Anonymous hat geschrieben:Bleibt festzuhalten: mit einfachsten Mitteln ist ein hochwertiger Look kaum machbar. Der Look selbst macht zwar noch keine gute Geschichte, aber darum geht´s ja erstmal nicht: Tiefenschärfe ist ein optisches "Phänomen" was man nur schwer faken kann (wenn sie denn gewünscht ist - es gibt ja durchaus auch Projekte, bei denen eine hohe Tiefenschärfe gewollt ist).
Bis etwa Ende der 60er Jahre galt Unschärfe im Bild sogar als schlechtes Handwerk. In großen Produktionen wird man sie kaum finden. Die Optiken waren lichtschwach, es musste mit viel Licht ausgeleuchtet werden. Da mit einer typischen Blende von f3.5 sowieso keine nennenswerte Schärfenuntiefe/Tiefenunschärfe erreicht werden konnte, setzte der Kameramann alles daran, durch Zusatzlicht die Blende noch weiter zu schließen. Wie katastrophal eine kleine Unschärfe auf 35mm bei großer Projektion werden kann, davon bekommen jetzt die HDV Filmer eine Ahnung. Größere Auflösung = schwerer zu bestimmender Fokus.
Erst mit schnellen Optiken, wie wir sie heute in unseren lichtstarken Videocams verbaut haben, begann auch in Hollywood-Filmen der zögerliche Umgang mit gewollter Unschärfe als Werkzeug, noch nicht als Stilmittel.
Der erste Film, der fast ausschließlich (und offensichtlich sehr bewußt) damit arbeitet, ist noch gar nicht so alt. Es fiel damals nur Zuschauern mit fotografisch geschultem Blick auf, alle übrigen akzeptierten es als völlig natürlich, fanden höchstens, dass der Film einen coolen Look hatte.
Das Motiv war meistens ein ölverschmierter, blutiger Quadratschädel, der ab und zu
Yippie Ya Yeah, du Schweinebacke knurrte. Der Film machte Schule.
Wer´s nicht glaubt, sehe sich den Bond aus dem Jahr davor,
The Living Daylights, an, oder irgendeinen älteren. Und anschließend
Licence To Kill (1989).
Eine andere Notwendigkeit, vom Hintergrund abzulenken, ist natürlich schlechtes oder kein Set-Design. Wir wollen den Betrachter in eine andere Welt versetzen, in der eigene Gesetze gelten. Und so
praktisch Rauhfasertapeten auch sein mögen, ihre erkennbare Struktur irritiert einen (aha, Onkel Jörg in der Diele). Darum, mit Nichts beginnen (nichtssagender, strukturloser Hintergrund) und sukzessive mit Details füllen, die so perfekt zu dem passen, was wir tatsächlich zeigen
wollen, dass es keine Ablenkung gibt.
Onkel Jörg setzt sich auf einen Stuhl. Was für ein Stuhl? Was ist zu sehen und warum?
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...