Digital8 hat geschrieben:Am Wochenende werde ich den Auftritt einer Band mit zwei Kameras aufnehmen. Eine für die Totale, eine für die Details. Im Vorfeld beschäftige ich mich gedanklich schon mit dem späteren Schnitt der Aufnahme.
Gut. Versuche, beide Kameras neutral einzustellen. Mach z.B. einen Weißabgleich. Gib den Befehl zum Starten der Kameras, dann ein eindeutiges akustisches Signal. Von da an laufen beide Kameras ohne Unterbrechung, das komplette Band (?) durch. Dauert die Performance über eine Stunde, kann (nur mit DV!) Longplay getestet werden, aber damit erhöht sich das Risiko von Dropouts, und die Bänder sollten in dem Fall von der Aufnahme-Cam gecapturet werden. Frische Bänder, versteht sich. Falls bandlos, vergiss diesen Quark. Versuche übrigens, eine Lösung für den Ton zu finden. Berate dich mit jemandem, der sich mit Ton auskennt. Am praktischsten wäre der Ton über Line-in der stationären Totalen-Kamera von einem Mischpult (an das mehrere Mikros angeschlossen sind). Ein evtl. drittes Gerät für den Ton sollte digital sein und ebenfalls ununterbrochen aufzeichnen.
Digital8 hat geschrieben:Ich möchte also später die beiden Spuren synchron übereinanderlegen. Dazu kann ich die Spuren ja in der Timeline einfach verschieben. Mit den derzeitigen Einstellungen geht das allerdings nur sekundengenau. Das ist mir nicht präzise genug. Wo kann ich einstellen, dass die Timeline in kleineren Schritten als eine Sekunde verschoben werden kann? Irgendwie muss das doch gehen, aber in den Einstellunen von Final Cut habe ich nichts gefunden.
Natürlich kannst du framegenau schneiden
und verschieben. Klingt, als sei bei dir gleichzeitig die Spur zu klein skaliert (Balken unter der Timeline mit den zwei Anfassern) und dabei das Snapping ("Einrasten") aktiviert, drücke einmal die Taste "n" auf der Tastatur, und schau, ob du besser verschieben kannst, nachdem du auch die Timeline gedehnt hast. Danach drücke aber bitte nochmal "n", denn Einrasten ist genau das, was du brauchst.
Du brauchst Fonic! - Nein, du brauchst Multicam! Multicam ist eine Funktion professioneller Schnittprogramme, mehrere synchrone Aufnahmen gleichzeitig zu sehen und dann zu entscheiden, welche Kamera man jeweils nimmt. Aber das kriegt man auch in FCE hin.
Du hast also beide Clips in der Länge des kompletten Konzerts, ohne Unterbrechung gecapturet, resp. übertragen. Nun lege in FCE zwei Videospuren an. Öffne zuerst den Totalen-Clip im Browser durch Doppelklick in den Viewer. Spiele den Anfang ab und warte auf das "markante akustische Signal", das dazu dient, die Clips zu synchronisieren. Hast du es gefunden, fahre mit "j" wieder zurück, stoppe mit "k" und fahre wieder vorwärts mit "l" ("ll" heißt, mit doppelter Geschwindigkeit vorwärts, dann "lll" usw., "jj" gibt´s auch). Parke den Play-head genau auf dem Signal. Du kannst auch in das Viewer Tab "Stereo" klicken (statt wie normal "Video") dann
siehst du das Signal als kräftigsten Ausschlag. Einzelne Frames vorwärts und rückwärts fährst du mit den Cursortasten links/rechts.
Wenn du jetzt "F10" drückst, passiert wahrscheinlich nichts, die Taste ist auf Books und auf der Alutastatur anders belegt, das sollte ein FCE-Benutzer unbedingt ändern. Die Taste darf ruhig auch rot markiert sein.
(>Systemeinstellung >Tastatur >Funktionstasten für Programme) Hast du die Lautstärke- Spaces- oder Exposé-Funktionen deaktiviert, überschreibst du mit F10
"die im Viewer gemachte Auswahl (in diesem Falle: kompletter Clip) an die gegenwärtige Abspielposition der Timeline".
In Spur 1 ("unten") liegt jetzt die komplette Totale. Gut so. Pack den Playhead und zieh ihn zu der Markierung. Du wirst spüren, er rastet ein (wenn nicht, war "Einrasten" nicht aktiviert: "n" drücken).
Nun mach einen Doppelklick in den Clip in der Timeline. Damit lädst du ihn wieder in den Viewer, aber als nachträglich veränderbaren Timeline-Clip (die graue Leiste unter dem Viewer ist gepunktet). Achte immer auf den Unterschied, und versuch nie, einen Original-Clip aus dem Browser zu verändern. Gepunktete Linie: okay.
Der Viewer hat oben mittig drei längliche Icons, von denen das rechte ein stilisiertes Fadenkreuz ist. Klick rein, und wechsle in die Ansicht "Bild und Drahtmodell". Wenn du das Drahtmodell mit dem Cursor in einer Ecke packst und ziehst oder drückst, wird das Bild im Canvas größer oder kleiner. Patschst du genau in das Bild und bewegst die Maus, bewegt sich das Bild mit. Genau das wollen wir haben. Wir wollen, dass der Clip ungefähr halb so groß ist und nur auf der linken Seite des Canvas im Schwarz (im "Nichts") liegt. Nächster Schritt.
Durch Doppelklick lädst du Clip 2, die Handkamera, in den Viewer (keine gepunktete Linie - Original-Footage!). Alte Routine: Suche das Signal, drücke "m". Aber diesesmal warte, bevor du "F10" drückst, denn der Vorlauf bis zum Signal könnte etwas länger sein als im ersten Clip. Fahre also von der Markierung mit "<" vier, fünf Frames zurück, drücke "i" (Auswahl-Beginn). Dann aktiviere in der Timeline Spur 2 als Zielspur und drücke "F10".
Ziehe die beiden Markierungen übereinander und lasse sie einrasten. Beide Clips sind nun synchron. Doppelklick in den zweiten Clip, gepunktete Linie, mit Drahtmodell halbieren und rechts neben den ersten Clip zerren.
Voila! Im Canvas laufen nun beide Clips absolut synchron in einer improvisierten Multiclip-Anzeige. Aber wie nun schneiden?
Mit dem klassischen A-B Schnitt. Die obere Spur
verdeckt die untere. Das heißt, normalerweise, wenn die Videos nicht kleiner skaliert und
nebeneinander liegen würden. Damit man also später die untere ("linke") Spur sieht, muss man Löcher in die obere ("rechte") schneiden. Das Werkzeug unserer Wahl ist eine Rasierklinge (es gibt ein Icon in der Werkzeugleiste, schneller gefunden ist die Taste "b" (für blade). Achte darauf, dass du bloß in Spur 2 arbeitest. Du klickst mit dem - durch "b" - zum Rasiermesser gewordenen Cursor auf die Stellen in der Spur, an denen du den Clip zerschneiden willst. Ein Loch entsteht (zur Kontrolle: Die rechte Seite im Canvas wird schwarz), wenn du einen Bereich zwischen zwei Schnitten auswählst (dazu musst du mit "a" den Cursor wieder zum normalen Cursor, der gleichzeitig das Auswahl- und Bewegen-Werkzeug ist, machen) und die
Rückschrittaste drückst, dann wird der Bereich gelöscht. Achtung, nicht die "Entf." drücken. Mach es einmal zur Demonstration, was dann passiert, du kannst ja mit Apfel+z wieder zurück.
Willst du einen oder zwei Frames früher oder später "rein" ("i" für In-Punkt) oder "raus" ("o" für Out-Punkt), kannst du die vertikale Kante des Clips (den sog. "Schnittpunkt") vorsichtig packen (Cursor wird zum ">I<" Dehnen/Stauchen-Werkzeug, richtigen Namen kenne ich gar nicht). Wenn du den Clip versehentlich verschiebst (weil du
im Clip angefasst hast statt an der Kante), wird der Versatz rot unterlegt angezeigt, so dass du jederzeit wieder zurück kannst.
Hast du den Schnitt beendet, möchtest du den Film bestimmt in normaler Ansicht sehen.
Dazu lädst du zuerst Spur 1 wiederum in den Viewer (gepunktete Linie!), öffnest das Tab "Bewegung" und setzt folgende Werte numerisch:
Skalierung: 100
Mittelpunkt: 0 / 0
Ankerpunkt: 0 / 0
Dasselbe mit Spur 2.
Am Schluss möchtest du vielleicht das Ganze kürzen. Zumindest ja sollen die ersten paar Sekunden weg. Hierzu gibt es viele Möglichkeiten. Als Cutter solltest du vergnügt mit ihnen experimentieren.
1. "alt + c" verschachtelt die beiden Spuren zu einer (wenn sie vorher beide ausgewählt wurden). Nun kannst du den Anfang mit "b" schneiden.
2. Mit "Apfel + n" eine neue Sequenz ("Sequenz 2") in den Browser zaubern und Sequenz 1 da reinziehen. Hat denselben Effekt: Die Spuren sind verschachtelt.
3. Mit "bb" (Doppel-Rasierklinge) durch
alle Spuren schneiden.
4. In der Timeline mit "i" und "o" einen verschachtelten Bereich auswählen und mit copy&paste in eine neue Timeline kopieren.
Das sind nur ein paar Optionen aufs Geratewohl.
Ist eine lange Geschichte geworden. Hoffe, es hilft oder inspiriert ein wenig.