Der hat die Ruhe weg

[nic]

Aber ich weiss auch dass es selbst für mich als Gutverdiener nur nützlich sein kann dass alle Mitglieder einer Gesellschaft an ihr teilhaben können und nicht ausgeschlossen werden.

Es gibt aber durchaus viele Angebote, die auch für Menschen mit wenig Geld zugänglich sind. Das gesamte Bildungssystem in Deutschland, von der Kita über die Schule bis zum Universitätsabschluss ist komplett kostenlos. In öffentlichen Bibliotheken kann man kostenlos Bücher ausleihen. Es gibt sogar kostenlose Konzerte, Filmvorführungen und so weiter.

Meiner Meinung nach ist es nicht allein eine Frage des Geldes, ob eine Familie im Leben zurechtkommt, sondern es geht immer auch um das persönliche Engagement. Wer sich um seine Kinder kümmert, und ihnen beim Lernen hilft, der steigert damit die Chancen, dass sie gut im Leben klarkommen. Dafür braucht man nicht mal viel Geld, sondern eher etwas mehr Zeit.

Matthias

... dann sollen sie doch Kuchen essen?

Es ist dir mit Sicherheit nicht bewusst, aber das klingt nicht nur abgehoben, sondern ist auch absolut unrichtig.

Ich gehe davon aus, dass du weder Kinder hast, noch selbst von Armut je betroffen warst. Du gehörst zu einer Minderheit, die durch Glück ökonomisch erfolgreich ist. Und du schusterst dir die Rechtfertigungen zusammen, warum das auf irgendeine Art gerecht und richtig sein soll.
Ist es nicht. Punkt.

[pixelschubser2006]

Schulen sind in Deutschland nicht teuer, aber auch nicht kostenlos. Insbesondere wenn Weiterqualifikation mit Lebensunterhalt kollidiert, wie in der Meisterschule oder beim Studium. Aber tatsächlich ist das nicht das Problem. Als Hauptursachen in der Bildungsmisere sehe ich in erster Linie mangelde Motivation und schlechte Vorbildfunktion vieler Eltern.

Den Schülern von heute wird ja indoktiriniert, daß ihr Penne eh Mist ist, wenn sie nicht alle mit dem iPad lernen. Das ist bullshit. Die Bundesländer samt Hauptstädte lernst Du nicht per Wikipedia. Die lernst Du, wenn Du dich dafür wirklich interessierst und, wie ich schlicht auf nem kopierten Arbeitsblatt mit Filzstiften buntmalst. Die motiviertesten Schüler der Welt findest Du vermutlich in der 3.Welt in heruntergekommenen Lehmhütten - wo die Schüler den Unterrricht noch als Chance und Geschenk annehmen. Und lernen mit einfachsten Mitteln. Ohne exorbitante IT-Ausstattung.

Ich finde Computer jeder Art als Lernmittel völlig überflüssig, bin aber dafür, jedes geeignete Talent ab der 5./6. Klasse an Informatik heranzuführen. Programmieren. Programmieren. Der Welt fehlen hunderttausende oder gar Millionen fähige Programmierer in den kommenden Jahrzehnten. Kaum ein Technikjob kommt in Zukunft ohne Programmierkenntnisse aus. Und dazu braucht es keinen teuren PC. Lernen kann man sowas am besten an möglichst einfachen System. Die Frage, wie Lehrer das bewältigen sollen, ist zwar berechtigt, aber die Kehrseite ist, das die besten Bücher für den Informatik-Einstieg, die ich bislang in die Finger bekam, von Lehrern geschrieben waren. Und nicht von Uni-Professoren, die das Beherschen der Programmiersprache schon voraussetzen und im Kapitel 2 schon Differentialgleichungen zusammenwichsen.

Jedenfalls stimme ich Pianist zu, daß das Angebot an Lernmöglichkeiten schon jetzt besser ist, als es dargestellt wird. Was aber nichts an der Tatsache ändert, daß eine Integration und Deutsch lernen im Kindergarten Hand in Hand gehen - aber schon in der Grundschule funktioniert das nicht mehr. Das sind Pädagogentagträume. Integration und Inklusion finde ich absolut vorbildlich - aber doch nicht wenn das Leistungsniveau der Schüler derart unterschiedlich ist, daß ein vernünftiges Lernen unmöglich ist. Zwar ist es gut, wenn die Cracks den weniger talentierten helfen, aber das muss im Rahmen des Vernünftigen bleiben. Die Nachzügler müssen zumindest eine reale Chance haben, das Lernniveau einigermaßen vernünftig zu wuppen.

Das ist nur meine bescheidene Meinung zur aktuellen Lage im Bildungssystem. Und glaubt mir: Mein Sohn ist 5 Jahre alt, ich mache mir da schon wirklich konkrete Sorgen drum...

[Pianist]

Es ist dir mit Sicherheit nicht bewusst, aber das klingt nicht nur abgehoben, sondern ist auch absolut unrichtig.

Ich gehe davon aus, dass du weder Kinder hast, noch selbst von Armut je betroffen warst. Du gehörst zu einer Minderheit, die durch Glück ökonomisch erfolgreich ist. Und du schusterst dir die Rechtfertigungen zusammen, warum das auf irgendeine Art gerecht und richtig sein soll.
Ist es nicht. Punkt.

Was genau gefällt Dir denn an meiner Aussage nicht? Und wie wäre es Deiner Meinung nach richtig?

Ich glaube übrigens nicht, dass ich zu einer Minderheit gehöre. Meiner Meinung nach haben linke Kreise (prominent vertreten durch Leute wie Christoph Butterwegge oder Ulrich Schneider) ein Interesse daran, die Tatsachen zu verdrehen.

Den meisten Menschen in Deutschland geht es sehr gut. Und natürlich ist es Aufgabe der Gesellschaft, denen zu helfen, denen es nicht so gut geht. Aber das schafft man nicht mit Klassenkampf.

Matthias

[pixelschubser2006]

Auch wenn das jetzt hart klingt: Die meisten Wohnungen von Sozialschwachen, die ich in meinem Leben betreten habe, litten in erster Linie an der "Scheißegal"-Einstellung gepaart mit Geschmacklosigkeit, weniger an den finanziellen Mitteln. Einen Eimer Farbe und zwei Rollen Raufaser bekommt man als Hartzler auf die Kette. Aber das muss man wollen. Jedenfalls geht es nicht immer nur um Geld. Denn das ist nicht der Grund für alles, was im Leben wirtschaftlich schwacher schiefläuft. Man muss mit Verallgemeinerung natürlich vorsichtig sein. Eine alleinerziehende Mutter mit zwei qängelnden Kindern hat keine Nerven für eine Wohnzimmer-Renovierung. Aber viele machen sich das Leben auch selbst schwer...

[Starshine Pictures]

Wenn man ein Interesse daran hat in einer Gesellschaft zu leben die gesund ist und in der sozialer Frieden herrscht muss man als Mitglied der Oberschicht dafür sorgen dass die Unterschicht nicht abgehängt wird. Das ist schlichtweg die Aufgabe einer Elite. An dem drastischen Spruch "Die Macht gehört den Doofen" ist mehr Wahrheit als man glaubt. Es ist die Aufgabe der Eliten eine Gesellschaft unter der Berücksichtigung der Schwächen der Schwächeren zu gestalten. Richter müssen Gesetzesverstösse verurteilen, Mediziner Menschen behandeln die ihre Gesundheit eigenverantwortlich zerstört haben und Theologen müssen sich um die religiös-mentalen Befindlichkeiten kümmern. Das ist ja der grundsätzliche Existenzgrund dieser Urwissenschaften.

[nic]

Was genau gefällt Dir denn an meiner Aussage nicht? Und wie wäre es Deiner Meinung nach richtig?

Ich glaube übrigens nicht, dass ich zu einer Minderheit gehöre. Meiner Meinung nach haben linke Kreise (prominent vertreten durch Leute wie Christoph Butterwegge oder Ulrich Schneider) ein Interesse daran, die Tatsachen zu verdrehen.

Den meisten Menschen in Deutschland geht es sehr gut. Und natürlich ist es Aufgabe der Gesellschaft, denen zu helfen, denen es nicht so gut geht. Aber das schafft man nicht mit Klassenkampf.

Matthias

Das Thema ist viel zu komplex, als dass man das hier so zwischen Tür und Angel diskutieren könnte.

Aber nur so viel: Es ist sehr wohl eine Frage des Geldes, ob man im Leben zurecht kommt. Denn mit dem Geld (das sozialer Status bedeutet) kannst du teilnehmen und dich als Teil fühlen des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Du bist integriert, teilst Wertvorstellungen, engagierst dich politisch und fühlst dich dadurch auch politisch vertreten. Einher gehen Bildung (für deine Kinder), die erst dann wertgeschätzt wird.. usw. usf.

Damit die Gesellschaft als Ganze funktioniert, musst du die soziale Spaltung bekämpfen. Das heißt nicht, dass jeder Mensch für jede (Nicht-)Arbeit zwangsläufig den gleichen Lohn bekommen muss. Aber, dass die Kaufkraft in einem gewissen Rahmen gehalten werden muss. Sowohl nach oben, als auch nach unten.

Der Klassenkampf ist insofern real, als dass das wirklich große Kapital um seine Vormachtstellung kämpft. Gutverdiener, egal ob Angestellte oder Selbstständige fühlen sich oft auf der Seite des freien Marktes, auf dem "rechten Spektrum" der "Kampflinie". Nur keine Umverteilung. Dass der eigentliche Graben allerdings weit oberhalb ihrer Einkommens- und Besitzverhältnisse verläuft, nehmen sie nicht wahr, fühlen sich der Oberschicht näher als der Unterschicht. Auch wenn man 10.000 und 20.000 Euro im Monat zur Verfügung hat, ist man doch auf die ein oder andere Art Lohnarbeiter. Bedroht von Abstieg und Abstiegsängsten. Durch eine insgesamt gleichmäßigere Einkommensverteilung wäre letztlich unser aller direktes Lebensumfeld aufgewertet.

[Starshine Pictures]

Jedenfalls geht es nicht immer nur um Geld. Denn das ist nicht der Grund für alles, was im Leben wirtschaftlich schwacher schiefläuft.

Verfügbare Geldmittel muss man eher als Symptom denn als Ursache sehen. Ursächlich sind dagegen Bildung, Erfahrungen, bisherige Sozialisation und Charakterzüge. Es gibt nun mal Menschen die sind schlichtweg nicht in der Lage sinnvoll produktiv zu sein. Und ja, bei denen sieht es in der Bude aus wie in einem Saustall, weil sie einfach nicht (in unserem Sinne) leistungsfähig sind. Sie können genau so wenig ihr eigenes Klo sauber halten wie sie auch nicht in einem Arbeitsumfeld funktionieren könnten.

Und dessen muss man sich als führende Elite in einem Staat bewusst sein. Während der Industrialisierung und den aufkommenden Gewerkschaften hat der Kapitalist ebenfalls festgestellt dass er billiger kommt wenn er die Armen mit versorgt weil er dann weniger Gefahr für sein eigen Hab und Gut sah. Ich möchte schliesslich auch nicht dass mir irgend einer meinen Benz klaut oder anzündet weil er von Sozialneid geplagt ist.


Grüsse, Stephan von Starshine Pictures

[Auf Achse]

Tolle Diskussion mit wirklich guten Argumenten!! Und schon über vier Seiten und noch niemand mußte gebannt werden, wirklich tolles Niveau, es geht doch!

Was passiert wenn Menschen aus dem Arbeitsprozss gerissen werden und plötzlich viel Zeit haben und sie sich entfalten könn(t)en zeigt der geniale Film von Nikolaus Geyrhalter "Über die Jahre".

Manche kippen völlig raus, aber das sind die die eh schon vorher nicht sehr standfest waren. Andere schaffen den Wiedereinstieg trotz extrem schwieriger Arbeitsmarktverhältnisse .... aber das ist die, die auch vorher schon zu den aktiveren Menschen gehörten.


http://www.geyrhalterfilm.com/ueber_die_jahre


Diesen Arno Dübel kann ich nur bemitleiden. Daß jemand im Arbeitsleben, in der ständigen Tretmühle einer zB Fabrik nicht mitspielen will kann ich nachvollziehen. Aber was ich nicht verstehe ... er hat sich ein absolutes Zeit - Luxusleben geschaffen und nützt es nicht zur persönlichen Entwicklung. Da kann man viel drunter verstehen ... Kreativität, Bildung, auch Sport, oder Yoga, Meditation, freiwillige Hilfe beim Roten Kreuz oder whatwever. Irgend eine Form der Geistes - oder/und Herzensbildung!

Im optimalen Fall führt diese Weiterbildung zu einer beruflichen Tätigkeit, wohl einer selbstständigen Tätigkeit. Wenn dann die innere Begabung, Bildung, Kreativität mit einer selbstbestimmten beruflichen Tätigkeit verschmilzt ist das wohl die höchste und optimalste Form des "Arbeitens". Dann ist Arbeit nicht mehr lästiger Drang, Tretmühle, "hackln müssen" und auf Freitag warten. Sondern BERUFUNG, man tut es gern, aus innerer Überzeugung und verdient damit sogar sein Geld. Ein selbstbestimmter Mensch mit einem ziemlich selbestbestimmten Leben .... (aber ob das unsere Regierungen wünschen?)

Jahrelanges Fernsehen und den Hund beim Kacken begleiten verstehe ich nicht unter Weiterentwicklung. Aus meiner Sicht ein verschwendetes Leben ... schade drum, nichts dazugelernt, im nächsten Leben zurück an den Start.

Beste Grüße und danke für die extrem gute Diskussion,
Auf Achse