Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Mi 23 Feb, 2022 17:22
Insgesamt gehst du dabei auch noch von 2 sehr gewagten Prämissen aus:
1. Wer seinen Protagonisten anständig entschädigt will immer manipulieren - sprich Entschädigung wird zunächst mal, automatisch als Bestechung gesehen.
2. Jemand der umsonst für einen Sender arbeitet, ist immun gegen jegliche manipulation.
Beides hält näherer Betrachtung nicht stand (...)
Daß jemand einen Fremden entschädigt, der seine Zeit für mich (oder meinetwegen den Sender) verplempert, und trotzdem dabei nicht die geringste Manipulationsabsicht hat, kommt hier offensichtlich keinem in den Sinn.
Daß man die Leute die einem helfen, nicht eiskalt für seine eigenen kommerziellen Zwecke ausnutzt, und dann mit einem warmen Händedruck abspeißt, sehe anscheinend nur ich so
(...)und der Zug ist seit Jahrzehnten abgefahren - das ist alles längst der Normalzustand.
Nochmal, ich finde man muss differenzieren zwischen Journalismus und sonstigen Formaten (mit teil-journalistischen Elementen). Ich bin sicher der Letzte, der etwas gegen anständige Honorare sagt und das Wort "Bestechung" habe ich nicht benutzt. Wenn ich allerdings einen Firmensprecher/Gewerkschafter/Demonstranten/Wissenschaftler interviewe, sehe ich keinen Grund, dem ein Honorar zu zahlen. Ich berichte, der darf seinen Standpunkt darlegen, quit pro quo. Bei Scripted-Kram, bzw. in den Grauzonen sieht es wie gesagt anders aus, da ist das eine Einzelfallentscheidung.
Dass der "Zug seit Jahren abgefahren" sei, ist mir zu pauschal. Natürlich hat sich der Journalismus kommerzialisiert, hinzu kommt eine ungute Tendenz zur Belehrung - was für mich aber nicht bedeutet, jeden ethischen Anspruch aufzugeben. In Grundzügen, sogar bei Boulevardmedien, ist der durchaus noch vorhanden, fast immer musst du sogar einen entspr. Code of Ethics unterschreiben, bevor du überhaupt für die tätig sein darfst.
Kann man als Symbolpolitik abtun, trägt aber dazu bei, die schlimmsten Auswüchse zu begrenzen. Letztlich reden wir hier von einem Ideal, das, ähnlich wie in der Rechtsprechung, nur angestrebt, aber nie völlig erreicht werden kann. Mal klappt es besser, mal schlechter.
Geht ehrlicher? Alles über das Scheckheft regeln, Moral ist für *** "and the winner takes it all?". Tja, auch nicht so der Bringer, wie wir spätestens seit Lehman wissen.