DWUA hat geschrieben:In einem anderen Thread hat ein User anlässlich des
TV-Tipps "Die Deutschen" Guido Knopp als
"Geschichtsklitterer" und "Tränendrüsen-Drücker" bezeichnet,
- noch bevor die erste Folge ausgestrahlt wurde.
Am Neujahrstag des Jahres 2101 gibt es wiederum "100 Jahre", und Thema des ersten Clips, 2001, ist freilich das Bild des WTC, wie die Türme einstürzen. Nach hundert Jahren, sollte man denken, ist man abgeklärt. Keine persönlichen Leidenschaften stören mehr die
objektive Bewertung, endlich weiß man, was passiert ist.
Natürlich stimmt das überhaupt nicht. Geschichte klittert sich selbst. Lediglich die unmittelbar Beteiligten "schreiben" Geschichte, indem sie Dinge provozieren oder erleiden. Ein Bild, zum Beispiel das o.g., dient nie der Dokumentation, es soll etwas
demonstrieren. Köpfe von Gegnern auf Speeren, Triumphzüge mit gedemütigten Besiegten, einstürzende Protzbauten, Saddam, mit einer PD-150 gefilmt, wie er aus einem Loch heraus ins Sonnenlicht blinzelt, ungepflegt wie ein Penner.
camworks hat geschrieben:... das erzähl mal den irakern, die damals die besten freunde der usa waren, gegen den "bösen" iran kämpften und als sie nicht mehr benötigt wurden, auf einmal zu feinden deklariert und letztendlich im krieg bekämpft wurden.
sehr mittelalterlich. solcherlei beispiele gibts auch aus heutiger zeit reichlich.
Grausame Diktatoren! Befreiung! Politische Intrigen! Allianzen! Achsen des Bösen, des Guten,- Mannomann, wie aus einem Trailer für den
History Channel. Es ist nicht falsch, Geschichte so zu sehen wie "Dallas". Im Grunde genommen kann man mal ein paar Staffeln verpassen, man findet sich immer wieder zurecht, denn im Endeffekt, aus der Entfernung betrachtet, wiederholt sich alles. Das Gesetz der Selbstähnlichkeit, bekannt durch das Modell der Mandelbrot-Fraktale, mit dem die Chaos-Theorie immer veranschaulicht wird. Jede Welle im Fluss hat eine andere Form, ihr Verlauf ist nicht vorhersagbar. Aber diese Beliebigkeit unterliegt einem Gesetz: Sie sieht den unendlich vielen anderen Wellen
ähnlich (Siehe hierzu
diese Grafik).
Anfang des 20. Jahrhunderts glaubten Science-Fiction Autoren, die Arbeit werde einst durch
Roboter verrichtet, die Menschen würden von sinnloser Maloche befreit und könnten sich edleren Vorhaben widmen.
Nehmen wir diesen Entwurf einmal als Punkt in unserem
Geschichte-Malen-nach-Zahlen, lassen wir ein paar unterhaltsame, aber ins Leere laufende Handlungsstränge weg (u.a. die beliebten Miniserien über Hitlers Stellvertreter, Helfershelfer, Frauen und Haustiere), - und verbinden wir ihn mit einem Fragezeichen in der Gegenwart: Ist der Mensch in unserer Gesellschaft Konsument, Ware auf dem Arbeitsmarkt, pflegebedürftiger Mitesser oder ein selbstbestimmter, politisch aktiver "Edler"
?
Für mich ist offensichtlich, dass es für einen Dokumentaristen kein Thema geben kann, das nicht auf die eine oder andere Weise um diese Frage kreist. Und dass es keinen Punkt für einen
Journalisten gibt, um es mit einem Schlager zu sagen, von dem aus "alles, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein" ist. "Objektiv" ist ein anderes Wort für "Unbedeutend".
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...