Ich hab den Threadtitel nochmal geändert, um die mit halb zusammengekniffenen Augen angestellte Betrachtung noch etwas zu erweitern.
Jörg hat geschrieben: ↑Mo 04 Okt, 2021 11:24Ich war 13 als der Film hier startete, bin nur aufgrund der Tatsache zum Anschauen gekommen, weill die Kassiererin die Mutter eines Freundes war.
Allein Pus_sy Galore, der Name war unfassbar zu dieser Zeit.
Mein älterer Bruder hatte einen Miniatur Aston Martin mit aufklappbarem Dach und mühsam herausziehbaren Maschinengewehren, derweil ich in meiner Koje lag und den Roman Goldfinger las, bei einer Hitze abstrahlenden 20-Watt-Birne direkt über der Schulter, Energie-Effizienzklasse Z.
Ian Fleming selbst beschrieb Bond als verschlossenen Einzelgänger, als Genussmenschen und um den Mund einen grausamen Zug (dieser Tupfer Beschreibung ist
sehr farbig, und die Farbe blutet nach). Der (mit Tricks, wie zum Beispiel dem Lügen über sein Alter) bis zur Elite des britischen Geheimdienstes kam. Und den MI6 schildert Fleming als faszinierende Welt der Täuschungen. Für die Spione und deren Gegner galten andere Regeln als für uns blöde Schafe, die bedroht oder beschützt werden. Pu$$y Galore, das war so eine geschickt platzierte Figur, die eine ganze Welt von raffinierter Erotik und die Machtphantasien des kleinen Mannes schürender Grandesse andeutete, befächelte und erschuf.
Was für ein Kontrast zu den braven Rollenmodellen, die anderswo hochgehalten wurden! Ein Einzelgänger, yeah! Geheim, huiuiui!
In Wirklichkeit freilich ist der Unterschied zum üblichen James-Bond-Schurken nur der, dass er angeblich auf der richtigen Seite steht. Er
ist ein asozialer, womöglich psychopathischer Sexist. Er
ist der von allen vergötterte Verbrecher.
iasi hat geschrieben: ↑Mo 04 Okt, 2021 21:42Anamorph hatte man eben genutzt, um bei Aufnahmen und auch Projektion eine größere Fläche auf dem 35mm-Material nutzen zu können.
Du sprichst von der Aufnahmeseite. Wollte man - im Kino, also bei der Distribution - ein breiteres Bild haben als 1:2 gab es halt nur den anamorphotischen Standard (heute ist anamorphotisch
nur noch ein Look, sonst gar nichts!). Das führt mich zu zwei Teilaspekten. Erstens, welchen Einfluss hat das Seitenverhältnis auf die Kadrage, und welchen Einfluss hat die Kadrage auf die Szenenauflösung (und indirekt auf das Erzähl-Timing)? Zweitens, wenn (wenn!) es Inhalte gibt, die einen ein bestimmtes Seitenverhältnis bevorzugen lassen, gibt es, von ganz, ganz ferne, wo man nur noch die gröbstem Umrisse unterscheiden kann, eine Breitwand-Bond-Ära (Dr. No, From Moscow With Love, Goldfinger) und eine Scope-Bond-Ära?
Weil ein ultrabreites Bild desorientierende Schnitte erzeugt, wird die Aufmerksamkeit des Zuschauers erhöht. Man darf darauf vertrauen, dass fehlende Inhalte in spannungsfördernder Weise ergänzt werden. Die Schattenseite dieser Methode ist, dass die Erzählweise dazu tendiert, zuviel anzudeuten und zuwenig zu zeigen. Mit anderen Worten: eingeschliffene Reaktionen, klischeehafte Bilder, Kirmes. Es hat einen Grund, warum Jurassic Parc und The Light Tower nicht in Scope sind ...
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...