Zurück zur Eingangsfrage:
Styler Durden hat geschrieben:...Meine Frage ist nun wenn ich einen bestimmten Ausschnitt filmen will... Zum Beispiel einen Ausschnitt einer Person von der Brust bis über den Kopf...
Nehme ich da eine geringe Brennweite und gehe dann nah an die Person ran bis der gewünschte Berich im Bild ist oder gehe ich weit von der person weg und und hole sozusagen den gewünschten Bereich mit einer hohen Brennweite heran... Oder ist es eine mischung aus beidem? Gibt es da eine Regel oder irgendwelche Tipps von euch?
Kurz gesagt: Wie verbindet man die Entfernung und die Brennweite am idealsten um die gewünschte Tiefenschärfe zu erzielen? Und wie erzielt man die stärkste tiefenUNschärfe? ...
Gleich die beiden ersten Antworten treffen es gut:
rush hat geschrieben:größte "tiefenunschärfe":
Volles tele (maximaler zoom) und dann entsprechend kadrieren... je näher du dann noch an der person stehst, desto besser. und wenn die person dann wiederum noch weit vom hintergrund entfernt ist erzielst du den besten unschärfeneindruck im hintergrund. ...
und
iasi's Einschränkung
iasi hat geschrieben:Die Wirkung verschiedener Brennweiten solltest du berücksichtigen.
Weitwinkel gibt eine lange Nase.
Extremes Tele rückt alles zusammen. ...
... Weshalb man für Portraitaufnahmen normalerweise leichte Teleobjektive verwendet. Das erlaubt ein Freistellen des/der Portraitierten durch den unscharfen und relativ engen Hintergrund bei noch nicht allzu sehr verdichtetem (und damit flach wirkendem) Raum.
Als nächstes kommt
otaku's im Prinzip richtige Bemerkung (siehe auch
WoWu's Graphik 'Tiefenschärfe
(Hochachse) abhängig vom Abbildungsmaßstab
(Querachse)', die allerdings für Abbildungsmaßstäbe < 1:100 (in WoWu's Graphik ab 0.03 nach links, also Maßstab ca. 1:30 und kleiner) zunehmend ungenauer wird (siehe dazu z. B.
http://elmar-baumann.de/fotografie/scha ... ode19.html , Kommentar zur den 2 Tabellen am Ende, vor dem Fazit):
otaku hat geschrieben:
Schärfentiefe hat nur mit 2 Dingen zu tun, Bildausschnitt und Blende
die allerdings in einer Aussage endet, die jeder mit seiner Kamera und einem Vergleich Weitwinkel/Tele aus eigener Anschauung widerlegen kann:
otaku hat geschrieben:... Aber wenn du nicht den Kamera Body wechselst, was man ja in der Regel nicht macht, sondern deine Objektive auf gleichem Body, dann ist bei gleichem Ausschnitt das Bokeh auch immer gleich, egal mit welcher Optik. ...
Das stimmt schon deswegen nicht, weil - ganz abgesehen von der unterschiedlichen Unschärfe des (weit entfernten) Hintergrunds - der
Ausschnitt, der als Hintergrund sichtbar ist, für Weitwinkel ein anderer ist als für Tele (unterschiedliche Bildwinkel !) - selbst wenn das Vordergrund-Motiv in beiden Fällen gleich gross im Bild ist.
Schliesslich bringt
beiti mit seinem nachfolgenden Beitrag etwas mehr Systematik in die Geschichte und die Sache auf den Punkt:
beiti hat geschrieben:Die rechnerische Schärfentiefe bleibt näherungsweise gleich, wenn der Abbildungsmaßstab gleich bleibt (immer vorausgesetzt, auch Sensorgröße und Blende bleiben gleich).
Also z. B. aus 4 Meter Abstand mit 100 mm Brennweite bekommst Du den gleichen Abbildungsmaßstab wie aus 2 Meter Abstand mit 50 mm Brennweite, und die rechnerische Schärfentiefe bleibt annähernd dieselbe.
Die Freistellung wächst allerdings mit der Brennweite. Also mit 100 mm Brennweite aus 4 Meter Abstand bekommst Du einen unschärferen Hintergrund als mit 50 mm Brennweite aus 2 Meter Abstand (unter der Voraussetzung, dass der Hintergrund "unendlich" weit weg ist und die Blende nicht so klein, dass der Hintergrund schon im hyperfokalen Bereich liegt).
Ich bin durch einen Link in diesem guten Artikel
http://www.heise.de/foto/artikel/Von-Br ... 26970.html
der unter dem Tab 'Hintergrundunschärfe' wiederum andere Seiten verlinkt, auf diese
http://toothwalker.org/optics/dof.html Seite gestossen. Sie ist auf Englisch und gehört zum Besten, was ich bisher zum Thema 'DOF' gelesen habe.
Das Beispiel mit der gelben 'Gromit'-Figur ist vergleichbar mit
beiti's Fotobeispiel (das
WoWu offenbar nicht ansehen konnte) mit blauer Vase. In beiden Fällen sieht man deutlich, dass der Hintergrund mit Tele unschärfer wird und zudem einen ganz anderen Ausschnitt zeigt.
Allerdings vergrössert der 'Gromit-Autor' den selben Ausschnitt des Weitwinkel-Hintergrunds dann auf die Grösse des engeren Tele-Hintergrunds und vergleicht die beiden nun identischen Ausschnitte - am besten selbst ansehen!
Fazit:
Wenn's um reine Schärfentiefe-Berechnungen geht, tut ein Rechner gute Dienste. Dabei nicht vergessen, dass ein subjektiver Faktor in der Rechnung drin ist: Der maximale Durchmesser des Unschärfe-Scheibchens (als Standard hat sich - allerdings aus
Vor-Pixel-Zeiten - 1/1500 der Sensor-Diagonale etabliert), der das Kriterium ''Bild ist scharf' gerade noch erfüllt: Das hängt unter anderem auch von den eigenen Augen und Ansprüchen an die Bildschärfe, der Nachvergrösserung des Bildes und dem Betrachtungsabstand ab.
Wenn's hingegen darum geht, einen Portraitierten vom unscharfem Hintergrund zu lösen (ihn freizustellen), dann genügen Schärfentiefe-Rechner nicht mehr, denn es kommt auch auf die Art (die Weite, den Winkel) des Hintergrundausschnitts und dessen Unschärfe und Bokeh an. Und da erzielt man bei gleichem Kamera-Sensor und gleicher Blende mit unterschiedlichen Brennweiten trotz gleichem Bildausschnitt
unterschiedliche Bildeindrücke.
Nachträgliche Korrekturen: Schreibfehler