt. Ich wurde immer mal wieder kritisiert, weil ich keine Massen an Takes schiesse, auch wenn es "nur" digital war, ich hatte halt von Anfang an nie Bock darauf, dass man am Ende absurd viel Material produziert, das man überhaupt nicht mehr anständig sichten kann. Konzentration und Disziplin kann man immer verlangen.
Im Text steht ja nichts von Disziplin, sondern es ist von Konzentration die Rede.
Und da kann ich die Aussage nur bestätigen, Negativmaterial macht den Dreh zu etwas Besonderem, was man am Set spüren kann.
Sicherlich nicht, wenn man das jeden Tag macht, aber gerade in den letzten Jahren, in denen das immer seltener geworden ist, absolut nachvollziehbar.
Für mich ;)
Das versteh ich zu einem gewissen Grad auch - 4-Perf heißt bei 400 Fuß-Mags (4:27min Laufzeit) quasi max. 3-4 Takes bis zum nächsten Wechsel in einem Ökosystem, wo nicht jeder davor 30min auf 4 verschiedene Monitore schauen kann.
Wenn man gewisse andere Aussagen von dem Dreh in ein Arbeitsweisen-Indiziensubstrat zusammenwirft, dann sieht das in etwa so aus:
Yeoman sagt etwas von Animatics, die Schauspieler (in einer Featurette zum Film an anderer Stelle) was davon, dass eigentlich nur Anderson weiß, wie der Film am Ende ausschaut. Yeoman sagt was von fehlender Videoausspielung, das generiert im Endeffekt eine Atmosphäre, wo zwar die technischen Gewerke Vorabinfos bekommen, die Schauspieler kaum. Technische Gewerke wissen dann rein technisch was sie nach Plan zu tun haben, Anderson arbeitet mit Schauspielern genau nach Plan. Sehen tut maximal Operator was oder wenn Anderson davor mal durchschauen darf - Yeoman der hier scheinbar auch operated konzentriert sich viel auf die Blocking- und Bewegungstechnische Umsetzung der Vorgaben, geleuchtet werden mehr Räume für Schauspieler.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass da in etwa eine Atmosphäre entsteht, in der niemand außer Anderson quasi "völlig im Bilde" ist, keine Replays geschaut werden und eigentlich auch niemand viel über den eigenen Tellerrand rausschauen kann und sich Anderson die Leute etwas "einteilt", jeder aber irgendwie auf Zack sein muss weil auch etwas unvorhersehbar ist was als nächstes passiert und das andere Department XY jetzt vorhat.
Glaube nicht, dass das per se was mit Disziplin zu tun hat oder irgendwie mit digitalem Drehen vergleichbar ist. Das ist eher eine Art "produktive Unsicherheit", ohne viel Wissen (Sehr penibler Regisseur, keine Ausspielung, etc.) auf Dinge reagieren zu müssen.