mash_gh4 hat geschrieben: ↑Di 06 Feb, 2018 01:51
aber vermutlich hab ich an gutes kino und die film- und medienkunst auch gänzlich andere ansprüche als der mainstream bzw. ein massenpublikum.
Das habe ich auch. Mir fällt dabei auf, daß die meisten guten Festivalfilme nicht mehr aus Subventionseuropa stammen. Dagegen habe ich etliche gute Filme aus Südamerika, Nordamerika und Asien gesehen, die teilweise unter abenteuerlichen Bedingungen finanziert wurden oder als mutig begonnene Indiefilme von Studios endfinanziert wurden. Wann hast Du den letzten guten Subventionsfilm gesehen? Wo sind die wirklich guten Kino-Italiener, Franzosen, Schweden und Briten wie in den 60er, 70er und teilweise noch 80er Jahren? Ich kann sie ausserhalb der Filmgeschichtsseminare nicht mehr entdecken, von Klassikern wie James Bond einmal abgesehen. Ich sehe dafür jede Menge halbgute, weil gutgemeinte Filme an den Plakatwänden unserer Programmkinos (wirklich schlechte sind meist nicht dabei, aber auch nichts, wofür man Eintritt zahlen müsste). Das hat durchaus seinen Grund. Mit jeder Subvention steigt die Zahl der Kopfschüttler und Redaktions-Reinredner, der depperten Dramaturgie-Workshops auf Festivals, der "Developmentkurse" welche mittlerweile von Förderungen verpflichtend angeboten werden, wo europaweit dieselbe Formel gelehrt und garantiert jegliche Originalität glattgebügelt wird.
Mehr noch: In Europa werden derzeit jährlich ca. 1000 Kinospielfilme subventionsgefördert produziert, darin sind die vielen TV-Schmonzetten noch gar nicht enthalten. 1000 Kinofilme, die alle auf den selben Schreibtischen der Ankäufer von Arte, ZDF und der Öffentlich-Rechtlichen landen und mit welchen die einzelnen Kinobetreiber regelrecht massengespamt werden. Dadurch lohnt sich der Independent-Vertriebssektor gar nicht mehr - das weiß ich aus erster Hand. In den letzten Jahren haben viele Distributoren dicht gemacht und dem echten Indie-Kino dadurch das Rückgrat gebrochen. Diese Massenflutung mit lauwarmer Kinosauce führt auch zu einem europaweiten Zuschauerschwund gerade bei den unter 40-jährigen. Man könnte sagen: Weil der europäische Kinofilm durch Massensubvention und deshalb auch genormter Dramaturgie so mittelmässig geworden ist, gehen jetzt die Rentner und Pensionäre ins Kino, weil sie Zeit, Geld und schlechten Geschmack haben. Meine Prognose: Das Kino wie wir es kennen wird mit dieser Generation sterben, der Subvention sei Dank.
Kino gehört in die Hand von Studios und Idealisten, nicht in die Hand von angepassten, nettgescheitelten, weil senderabhängigen Kleinproduzenten. Studios ohne Subventionsumfeld könnten sich noch echtes Kino trauen und das heisst auch Risiken eingehen, Kleinproduzenten würden das gar nicht überleben. Nur: Die Studios haben wir per Breitensubvention und TV-Abhängigkeit mehrheitlich gekillt. Dienstleister sind übrig geblieben, mehr nicht. Manche der ehemaligen Granden, wie Studio Babelsberg, hecheln ums Überleben - und können dank Senderabhängigkeit und überflutetem Kinosektor keinerlei künstlerischen Würfe wagen, die sie für einen größeren Erfolg bitter nötig hätten, obwohl sie das Kapital dazu aufbringen würden. Da es allein in Berlin gefühlte 1000 Produktionsfirmen gibt, welche alle irgendwie am Fördertopf hängen und keine eigene Meinung haben können, ohne von ebendieser Förderung abgehängt zu werden, kann es auch keine echte Qualität mehr geben. Nette Filmchen ab und wann durchaus, aber nichts womit man an der Kinokasse so viel verdienen würde, daß es sich unter realen Bedingungen lohnte. Die europäische Filmförderung hat nichts gebracht ausser dem Siechtum des Kinos. Aber womöglich fördert sie das Kino ja gänzlich tot und wird dann irgendwann im Zuge von Sparmaßnahmen ebenfalls abgeschafft. Vielleicht kriegt der europäische Kinofilm dann ja wieder die Kurve und idealistische Produzenten wagen Perlen, die sie dann an Netflix und Co verkaufen ;-)