Also was man sagen kann ist folgendes:
- zum Titel dieses Threads selbst - s3D hatte einen Hype, der wieder abgeklungen ist. Nichts desto trotz ist es deshalb nicht gestorben, sondern wird unverändert in Kinoproduktionen genutzt, weil man damit einfach Geld machen kann. Und auch im Amateurbereich oder Semiprofi-Bereich gibt es unverändert viele, die sich damit durchaus befassen. Allerdings findet man in diesem Forum hier wenige Leute, die sich damit in die Tiefe befasst haben - die sind halt eher in anderen Foren unterwegs.
- es ist falsch zu glauben dass wir da im deutschsprachigen Raum keine Leute hätten die auf dem Gebiet nicht auch gut wären. Die gibt es sehr wohl.
- auch wenn es oft gesagt wird, dass man alles was man bei 2D gelernt hat für s3D vergessen soll: das halte ich für falsch. Zynisch formuliert sagen das s3D-Filmer, die zwar die s3D-Regeln erlernt haben, aber sich nie mit den 2D-Regeln befasst haben. Beide Standpunkte sind falsch - es gilt vielmehr die Bereitschaft zu zeigen, die für s3D erforderlichen zusätzlichen Punkte zu erlernen. Interessanterweise haben genau davor immer sehr viele 2D-Filmer zurück geschreckt.
- natürlich kann man auch als Amateur beginnen in s3D zu filmen. Es schaded aber nicht wenn man sich mit 2D-Filmreglen gut auskennt und dann beginnt für sich zu verstehen, WIE man die modifizieren muss damit auch gutes s3D rauskommt. So erfordert s3D im Grunde das Zusatzwissen, welche Begrenzungen es gibt, damit beim späteren Betrachten des s3D-Films die Fusion im Gehirn des Betrachters noch erfolgreich und stressfrei funktionieren kann.
Verletzt man diese Regeln, egal ob wissentlich oder unwissentliche, schafft man stereoskopischen Stress der durchaus problematisch ist. Es geht hier primär um die Einhaltung der Disparitäten im Nah- und im Fernpunkt, es geht hierbei um die Vermeidung von Fehlern von denen es etliche gibt (etwa Scheinfensterverletzungen um bekannte Beispiele zu nennen).
- grundsätzlich kann man natürlich mit Kamaras wie der Sony TD10/20/30, der JVC TD1 und auch der Panasonic Z10000 brauchbares s3D Material relativ einfach bekommen - WENN man sich den Grenzen dieser Geräte bewußt ist. Mit Ausnahme der Z10000 hat man leider begrenzte Einstellmöglichkeiten - mit der Z10K kann man durchaus schon gut arbeiten. Aber die grundsätzliche Beschränkung dieser Geräte ist, dass man eben keine veränderbare Stereobasis hat und damit ein begrenztes Tiefenbudget zur Verfügung hat. Kennt man diese Einschränkungen dann kann man damit gut arbeiten.
- um diese Einschränkungen zu überwinden braucht man entsprechende Rigs und zwei aufeinander gut abgestimmten Kameras. Die Rigs sind eine Wissenschaft für sich - der einfachste Fall sind side-by-side Rigs wo man die Geräte nebeneinander aufspannt und mechanisch ausrichtet (aber das ist auch nicht ganz einfach und erfordert Training und das Wissen wie man das macht). Die komplexeren sind Spiegelrigs - mit anderen Einschränkungen aber dem Vorteil auch sehr kleine Strereobasen realiseren zu können.
- die Auswahl der Kameras ist - wenn man mit 2 Kameras arbeiten will - die nächste Herausforderungs. Kaum wer hier in diesem Forum hat damit Erfahrung. Im Gegensatz zur hier geäußerten Meinung dass man "nur" zwei Kameras braucht die man synchron startet braucht man in Wirklichkeit einen Controller, die das Auslesen aus den Chips in beiden Kameras syhchron startet. Consumer-Kameras haben einen internen Taktgeber - die in Wirklichkeit nicht unbedingt im exakten Gleichklang laufen. Der Trick beim Paaren von Consumerkameas ist also der, Geräte zu finden deren Taktung zumindest über einen Zeitraum von 30-40 Minuten ausreichend synchron bleibt. Erst wenn man Genlock nutzt kann man auf diese Sache verzichten. Der zweite Punkt bei der Auswahl von Kameras gilt aber immer - die Geräte müssen auch aus dem optisch-geometrischen Aspekten heraus abgestimmt sein. Denn richtig ist es, dass die Geräte später bei der Aufnahme sich im Idealfall völlig ident verhalten müssen und sollen - was Zoomen, Optiken, Weißabgleich, Blenden usw. verhält.
- wenn man mit 2 Kameras arbeitet benötigt man Controller die überprüfen, ob die beiden Kameras in Sync bleiben. lanc-Controller sind für Sony und Canon Modelle verfügbar - etwa ste-fra lanc den ich empfehlen kann. Aber es gibt auch andere. Diese Controller benötigt man bereits für die oben genannten Paarungsaktionen. Für Panasonic Geräte wie die GH3 (und auch GH4) gibt es auch ähnliche Controller.
- eine weitere Beschränkung bei der Verwendung von Consumer-Geräten sind deren kleine Chips. Die sind ein echter Nachteil für s3D, einfach weil man mit der kleinen Chipgröße gerne größere Dispartitäten bekommt. Das ist aber halbwegs beherrschbar.
- tja, wenn man Geräte gepaart hat muss man als nächstes verstehen wie man die nun am Rig ausrichtet - und welche Einstellungen man wählen muss um ein nicht zu flaches und auch nicht zu tiefes Bild zu bekommen. Da spielen Faktoren wie die gewählte Basis, die gewählte Brennweite, der Abstand zum Nahpunkt und der Abstand zum Fernpunkt eine wesentliche Rolle. Es gibt auch stereoskopische Rechner die einem da helfen - aber man sollte sich ein wenig mit der Mathematik dahinter auseinandersetzen und begriffen haben, dass die grundlegende Formel eigentlich nur eine Anwendung des Strahlensatzes ist. Dieses Grundwissen reicht schon völlig.
- bei der Aufnahme - auch mit den Walleys ala Z10K - muss man entscheiden, ob man parallel oder divergent filmt. Beides hat Vor- wie auch Nachteile.
- die Bildkomposition ist bei s3D ebenfalls zu beachten - denn das Bild sollte natürlich eine interessante Tiefenstaffellung haben, sonst wirds auch bei sonst korrekt geschossenen s3D einfach fad.
- man sollte wissen, dass man bei s3D auch immer beachten muss, für welche Bildschirmgröße man produziert! Einfach weil das Ansprüche an die Disparitäten stellt.
Zusammenfassend - man kann durchaus in s3D filmen, auch mit begrenzten Mitteln. Es braucht nicht immer gleich den Gerätepark wie er bei Broadcast-Produktionen verwendet wird - mit Geräten wie der Z10K ist es relativ leicht zu beginnen, bei zwei Kameras muss man halt etwas mehr am Anfang aufpassen, aufwenden und erlernen. Das kann schon eine interessante Lernreise sein.
Wer zu dem Thema mehr wissen will, sollte folgendes machen:
1) sich in Foren umsehen die zu diesem Thema Schwerpunkte gesetzt haben. Davon gibt es im deutschsprachigen Raum genau zwei, eines davon ist der Videotreffpunkt:
http://www.videotreffpunkt.com/index.ph ... D-Bereich/
Im angelsächsichen Raum kann ich das AVS-Forum empfehlen:
http://www.avsforum.com/forum/192-3d-source-components/
2) es gibt einige Buchklassiker die einem in das Thema einführen können - die Beschäftigung mit den basics ist halt erforderlich.
Deutschsprachig:
Stereo-3D Gebundene Ausgabe – 18. Oktober 2010
von Holger Tauer
http://www.amazon.de/gp/product/3794907 ... UTF8&psc=1
und die englischsprachigen "Klassiker" zum Thema von Bernard Mendiburu:
http://www.amazon.de/gp/product/0240814 ... UTF8&psc=1
und
http://www.amazon.de/3D-Movie-Making-St ... 16Q47HYEVY
(bitte mit dem anfangen, das ist das Einsteigerbuch der beiden Mendiburu-Bücher).
Man findet auch einige Diplomarbeiten im Netz - die dann natürlich gratis sind.