Vor ungefähr zwei Wochen kam ein Tatort aus Stuttgart, ein richtiger kleiner Thriller. Wovon die Macher besessen waren: Continuity und Orientierung. Es war faszinierend: Im Hintergrund, unscharf, schiebt ein Statist ein Fahrrad. Nach dem Schnitt auf den nächsten Take ist er immer noch da, genau so unscharf und exakt seine vorher unterbrochene Bewegung fortsetzend.
Dieses Spielchen findet sich in praktischen jedem Schnitt. Interessant, was es auslöst: Man achtet mehr als sonst auf Nebensächlichkeiten. Denn normalerweise soll Continuity dazu dienen, einen natürlich wirkenden Fluss zu schaffen. Unsere Sehgewohnheit lässt uns eine leichte Schlampigkeit mit Blick auf "Anschlussfehler" erwarten. Schnitte lassen Lücken, die der Zuschauer füllt, siehe
hier. Werden die
überdeutlich vermieden, fühlt sich der Zuschauer als Beobachter, als Zeuge eines zu perfide durchgeplanten Fakes.
Und hier das krasseste Beispiel, wie in besagtem Tatort der Fahrtrichtungs-Achsensprung durch Continuity-Overkill an einer Stelle gekittet wurde:
1. Der Fahrer hat es eilig, er wird vom Beifahrersitz aus gefilmt (er blickt natürlich von links nach rechts). Ein Stau (Mitschwenk, seinem Blick folgend, durch die Windschutzscheibe) an einer engen Innenstadt-Kurve. Ein großer Linienbus muss abbiegen. Man sieht Busnummer und Fahrtziel, man sieht den Blinker. Der Bus bremst ab, Schnitt ...
2. (Totale)... und federt durch die Bremsung leicht nach. Aus dem Vordergrund fährt, von rechts nach links und durch einen Schwenk verfolgt, der richtige Wagen.
Diese Dinge wiederholen sich mit umspringenden Ampeln, markanten Gebäuden.
Im Fahrstuhl herrscht natürlich völlige Richtungsfreiheit? Theoretisch ja, aber auch hier finden die Macher einen Verräter: Die in einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von unten nach oben wechselnden beleuchteten Etagenknöpfe. Die Fahrstuhltür öffnet sich, es wird von innen nach außen geschnitten, und wieder stimmt alles sehr auffällig. Ich glaube sogar, die Aufzugtüre war innen und außen an denselben Stellen im Bild.