dienstag_01 hat geschrieben:Das ist euch dann aber sicher auch egal, so als Darwinisten.
Ein origineller junger Filmemacher steht zwischen Regen und Traufe. Deutschland ist kein Ort für Autodidakten. Je origineller, umso dubioser wird er erscheinen, und man wird ihm den Weg über die Filmschulen ans Herz legen. Die führen sehr schnell in das bestehende System ein, das härtere Strukturen hat als Hollywood. Er ist schon mürbe, bevor er seinen Abschlussfilm finanziert hat. Alles, was er wissen muss, um als förderungswürdiger Hilfsmittelempfänger dem unsäglichen Standard zu genügen, hat er gelernt. Seine sämtlichen Ideale, durch seine Filme andere zu begeistern, erscheinen in der spießigen deutschen Vereinsszene als völlig absurd. Die Förderei ist ein Ministerium für politische Korrektheit, VEB Provinzmief, und wenn die Apparatschiks das Wort
junger Film in den Mund nehmen, klingt es, als wenn ein Pfarrer über die
jungen Menschen spricht.
In Wirklichkeit geht es um nichts Wichtigeres als Geld. Geld ist im Überfluss vorhanden, es wird besinnungslos verschwendet, wohin das Auge blickt. Es gibt mehr Leute, die vor lauter Geld nicht aus und ein wissen, als den meisten klar ist. So wird in den USA echtes Talent auch Geld-Geber finden, die im Grunde erleichtert sind, dass jemand es für eine so selbstlose, sinnlose Tat, wie einen Film zu machen, annimmt. Eine permanente Finanzblase, aber ohne allzu große spekulative Überbewertung, war schon immer und ist (noch) Hollywood. Ein kluger Investor steckt seine Milliönchen lieber nicht in Filme, der Gewinn ist selbst im Erfolgsfall nicht Welt bewegend. Die Leute,
die es tun, sind fasziniert von den besonderen Herausforderungen dieser Branche. Natürlich beobachten wir einen Trend, den Aktionären zuliebe auf "Nummer sicher" zu gehen, aber dieser Schuss geht immer öfter nach hinten los, da helfen auch keine Werbeetats im zweistelligen Millionenbereich (BTW: Der Film The Cooler portraitiert beide Haltungen ganz gut. Alec Baldwin spielt den alten Hasen aus Las Vegas, rücksichtslos, skrupellos, machtversessen. Aber ein leidenschaftlicher Casinobetreiber. Dann kommen die Heuschrecken, und ihre kalte Erbsenzählerei erscheint
noch schrecklicher).
Ich rede nicht vom Kahlschlag, sondern davon, dass man endlich aufhören soll, den deutschen Film zu regulieren.
Ist jede Förderung sinnlos?
In den 80ern und 90ern begann unabhängig von dem hier Diskutierten eine andere Fehlentwicklung: Der Bau von Multiplex-Kinos, gefördert (in Form von Steuermodellen) mit der scheinheiligen und nachweislich falschen Behauptung, dies würde den Kinomarkt beleben und Arbeitsplätze schaffen (eine Handvoll Studentenjobs). In der Folge begann ein großes Kinosterben, und vielen kleinen Kinos, die mit Hängen und Würgen bis vor kurzem überlebten, brach die unaufhaltsame Digitalisierung finanziell den Hals. Weil kein großer internationaler Investor (Schilling erwähnte in dem Tagesspiegel-Artikel Terra, und
neeiiin, das ist keine Heuschrecke!!!) die Sache finanzierte, sondern eine wirklich lachhafte Förderung (soweit ich weiß lagen die Zuschüsse pro Leinwand um die 10.000 €, "Kino" weiß da bestimmt Genaueres), die zudem noch von endlosen Streitereien um Beteiligungen lange verzögert wurde. Die kleinen Kinos sind heute vor allem in den Städten Arthouse-Kinos. Die können es sich auch nicht leisten, permanent unattraktive deutsche Filme zu zeigen, aber sie sind zumindest eine Alternative zum Blockbuster- Popcornbrei. Hier hätte man Gelegenheit gehabt, frühere Fehler zu korrigieren, aber der Tod ist ein Meister aus Deutschland (Wenn übrigens irgendwo eine Mall gebaut wird und erzählt, dies würde den umliegenden Lädchen nur guttun, ist das genauso falsch).
dienstag_01 hat geschrieben:In einem Land, wo Milliarden und Abermilliarden in die Wirtschaftsförderung gesteckt werden, bis dahin, dass, wenn man nichts produziert, man genau dafür Geld bekommt, gibt es doch wirklich Leute aus der Filmbranche (im weitesten Sinne), die sich wünschen, auch diese vergleichsweise geringe Förderung noch einzudampfen.
Bildung (nicht nur für eine Erwerbstätigkeit) bedarf dringend der Förderung. Wann begreifen endlich die letzten, dass immer nur ein ganzheitlicher Ansatz langfristig Früchte trägt? Ein gebildeter Mensch lässt sich nicht von RTL verblöden (was, Achtung, Verschwörungstheorie!, vielleicht aber auch machtpolitisch gewollt ist), er will sich von Filmen auch inspirieren lassen und sein Bewusstsein erweitern. Das Richtige zu tun beginnt aber immer zuerst damit, das Falsche, nachdem man es erkannt und benannt hat, zu beenden. Nicht?