im februar meldete sich ein kunde bei mir, er wolle eine dokumentation zum 35-jährigen betriebsbestehen, ich solle ihn im märz nochmals für genauere informationen anrufen. jetzt erfahre ich am telefon, ein mitarbeiter der firma habe eine kamera gekauft und drehe jetzt die veranstaltung selbst. aber ich sei herzlich eingeladen dazu. ob dieser mitarbeiter denn erfahrung habe, fragte ich nach. antwort des kunden,
"er (sein lakai) mache damit schon ein paar wochen rum".
ja so ist das. man arbeitet in einem bereich, in dem das heer der self-made mit wackelkamera und eingebauter motivklingel und der imm-mutanten-generation gelernten leuten wie mir das leben schwer machen. heute kann jeder alles und das besonders gut + geiz ist geil!
Ich denke, das ist etwas übertrieben. Wenn es danach ginge, wäre unser Handwerk (sei es nun der Elektriker um die Ecke oder auch nur der Landschaftsgärtner ) schon längst am Ende, bei all den diy-Heimhandwerkern. Und dieses Heer ist noch deutlich größer.
Ich nehme mich da nicht aus.
Erinnerst du dich noch als mit Coral Draw all diese Copy Shop Designer den traditionellen Setzereien und Druckereien das Leben schwer machten? So um 1990 rum?
Viele Kunden haben gemerkt, daß eine 80% oder sogar 50% perfekte Visitenkarte usw. gut genug sind (vor allem für 25% des Preises) und sie die Unterschiede zu einer professionell gesetzten Karte sowieso kaum bemerken. Viele hatten auch nur einfach einen fürchterlichen Geschmack (ich sag nur Regenbogen-Extrusion) - das Selbe passiert in unserer Branche auch.
Die Drucker und Setzer, die damals gelacht haben sind heute längst insolvent.
Diejenigen die sich einerseits angepasst haben und andererseits auf Innovation, Kreativität und Qualität gesetzt haben, gibt´s heute noch.
Es gehört schon ein wenig mehr dazu als 1000 Euro für eine ConsumerCAM um gute Video zu machen, da seh ich keine Gefahr für Leute die ihr Handwerk beherrschen.
Ich wette, hinterher sind alle mit dem Video zufrieden. Das ist halt der Gang der Dinge. Der berüchtiigte Fortschritt. Ob, Fotografie, Grafik, Text oder Video. Die Ansprüche sind nicht mehr so hoch, alles ist kurzlebig und wichtiger als etwas Perfektes ist es, dass schnell wieder was Neues kommt. Gleichzeitig werden Technik und Tools immer einfacher, billiger und leistungsfähiger.
Da wäre ich nicht so sicher .... und ein 35-järiges Firmenjubiläum kommt nicht so schnell wieder und wenn man dann nur grützige, wackelige Bilder davon hat, die man sonst nur vom Kindergeburtstag kennt, dann kann das auch schnell nach hinten losgehen.
Und ich weiss nicht, ob das einem Firmenbesitzer so egal ist.
Aber das verändert dann seine Lernkurve wenigstens (und die des Amateurkameramannes wohl auch).
der kundenkreis, den ich bediene, bezahlt im niedriglohnsektor - von 200 bis 1000 euro. manchmal gibts auch mehr.
diese kunden sind handwerker, dienstleister, büros, die keine ahnung von video haben: deshalb nützt es mir nicht nicht, dass ich besser bin, da deren primäres augenmerk der preis ist und nicht qualität, die sie garnicht beurteilen können. die lassen halt ein video machen, deren produktion sie eigentlich noch von der arbeit abhält. so was! aber die lassen es halt machen, weils die anderen firmen auch so machen und man gleichziehen will.
am ende sagen alle nach der vorführung des wackelvideos von der konkurrenz: schee wars (schön war es). von diesem urteil kann sich der kostenlose lakai nix kaufen und ich erst recht nicht, da ich mittlerweile aus kostenersparnis außen vor bin. ein firmenjubiläum gewinnt auch keine neue kunden, sondern ist nur für die mitarbeiter, und denen muss man ja keine premium-produktion hinstellen! da tuts auch der lakai mit wackelkamera mit zoom-orgie.
da gibts keine lernkurve und auch sonst kein reflektiertes verhalten - das ist die wahrheit!
Seit wann gibt es Camcorder in Amateur- und Kundenhand? Anfang 90er, VHS-C? So alt ist dieses "Problem", und es hat die Auftragsfilmbranche in keiner Weise gekillt.
Jott hat geschrieben:Seit wann gibt es Camcorder in Amateur- und Kundenhand? Anfang 90er, VHS-C? So alt ist dieses "Problem", und es hat die Auftragsfilmbranche in keiner Weise gekillt.
Ja, das stimmt schon. Andrerseits konnte man da meist schon von der reinen Bildqualität den Amateur vom Profi unterscheiden (Betacam vs VHS zB). Heut macht ja schon ein iPhone (auf Stativ zB) Bilder, die der Laie kaum mehr als solche erkennen kann. Die Grenzen verwischen total...
0711video hat geschrieben:jetzt erfahre ich am telefon, ein mitarbeiter der firma habe eine kamera gekauft und drehe jetzt die veranstaltung selbst.
Nicht traurig sein. Wenn es für ein Unternehmen eine akzeptable Alternative darstellt, einen Mitarbeiter mit einer jüngst gekauften Kamera mit der Dokumentation einer Jubiläumsveranstaltung zu beauftragen, dann wäre dieses Unternehmen sowieso kein akzeptabler Auftraggeber.
Nur mal zum Vergleich: Ich habe mehrere Auftraggeber, die eine eigene Film-Abteilung haben. Also da sitzt jemand, der hauptberuflich hausinterne Filme macht. Und trotzdem werde ich immer dann beauftragt, wenn es "richtig wichtig" und "mit Außenwirkung" ist. Die Leute sind also sehr wohl in der Lage, sachgerecht zu differenzieren.
Jott hat geschrieben:Seit wann gibt es Camcorder in Amateur- und Kundenhand? Anfang 90er, VHS-C? So alt ist dieses "Problem", und es hat die Auftragsfilmbranche in keiner Weise gekillt.
Ja OK, aber in den 90er als es VHS-C gab, konnte man nicht die Bilder so einfach schneiden wie so ab 2000 die Computer mit Firewire und Mini-DV...
Jott hat geschrieben:Seit wann gibt es Camcorder in Amateur- und Kundenhand? Anfang 90er, VHS-C? So alt ist dieses "Problem", und es hat die Auftragsfilmbranche in keiner Weise gekillt.
Ja OK, aber in den 90er als es VHS-C gab, konnte man nicht die Bilder so einfach schneiden wie so ab 2000 die Computer mit Firewire und Mini-DV...
Und schneiden hieß ja damals: kopieren... analog von Band 1 auf Band 2. Und von dieser Kopie, dem Master, wurden wieder Kopien für den Kunden gezogen. Also VHS -> Kopie -> Kopie von der Kopie = ojemineee. Machte Betacam zwar auch nicht anders - aber da lagen halt schon Welten dazwischen. Heute ist der Kundenfilm so gut wie's Original... ob Amateur oder nicht.
Unfug. Der Amateur versaut mit Automatik alle Aufnahmen, zoomt, schwenkt und wackelt planlos, hat unverständlichen Ton und natürlich keinerlei Ahnung vom Schneiden und Ausgeben auf irgendein Medium. So wird es auch immer bleiben.
Das einzig Neue in den letzten Jahren: selbsternannte Profis machen genau das, nur halt für Geld. Und dass da der Auftraggeber merkt, dass er das beim nächsten Mal auch gleich selber machen kann, ist doch logisch.
Zuletzt geändert von Jott am Sa 24 Mär, 2012 13:59, insgesamt 1-mal geändert.
Lass die Leute das ruhig machen. Ich bin da vollkommen entspannt. Die machen das genau einmal, dann geht es schief, und sie machen einen solchen Unfug nie wieder.
Pianist hat geschrieben:Lass die Leute das ruhig machen. Ich bin da vollkommen entspannt. Die machen das genau einmal, dann geht es schief, und sie machen einen solchen Unfug nie wieder.
bin mir nicht so sicher...in der digitalen zeit wird qualitätsminderung als fortschritt verkauft...mp3 oder i-tunes statt platte...handybilder statt dia etc etc
Ich weiss gar nicht was Ihr habt, wenn ein unbedarfter Amateur eine professionelle (Kino-)Kamera in die Finger kriegt und einen Camcorder für die gleiche Aufgabe.
Ich muss nicht einmal überlegen welche Bilder besser werden ;-)
vielleicht dies als Tipp. Ich glaube das Problem wiederholt sich nur - und in Wirklichkeit ist es gar keines. Und doch ist es hochaktuell. Ich habe gerade in den letzten zwei Ausgaben der VideoAktiv darüber Artikel geschrieben. Es gibt zwei Seiten der Sichtweise, die des Unternehmers und die des Filmers. Beide erliegen manchmal denselben Illusionen - und verlieren dabei. Davon sollte man sich befreien und zu sich stehen. Ich habe kein Problem mit der € 500,-- Konkurrenz, weil sie keine ist.
Ich habe meinen Beruf gewählt weil er mir Spaß macht. Ein kluger Mensch hat mal zu mir gesagt: "Du darfst alles - nur nicht den Preis senken" Hab mich dran gehalten und bin seit 25 Jahren dabei. € 500,-- Filme machen keinen Spaß und ernähren einen nicht. Wer das macht - bitte. Ich spiele da nicht mit. Die Jahre haben gezeigt, die Filme wurden größer, das Equipment mehr, die Budgets und die Qualität höher.
In Wien habe ich gerade einen Vortrag über diese Problematik gehalten und wie man ihr begegnet. Für die IHK in Offenbach mache ich das demnächst und wer auf die Digitalschnittmesse kommt, wird eine Kurzversion des Vortrages auch da hören. Für mich ist das wirklich ein sehr interessantes Thema und es gibt für alle die mit der Billigkonkurrenz kämpfen dafür auch Lösungen. Kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Man muß es eben nur wollen und nicht versuchen einem € 500,-- Preis hinterherzuhecheln. Wer das macht verliert, sicher!
So schlecht kann meine Strategie nicht sein, sonst würden nicht Kunden zurückkommen, die es mal bei den billigen Filmern probiert haben. Man würde mich nicht als Vortragenden oder als Autor buchen oder Filme bei mir machen lassen. Also, steht zu Eurem Können, lernt, tretet selbstbewußt auf und bietet Qualität. Mehr braucht es nicht.
Es gibt unter Selbständigen kaum eine Branche, die dieses „Problem“ nicht kennt. Und Lutz schreibt schon ganz treffend, dass es eigentlich kein Problem ist.
Denn: Ja, es gibt einen 500,-- €-Markt. Ich glaube jedoch nicht, dass es sich hierbei um Auftraggeber handelt, die bisher Filme zu angemessenen Preisen in Auftrag gegeben haben. Es sind eher neue Kunden, die entweder kleinste Ansprüche haben oder „es halt einmal probieren möchten“. Ein Teil davon ist zufrieden und wäre nie bereit, einen richtigen Auftrag für richtiges Geld zu platzieren. Ein anderer Teil macht so etwas nie wieder, und ein dritter Teil verbucht es als Anfangsfehler und sucht sich beim nächsten Mal einen seriösen Filmer.
Es findet meiner Meinung nach also keine Wanderung der Auftraggeber hin zum Billigfilmer statt.
Um einen Vergleich mit der Musikpiraterie zu bringen:
Die Tonträgerfirmen rechnen jedes Jahr hoch, wie viel Verlust sie durch illegale Downloads gemacht haben. Dabei gehen sie davon aus, dass jeder Downloader den Titel normalerweise offiziell gekauft hätte. Und genau das ist Quatsch. Hätte der „Kunde“ dafür Geld bezahlen müssen, hätte er in den meisten Fällen die Finger davon gelassen.
Analog dazu denkt mancher Filmer, die Billigkonkurrenz würde ihm soundsoviel Aufträge wegschnappen. Doch auch hier sind das meiner Meinung nach völlig andere Kunden, die so oder so nie einen Film zum angemessenen Preis gebucht hätten.
Die Preisentwicklung beim Equipment lässt Billigkonkurrenten sicher wie Pilze aus dem Boden schießen. Und da es in Wirklichkeit nicht Billig- und Edelfilmer im Sinne von schwarz und weiß gibt, sondern die meisten irgendwo dazwischen sind, kann so eine Marktliberalisierung durchaus beängstigend sein. Doch Märkte sind groß. Zu jedem Kunden passt ein Auftraggeber und andersrum. Aufgabe des Self-Marketings ist es, „meine“ Kunden zu finden.
Von Industriefilmen hängt oft sehr viel ab – d.h. es wird von ihnen viel erwartet. Ähnlich wie bei jeder anderen Werbeform. Wenn ich eine Annoncen-Serie in der Zeitung schalte, kostet die ebenfalls Geld. Wenn sie jedoch stümperhaft designed ist, war das Geld umsonst. Was mache ich also als Laie: Ich lasse die Annonce professionell setzen – ebenfalls für Geld. Da ich (immer noch als Laie) den Werbegrafiker nicht einschätzen kann, urteile ich nach dessen Preis und danach, ob er mir schon einmal EMPFOHLEN wurde.
Nur warum wurde er mir empfohlen? Sicher nicht, weil er für fast kein Geld, einfachste Arbeit geleistet hat. Soll das bei Filmern anders sein?
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