vobe49 hat geschrieben: ↑Do 22 Aug, 2019 07:32
Mein Rat: wenn du es wirklich willst, mach es aber mach es richtig (...) absolviere ein vernünftiges Studium (nicht Politik- oder Sozialwissenschaften oder Psychologie) und entscheide dich später für den anderen Weg.
Mit Verlaub, das ist Quatsch. Film funktioniert anders. Wer im erzählerischen Bereich gut sein will, sollte in der Lage sein, die Welt geistig zu durchdringen, statt bloß technisch. Sonst kann er im Narrativ nur replizieren, also nachmachen, was andere vorgemacht haben. Der deutsche Film leidet ja gerade deshalb qualitativ und ist im internationalen Vergleich weit abgeschlagen, weil sich viele der heutigen Regisseure/Autoren in ihrer Jugend vermutlich eher für das Formatieren von Disketten als für die Dramaturgie des Aristoteles oder allgemein für Literatur interessierten.) Deutschlands Leitkultur ist die Maschinenschrauberei, daher läufts intellektuell und künstlerisch im Filmischen auch nicht so wirklich.
Ein Blick nach Frankreich, England oder die USA zeigt, dass Regisseure, Kameraleute und Autoren sehr wohl ein geisteswissenschaftliches/philosophisches/künstlerisches Studium durchliefen, bevor sie aus diesem Reservoir an Ideen ihre eigenen filmische Erzählungen schöpften. Selbst Wes Craven, der Altmeister des Horrors, war Philosophieprofessor und nicht Maschinenbauer.
Daher entweder Techniker-Sicherheit fürs Leben oder Film. Beides zusammen ist Nonsens. Soziologie/Psychologie als Studium ist ein guter Einstieg, um Charaktere und Strömungen zu durchdringen - dass hiesige Autoren selbst für psychopathische Gangsterfiguren oft nur die Psychostruktur eines behüteten Mittelschichtsangehörigen benutzen können und daher regelmässig an der Glaubwürdigkeit scheitern, zeigt ja gerade dieses massive Unverhältnis von Wissen und geistiger Anforderung ans Erzählen. Psychologie/Soziologie ist key. Und hinterher kann immer noch eine Therapeutenausbildung angehängt werden, wenns filmisch nicht klappen sollte...)
Und hier auch gleich ein Praxistipp mit Härtetest an den Threaderöffner (ganz konkret aus eigener Erfahrung): Teste Dein erzählerisches Können und verwandle Deine Ideen in ein überzeugendes Drehbuch. Wenn Du nicht weisst, wies geht, belege einen Kurs, die gibts wie Sand am Meer. Auch hier nur Kurse mit physischer Anwesenheit, denn Du brauchst das Feedback der Gruppe. Wenn Du innerhalb von 12 Monaten nach Kursbeginn kein interessantes Drehbuch hinbekommen hast, das visuell und dramaturgisch einigermassen durchläuft, bist Du vermutlich kein Erzähler. Dann weisst Du es wenigstens. Wenn doch (Spoiler: schafft nur eine kleine Minderheit), dann bereite Dich auf ein Filmstudium vor, weil es tatsächlich das ist, was Du kannst und wovon Du nicht nur träumen solltest.