Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Do 29 Nov, 2018 02:35
Mastermind7 hat geschrieben: ↑Mi 28 Nov, 2018 18:35
Man hört von so vielen Menschen, die sich aus Angst nicht getraut haben, ihre Träume zu erfüllen.
Gleichzeitig hört man auch von so vielen, die zwar ihre Traumarbeit machen können, dafür aber keine Zeit bzw. keine Familie haben.
Der größte Teil sind aber diejenigen die vor lauter Traumjob, erst gar keine Familie haben, und trotzdem kaum wissen wie sie die nächste Miete bezahlen sollen.
Im Regiestudium lernst du nix, was du dir nicht selbst erarbeiten könntest.
Filmschule ist eigentlich nur dazu gut, Kontakte zu knüpfen und ein Netzwerk aufzubauen.
Ob du später davon leben kannst hängt vor allem davon ab, wen du kennst, und ob du zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bist.
In a nutshell: Beziehungen und Glück.
Da muß ich widersprechen: Auf einer guten Filmhochschule lernst Du eine Menge, was Du Dir nicht über Tutorials oder Praxis beibringen kannst. Du wirst mit Filmen theoretisch wie praktisch konfrontiert, musst Dich in der Tiefe mit Filmen und den einzelnen Gestaltungselementen auseinandersetzen, lernst Stile zu unterscheiden, Entwicklungen zu sehen, Stile auszuprobieren, lernst aber auch im Team zu arbeiten, Deine Arbeit praktisch und theoretisch zu verteidigen und Deine Entscheidungen zu begründen, wirst in der Filmabnahme von Professoren zerfetzt, rappelst Dich auf und lernst einen Blick und eigenen Stil zu entwickeln. Nirgendwo sonst kannst Du Dich dermassen gepflegt nach oben scheitern bis Du irgendwann gut wirst. Und Du lernst allem voran die Arbeit mit Schauspielern, die Arbeit an der Rolle, die Möglichkeiten, dem Spiel Dimension zu geben, was die Grundlage von fast allem ist und eigentlich schon ein Studium für sich wäre.
Am Set kannst Du Dir vielleicht abschauen, wie man einen Lokalbericht oder maximal einen Tatort dreht. Echtes Kino, welches international performt, kannst Du nur über Theorie und Praxis gleichermassen lernen. Nicht umsonst ist an der bedeutendsten französischen Filmhochschule Femis die Aufnahmeprüfung für Regie rein theoretisch. Und diese geht soweit in die Tiefe, daß die zukünftigen Regisseure zur Vorbereitung der Aufnahmeprüfung mehrere Semester Literatur und Filmwissenschaft an anderen Pariser Hochschulen studieren, oft bei den gleichen Filmwissenschaftsprofessoren wie an der Femis, wo das Studium dann quasi fortgesetzt wird. Im Ergebnis ist der französische Film nicht nur in Frankreich all die Jahrzehnte über sehr erfolgreich gewesen, sondern wirft auch immer mal wieder Weltkino ab. Deutschland ist eher ein technisches DIY-Land mit Baumarkt-Mentalität und früher ging der Witz um, daß man für die Aufnahmeprüfung an der Filmakademie Ludwigsburg vor allem üben muß, wie man eine Diskette formatiert. Heute ist es anders, aber nicht weniger bizarr, denn abgefragt werden vor allem handwerkliche Fähigkeiten.
Eine geisteswissenschaftliches Studium lohnt sich trotzdem als Vorbereitung, vielleicht wäre das auch ein erster Weg für Dich. Als der deutsche Film in den 1920ern noch Weltrang hatte, waren die Regisseure und Dramaturgen hochgebildet sowie ausgewiesene Theorie- und Theaterspezialisten. Murnau hatte Philologie und Kunstgeschichte studiert, Fritz Lang Architektur und Malerei. Heute herrscht in Deutschland der bereits genannte eher technische Ansatz vor, mit meist überschaubarem Ergebnis, was die erzählerische Qualität betrifft und dieser entgeistigte Ansatz wird ja auch mitunter vom Fernsehen gepflegt. Aber gerade der Blick nach Hollywood zeigt, daß viele Regisseure durchaus zunächst mal ihren Geist wie einen Muskel ausgebildet haben, bevor sie ins Regiefach wechselten und dies dann einen elementaren Baustein ihres kreativen Reservoirs bildete: Wes Craven hatte Philospohie studiert und konnte winkelzügige Horrorfilme drehen. George Lucas studierte Philosophie und Psychologie, James Cameron Physik und englische Literatur, Spielberg englische Literatur mit spätem Abschluss.) Mach Dir mal die Mühe und google die erfolgreichsten Regisseure nach ihren ersten Schritten am College - fast niemand hat am Set angefangen, zuvor stand neben dem eigenen Drehen meist etwas Geistiges, was das Schaffen auch signifikant prägte. Im Ergebnis könntest Du Dir überlegen, etwas Interessantes auf Lehramt zu studieren. Dann hättest Du einen sicheren Job und könntest Dir vor oder nach dem Ref immer noch überlegen, auf eine Filmhochschule zu wechseln. Soweit mein Ratschlag, denn Beziehungen und Glück fruchten erst, wenn Du zu überzeugen weisst.